Der Boandlkramer und die ewige Liebe
© Leonine

Der Boandlkramer und die ewige Liebe

Inhalt / Kritik

Der Boandlkramer und die ewige Liebe
„Der Boandlkramer und die ewige Liebe“ // Deutschland-Start: 14. Mai 2021 (Amazon Prime Video) // 3. Dezember 2021 (DVD/Blu-ray)

Das hatte sich der Boandlkramer (Michael Bully Herbig) irgendwie anders vorgestellt. Eigentlich war er gekommen, um den Jungen Maxi (Josef Staber) ins Himmelreich zu holen. Doch beim Anblick von dessen Mutter Gefi (Hannah Herzsprung) spürt er zum ersten Mal was es heißt, sich in jemanden zu verlieben. Nur, wie macht man das als Tod und amouröser Novize so? Ganz einfach: Man holt sich Hilfe. Da wäre zum einen der verstorbene Heiratsschwindler Max Gumberger (Sebastian Bezzel), der in seinem Leben so manche Frau rumgekriegt hat. Und auch der Teufel (Hape Kerkeling) bietet ihm an, ihn bei seiner Reise in die Welt der Liebe zu unterstützen. Erst spät realisiert er, dass Letzterer nicht ganz uneigennützig handelt und den Boandlkramer für seinen eigenen finsteren Plan missbraucht …

Eine späte Fortsetzung

Als die Arbeit an Der Boandlkramer und die ewige Liebe bekannt wurde, durfte man sich aus gleich zwei Gründen fragen, ob das eine gute Idee ist. Zum einen erschien der Vorgänger Die Geschichte vom Brandner Kaspar bereits im Jahr 2008. Das ist schon eine sehr lange Zeit für eine Fortsetzung. Zumal der Film seinerzeit durchaus erfolgreich war mit knapp einer Millionen Kinobesucher – ein Erfolg, an den man durch die lange Wartezeit kaum noch anknüpfen kann. Zum anderen basierte der Vorgänger auf einer in Bayern sehr bekannten lokalen Geschichte. Eine solche eigenmächtig fortschreiben zu wollen, ist immer eine heikle Angelegenheit. Da riskiert man schnell, Leute zu vergraulen.

Wobei der nach dem Kinoaus auf Amazon Prime Video gelandete Der Boandlkramer und die ewige Liebe keine direkte Fortsetzung des Überraschungshits ist. So spielt die Geschichte mehrere Jahrzehnte später, bis auf die Titelfigur wurden sämtliche Charaktere ausgetauscht. Kurios ist in der Hinsicht, dass Sebastian Bezzel erneut eine tragende Rolle übernommen hat, die jedoch mit der vorangegangenen nichts zu tun hat. Eine kleine Anspielung auf Letztere gibt es zu Beginn schon, so wie allgemein immer mal wieder kleine Querverweise eingebaut wurden. Doch das sind mehr kleine Geschichten für die Fans als wirkliche Anknüpfungen. Beide Filme sind komplett voneinander unabhängig, weshalb Quereinsteiger*innen hier explizit willkommen sind.

Lokalkolorit und viel Chaos

Grundsätzlich sind sich die beiden Filme aber natürlich schon ähnlich. Erneut wird hier viel bayerisches Lokalkolorit mit Humor und Albernheit gekreuzt, dazu gibt es reichlich Gefühl. Der Boandlkramer steht dabei jedoch deutlich stärker im Fokus als noch beim letzten Mal. Diente er bei Die Geschichte vom Brandner Kaspar vor allem der Einführung, bevor er dann zugunsten diverser anderer Handlungsstränge etwas von der Bildfläche verschwand, da bildet sein Handeln nun den Mittelpunkt. So darf er erneut durch die Verschonung eines Erdenmenschen das Himmelreich ins Chaos stürzen. Außerdem muss er sich auf einmal mit der Liebe auseinandersetzen. Das schließt schön an den Vorgänger an, in dem der Boandlkramer hinter seinem bleichen, kränklichen Gesicht deutlich sensibler war, als man ihm zugestand.

Das Drehbuchduo, bestehend aus dem auf Kinderfilme spezialisierten Ulrich Limmer und Marcus H. Rosenmüller, Vorreiter moderner Heimatfilme wie Wer früher stirbt, ist länger tot und Beste Zeit, geht dabei vor allem humoristisch vor und schraubt den tragischen Aspekt zurück. Das mag man dann etwas schade finden. Dafür stimmt der Unterhaltungswert. Gab es bei Die Geschichte vom Brandner Kaspar doch recht viel Leerlauf, wenn sich der Film in den diversen Strängen verlor, da gibt es hier konstant viel zu schmunzeln. Vor allem das spielfreudige Ensemble trägt maßgeblich dazu bei, dass man hier seinen Spaß hat. Herbig darf wieder als naiver Tod Grimassen schneiden, Bezzel gibt den berechnenden Schlawiner. Vor allem aber die Auftritte von Hape Kerkeling als sardonischem Tod sind immer wieder willkommen.

Spielfreude und Themenvielfalt

Zudem gelingt es bei Der Boandlkramer und die ewige Liebe deutlich besser, die einzelnen Handlungsstränge ausgewogener miteinander zu verbinden. Und das, obwohl thematisch einiges aufgefahren wird: Die Ängste und Trauer eines Nachkriegsdeutschlands verbinden sich mit Frage zur Liebe sowie dem Verständnis von Geschlechterrollen. Auch über das Schicksal wird ein wenig nachgegrübelt, wenn in Gottes Plan jedem ein Platz zugeordnet ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass man hier einen dieser Filme findet, die das Publikum zur Religiosität bekehren wollen. Vielmehr wird auch dieser Bereich von leichtem Spott begleitet, etwa durch die Erzengel, die irgendwie das Chaos wieder richten müssen, das der Tod hinterlassen hat. Dass der Film aufgrund der Corona-Pandemie nicht in die Kinos kam, ist angesichts der schönen Bilder schon etwas schade. Der heimatverbundene Regisseur Joseph Vilsmaier wusste schon, wie er Bayern in Szene setzt. Aber der letztes Jahr verstorbene Filmemacher hat hiermit ein würdiges Vermächtnis hinterlassen, welches seinen Vorgänger klar übertrifft.

Credits

OT: „Der Boandlkramer und die ewige Liebe“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Joseph Vilsmaier
Drehbuch: Ulrich Limmer, Marcus H. Rosenmüller
Musik: Marvin Miller, Ralf Wengenmayr
Kamera: Joseph Vilsmaier
Besetzung: Michael Herbig, Hannah Herzsprung, Josef Staber, Hape Kerkeling, Sebastian Bezzel, Florian Brückner, Rick Kavanian, Sigi Zimmerschied

Bilder

Trailer

Interview

Der Boandlkramer und die ewige Liebe Sebastian BezzelGlaubt er selbst an ein Leben nach dem Tod? Und welche Liebestipps würde er anderen geben? Diese und weitere Fragen haben wir Hauptdarsteller Sebastian Bezzel in unserem Interview zu Der Boandlkramer und die ewige Liebe gestellt.

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„Der Boandlkramer und die ewige Liebe“ setzt mehr als ein Jahrzehnt später „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ fort, erzählt mit dem liebestollen Tod aber eine ganz eigene Geschichte. Die ist dem Original sogar überlegen, da die einzelnen Handlungsstränge besser miteinander verknüpft sind. Er ist auch lustiger, nicht zuletzt dank des spielfreudigen Ensembles.
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von 10