Bellum The Daemon of War
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Bellum – The Daemon of War

Inhalt / Kritik

Bellum The Daemon of War
„Bellum – The Daemon of War“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Im Zeitalter der zunehmenden Automatisierung sowie der Digitalisierung, auch wenn Deutschland in diesen Punkt noch beachtlichen Nachholbedarf hat, erleben wir vielleicht den Grundstein für ein neues Bewusstsein wie auch eine neue Stufe der Menschheit. Sehen wir uns noch in vielen Punkten als die Krone der Schöpfung, so lassen neue Technologien wie das Klonen oder eben die Entwicklung künstlicher Intelligenz berechtigte Zweifel zu, ob der Mensch noch tatsächlich diese Position für sich beanspruchen kann. Gerade in der Industrie, im Dienstleistungsgewerbe und in der Logistik erleben wir einen Boom, wenn es um den Ersatz von menschlicher Arbeitskraft hin zu Maschinen, Computern oder Algorithmen geht. In seinen Sachbüchern Gadget – Warum die Zukunft uns noch braucht sowie Wem gehört die Zukunft? beschreibt der New Yorker Autor und Erfinder des Begriffs „virtuelle Realität“ Jaron Lanier von jenem problematischen Ablösungsprozess, an dessen Ende eventuell jene an Science-Fiction-Werke erinnernde Vision einer Welt steht, in welcher Technologie nicht mehr länger auf den Menschen angewiesen sein wird.

Jedoch sind die Märkte und die Wirtschaft noch lange nicht alle Gebiete, auf denen sich der Einfluss von Technologie schon seit Jahren breitmacht. Während sich Lanier auf die menschlichen wie auch die ökonomischen Implikationen konzentriert, lohnt es sich vor allem einen Blick auf die moderne Kriegsführung und das Militär zu konzentrieren, in denen viele Schlachten mittlerweile vor allem durch den Vorsprung in Sachen Technologie entschieden werden. In ihrer Dokumentation Bellum – The Daemon of War, welche auf dem diesjährigen Vision du Réel Festival zu sehen ist, gehen die skandinavischen Filmemacher Georg Götmark und David Herdies diesem Punkt auf den Grund. In drei einander ergänzenden Teilen erzählen sie von einem schwedischen Ingenieur, der maßgeblich an der Entwicklung von KI für die Militärindustrie beteiligt ist, von Soldaten, aktiven wie ehemaligen, auf einer US-amerikanischen Basis in Indian Springs und letztlich einer Kriegsfotografin, wie sie ihre Aufnahmen in Afghanistan macht und wie sie diese in ihrer Heimat der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Das menschliche Element des Krieges

Wie Lanier in seinen bereits erwähnten Büchern, argumentiert auch der schwedische Programmierer, dass Technologie und deren Entwicklung nicht nur eine philosophische Dimension mit sich bringt, sondern eine Chance bietet, die Möglichkeiten des Menschen zu erweitern. In den rund 90 Minuten ihrer Dokumentation gehen Herdies und Götmark dem auf den Grund und decken auf, welch zweischneidiges Schwert sich der Mensch schafft, wenn er auf Drohnentechnologie und KI in beispielsweise Marschflugkörpern setzt. Der Krieg, so scheint es, wird immer mehr zu einer abstrakten Größe, zu einer Collage von Meldungen in den Medien, die von Ereignissen reden, die ganz weit weg von der Realität vieler Menschen sind, auch jenen, die jetzt noch beispielsweise Drohnen steuern oder Befehle geben. Dennoch wird mit dem Drang nach Effektivität auch der Ruf nach einer Ausmerzung des menschlichen Elements lauter, kommt es doch gerade durch diesen Faktor zu Fehlern oder Verzögerungen.

Allerdings gibt es noch eine andere Seite, an die Götmarks und Herdies’ Dokumentation erinnert, denn mit der Weiterentwicklung von Technologie hat sich auch die Wahrnehmung von Privatpersonen verändert. Ähnlich der Perspektive der Kamera scheinen wir einen Filter eingebaut zu haben, welcher den Blick verstellt, ihn ästhetisiert und zu jenem Prozess der Abstraktion beiträgt. Innerhalb ihrer einzelnen Segmente, beim Begleiten der Protagonisten zu ihren Meetings, Fototerminen oder beim Trainingsschießen in der Wüste ist das Bild der Linse immer wieder präsent, erleben wir diesen Filter auf die Realität und damit auf den Krieg.

Credits

OT: „Bellum – The Daemon of War“
Land: Schweden, Dänemark
Jahr: 2021
Regie: Georg Götmark, David Herdies
Drehbuch: Georg Götmark, David Herdies
Musik: Krister Linder
Kamera: Ellis Hallin, Camilla Skagerström, Georg Götmark

Bilder

Trailer

Filmfeste

Vision du Réel 2021

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„Bellum – The Daemon of War“ ist eine sehr nachdenklich machende Dokumentation über den modernen Krieg und welche Rolle Technologie in diesem spielt (oder in Zukunft spielen wird). Georg Götmark und David Herdies ist ein Beitrag zu einer längst überfälligen Diskussion gelungen, welche die Auswirkungen von Technologie auf unser Menschsein und unsere Wahrnehmung in den Vordergrund rückt.