Und die Alptraeume gehen weiter The Night Gallery
© Pidax Film

… und die Alpträume gehen weiter

Und die Alptraeume gehen weiter The Night Gallery
„… und die Alpträume gehen weiter“ // Deutschland-Start: 18. Oktober 2019 (DVD)

Drei Gemälde erzählen drei Geschichten des Makabren, des Abgründigen und des Fantastischen. Die erste Geschichte Der Friedhof erzählt von Jeremy (Roddy McDowall), einem hinterhältigen Erbschleicher, der sich nach dem Ableben seines Onkels, eines bekannten Künstlers mit einem Faible für das Morbide, dessen Erbe gesichert. Auch wenn Osmund Portifoy (Ossie Davis), der treue Butler des Verstorbenen, wie auch die Ärzte Bedenken haben, was die Natürlichkeit des Todes angeht, lässt Jeremy keine Zeit verstreichen und gibt das Erbe bereits mit beiden Händen aus. Einzig und allein ein bestimmtes Gemälde des Onkels, das Bild des nahen Friedhofs des Hauses, verursacht ihm Unbehagen, zeigen sich in diesem doch immer wieder beunruhigende Veränderungen, die Zweifel daran lassen, ob der Onkel denn nun wirklich tot ist.

In Augen möchte die reiche Claudia Menlo (Joan Crawford) sich einen langersehnten Traum erfüllen: die Welt mit eigenen Augen zu sehen. Auch wenn eine Operation ihr nur für ein paar Stunden Sehkraft geben kann, hat sie bereits alle Vorkehrungen getroffen, einen berühmten Arzt zu der Operation gezwungen und sich mithilfe ihres Geldes die Sehkraft eines armen Schluckers von der Straße gesichert. Als Menlo dann tatsächlich sehen kann, beginnt für sie der größte Alptraum ihres Lebens.

Im letzten Segment Fluchtweg begegnen wir dem Kriegsverbrecher Helmut Arndt (Richard Kiley), der unter falschem Namen in Südamerika untergetaucht ist. Er beginnt zu ahnen, dass ihm die Nazi-Jäger auf den Fersen sind, doch kann ihnen immer wieder entwischen. Als er eines Tages in einem Museum Zuflucht sucht, wird er von einem Gemälde in den Bann gerissen, welches einen Angler zeigt, der ihn an ihn erinnert. Die simple Idylle wird zu einer täglichen Zuflucht für ihn, der so gerne zur Ruhe kommen möchte, aber auch zur Falle.

Über Reflexionen und Spiegel
Drehbuchautor und Produzent Rod Serling, der unvergessene Moderator der Serie The Twilight Zone, gehört völlig zu Recht zu den Legenden des amerikanischen Fernsehens. Die von ihm produzierten und teils auch geschriebenen Episoden gaben damals noch junger Talenten wie Steven Spielberg Gelegenheit, Geld zu verdienen und die eigenen künstlerische Handschrift zu entwickeln. Zudem zielten sie auf eine Verbindung von Fernsehunterhaltung und einem gewissen intellektuellen Anspruch ab, der Serling alleine schon in einem stets seriösen Auftreten, seinem Sprachduktus und seinem Faible für Autoren wie H.P. Lovecraft oder Richard Matheson (Ich bin Legende) demonstrierte.

In der Pilotfolge zu im amerikanischen Original betitelten Serie The Night Gallery setzt sich die Tradition von The Twilight Zone fort. Auch wenn der Fokus mehr auf dem Übernatürlichen, dem Grusel liegt, sind auch diese Geschichten immer wieder Spiegel eines zutiefst menschlichen Verhaltens von Gier, Selbstsucht bis hin zu Bösartigkeit. Das jeweilige Gemälde, welches als Dreh- und Angelpunkt der dazugehörigen Episode ist, deutet leitmotivisch auf nicht nur jene unglückselige Eigenschaft hin, welche im Fokus steht, sondern weist auf die literarische Tradition hin der Geschichten hin. Die bestimmte, würdevolle Moderation Serlings, die den narrativen Rahmen zwischen den Segmenten liefert, dient hier nicht zuletzt als Ruhepol, als (scheinbare) Vergewisserung der Welt, ihrer Normalität, die jede Geschichte für sich, aber auch Serling in seiner Moderation immer wieder in Frage stellt.

Abgründe im Menschen
Wie für eine solche Form üblich unterscheiden sich die jeweiligen Segmente qualitativ wie auch formal. Zwar gibt es bestimmte Parallelen, die alle von dem bereits beschriebenen Leitmotiv des Gemäldes ausgehen, aber gerade im Umgang mit der Filmsprache – der Einstellungen, dem Schnitt und dem Licht – merkt man das Talent des Regisseurs und des Teams hinter ihm. So verneigt sich Boris Sagals Segment Der Friedhof vor der Tradition eines Edgar Allen Poe, kreiert ein wundervoll atmosphärisches „gothic“ Ambiente, was nicht zuletzt durch die schwarzhumorigen Spitzen gefällt. Der junge Steven Spielberg beweist ein Talent im spielerischen, bedeutungsschwangeren Umgang mit seinem Leitthema, wechselt zwischen Bildern von Augen, Glas und anderen spiegelnden Oberflächen. Besonders in diesen beiden Episoden merkt man jenes Wechselspiel von Täuschung und Wirklichkeit, was nicht zuletzt auch Rod Serling als Moderator mit dem Zuschauer spielt. Barry Shears Episode ist handwerklich sehr gut gemacht, wirkt aber im Übergang zum übernatürlichen Element eher gezwungen.



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Die Pilotfolge zu "The Night Gallery", kürzlich herausgegeben von Pidax Film, ist eine sehr unterhaltsame, kurzweilige Ansammlung von Geschichten. Hintersinnig geschrieben, clever inszeniert und mit viel Liebe zum Detail umgesetzt wird dem Zuschauer auch aus heutiger Sicht noch gute Unterhaltung geboten, die niemals nur das sein wollte, sondern ihr Publikum ernst nahm und daher nie den eigenen Anspruch aus den Augen verlor.
7
von 10