Wir Eltern
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Kritik

Wir Eltern
„Wir Eltern“ // Deutschland-Start: 16. Juli 2020 (Kino) // 23. Oktober 2020 (DVD)

Trautes Familienglück? Von wegen! Veronika (Elisabeth Niederer) und Michael Kamber-Gruber (Eric Bergkraut) haben derzeit richtig damit zu kämpfen, den Alltag irgendwie geregelt zu bekommen. Während beim Jüngsten Benji (Orell Bergkraut) alles noch normal verläuft, treiben die spätpubertären Zwillingsbrüder Anton (Elia Bergkraut) und Romeo (Ruben Bergkraut) ihre Eltern in den Wahnsinn. Da spielt es keine Rolle, ob sie auf gut Freund machen oder versuchen, durch Härte Disziplin zu erzwingen – die beiden ignorieren sie einfach, leben nur in den Tag hinein. Dabei wissen sie ganz genau, wie der Hase läuft, denn sie haben sich schlau gemacht, was ihre Eltern ihnen schuldig sind …

Ein Film mit biografischen Wurzeln
Wer an der eigenen Familie verzweifelt, der kann sich externe Hilfe suchen, weiterkämpfen, bis der andere klein beigibt, selbst aufgeben – oder das Ganze künstlerisch verarbeiten. Eric Bergkraut und Ruth Schweikert haben sich für Letzteres entschieden und ihre Erfahrungen als Ehepaar in Form eines Films gesammelt. Beide führen sie in Wir Eltern Regie und schrieben das Drehbuch, Eric übernahm zudem die Hauptrolle. Und damit das Ganze so richtig schön authentisch ist, wurden die drei Söhne mit den realen Söhnen der beiden besetzt, wenn auch unter einem anderen Namen. Nur bei der Mutter holte man sich Unterstützung von außen und besetzte diese Rolle mit Elisabeth Niederer.

Man nimmt dem Film dann auch durchaus ab, dass die eine oder andere Szene dem eigenen Erfahrungsschatz entnommen wurde oder zumindest eine grundsätzlich ähnliche Richtung verfolgt. Oft genug darf man sich auch mit den Protagonist*innen da vorne auf der Leinwand identifizieren, seien es die bockigen Kinder oder die entnervten Eltern. Dabei versuchen Bergkraut und Schweikert durchaus, nicht ganz so einseitig die Figuren zu positionieren. Denn so nervig bis unverschämt die beiden älteren Jungs zuweilen sind, richtig vorbildlich sind die Erwachsenen auch nicht, werden mal übergriffig, haben über Jahre die Erziehung vernachlässigt und sind jetzt mit ihrem Einfühlungsvermögen schnell am Limit.

An der Grenze zur Dokumentation
Wenn zwischendurch auch noch Experten zu Wort kommen, die eigentliche Geschichte durch Interviews rund ums Thema Erziehung und Familie unterbrochen wird, verschwimmen endgültig die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion. Gleichzeitig soll Wir Eltern, das beim Locarno Festival 2019 Premiere hatte, aber eben auch eine Komödie sein. Das bedeutet, dass manches schon mal überspitzt wird, die Figuren Züge einer Karikatur haben. Doch das ist gleichzeitig das erste der beiden größeren Probleme: Der Film schwimmt zwischen Doku und Satire hin und her, will beides sein, verhebt sich dabei an der Aufgabe. Für eine wirkliche Lehrveranstaltung ist das zu oberflächlich und überdreht, für eine Komödie wiederum nicht unterhaltsam genug.

Eng damit verknüpft ist das zweite Problem: Die Darsteller sind einfach keine Schauspieler. Das muss man nicht zwangsweise sein, um bei einem Film mitmachen zu können. Es hat manchmal sogar einen gewissen Do-it-yourself-Charme, wenn sich Laien vor der Kamera versuchen und sie damit die Natürlichkeit noch verstärken. Im Fall von Wir Eltern führt dies jedoch leider dazu, dass die komischen Stellen immer zu bemüht sind, alles trotz der dokumentarischen Anmutung zu gestellt wirkt und dabei zu allem Überfluss die Pointen auch noch ihr Ziel verfehlen. Dann und wann zeigt der Film zwar tatsächlich Zähne, schafft es die Konflikte zu konsequent und absurd zu steigern, dass dabei Witze entstehen. Aber das passiert zu selten, die meiste Zeit schlurft das durch die Gegend, ohne rechtes Ziel und ohne zwingende Momente.

Credits

OT: „Wir Eltern“
Land: Schweiz
Jahr: 2019
Regie: Eric Bergkraut, Ruth Schweikert
Drehbuch: Eric Bergkraut, Ruth Schweikert
Musik: Marie-Jeanne Séréro
Kamera: Stéphane Kuthy
Besetzung: Elisabeth Niederer, Eric Bergkraut, Elia Bergkraut, Ruben Bergkraut, Orell Bergkraut

Bilder

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In „Wir Eltern“ verzweifelt ein Paar an den bockigen Söhnen, die nichts tun wollen und sich nichts sagen lassen. Das wechselt zwischen Dokumentarischem und Satirischem umher, ohne wirklich irgendwo anzukommen. Vereinzelt kommt es dabei zu tatsächlich amüsanten Momenten. Oft steht dem Vergnügen aber die Arbeit mit den unerfahrenen Laienschauspielern im Weg.
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von 10