Petting statt Pershing
© Jutta Pohlmann

Petting statt Pershing

Petting statt Pershing
„Petting statt Pershing“ // Deutschland-Start: 5. September 2019 (Kino)

So richtig aufregend ist das Leben ja nicht auf dem Land, zumindest nicht, wenn es nach der 17-jährigen Ursula Mayer (Anna Florkowski) geht. Nichts passiert hier, alles ist immer gleich. Und mit ihren spießigen Eltern Inge (Christina Große) und Helmut (Thorsten Merten) kann sie ohnehin nichts anfangen. Da kommt ihr der neue Lehrer Siegfried Grimm (Florian Stetter) doch sehr gelegen, der mit seiner unkonventionellen Weise alle um den kleinen Finger wickelt – zumindest den weiblichen Teil der Bevölkerung. Immer mehr folgen ihm in die kleine Kommune, die er da in einem Bahnhof am Stadtrand aufbaut und die sich für Weltfrieden und freie Liebe einsetzt.

Wenn es mal wieder länger dauert. Eigentlich hätte Petting statt Pershing ja schon letztes Jahr in die Kinos kommen sollen, damals noch unter dem Titel Es ist aus, Helmut. Stattdessen wurde der Film bei den Hofer Filmtagen 2018 gezeigt, nur um im Anschluss komplett zu verschwinden. Jetzt ist die Komödie wieder da unter dem aktuellen Titel. Doch bleibt zu befürchten, dass die Verschiebung die Erfolgschancen nicht unbedingt erhöht hat. Im aktuellen Kinoumfeld, wo nur wenig Platz neben den großen Namen ist, da ist eine derartige kleine Produktion eher zum Scheitern verurteilt.

Weltverbesserung zum eigenen Spaß
Dabei ist das Thema durchaus irgendwie aktuell. Petting statt Pershing mag 1983 spielen und sehr von der damaligen Gesellschaft und entsprechenden Bildern geprägt sein. Doch die Beschäftigung mit Weltverbesserern, die sich hinter schönen Slogans verstecken, während sie eigentlich nur an sich selbst denken, die passt auch heute noch ganz gut. Manchmal ist der Film dann auch so etwas wie eine Satire auf die Spät-Hippies, die immer noch dem 68er Gedankengut anhängen. Empfänglich sind viele aus der Bevölkerung dafür. Doch das dürfte weniger mit echter Überzeugung als vielmehr dem langweiligen Landleben zu tun haben. Und dem guten Aussehen von Siegfried natürlich.

Anders als es der ursprüngliche Titel andeute, steht im Mittelpunkt von Petting statt Pershing aber gar nicht die kriselnde Ehe der Eltern, die mit dem besagten Es ist aus, Helmut ein Ende hätte finden sollen. Sehr viel mehr erzählt Regisseurin und Drehbuchautorin Petra Lüschow von Ursula und ihrer Sinnsuche. Von ihrer Sehnsucht, ihre Jungfräulichkeit zu verlieren und endlich einmal als Frau wahrgenommen zu werden. Von ihrem Wunsch, das kleinbürgerliche Leben hinter sich lassen zu können, in dem sich nichts tut, nichts vorangeht, nicht für sie, nicht für den Rest der Bevölkerung. Man lebt dort so vor sich hin, vertreibt sich die Zeit mit Fernsehen, Häkeln oder dem einen oder anderen Seitensprung.

Auf dem Land, da ist was los …
Lüschow erzählt dann auch von zahlreichen Konflikten. Konflikten zwischen den Jungen und den Alten. Zwischen einer Vergangenheit, über die niemand redet, und einer Zukunft, die fremdbestimmt ist. Zwischen spießigem Alltag und einer freundlichen Unbekümmertheit. Das hätte auch leicht in die Culture-Clash-Richtung gehen können wie seinerzeit Sommer in Orange, wo in den frühen 80ern eine Hippie-Kommune das bayerische Landleben aufmischt. Ganz so weit will Petting statt Pershing dann aber doch nicht gehen, auch weil die Leute hier viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Da bleibt nur wenig Raum für Feindbilder von außen.

Vielleicht hätte das dem Film jedoch sogar gut getan. Unterhaltsam ist es, was hier geschieht, auch weil Nachwuchsdarstellerin Anna Florkowski eine starke Leistung zeigt als intelligente, jedoch wenig sichere oder beliebte Jugendliche. Zumal es auch schön ist, wenn ein junger Mensch mal zu sich findet, ohne dass das zwangsläufig im Rahmen einer Romanze stattfindet – denn die fällt hier ja enttäuschend aus. Petting statt Pershing ist dann aber doch irgendwie immer etwas zu gemütlich und zu brav. Weder nimmt einen die Geschichte um die Jugendliche emotional mit, noch ist das Ganze bissig genug, die satirischen Elemente kommen nie so richtig zum Zug. Das ist dann schon ein netter, irgendwie sympathischer Film für zwischendurch, aber nichts, was die lange Wartezeit am Ende gerechtfertigt hätte.



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„Petting statt Pershing“ mischt Coming-of-Age-Elemente mit satirischen Anflügen, wenn eine 17-Jährige in der biederen Provinz von ihrem neuen freigeistigen Lehrer träumt. Das ist immer wieder mal unterhaltsam, auch die Hauptdarstellerin macht eine gute Figur. Die Komödie bleibt aber insgesamt zu nett und ohne rechten Zug.
6
von 10