Der kleine Spirou
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Der kleine Spirou

Der kleine Spirou
„Der kleine Spirou“ // Deutschland-Start: 15. November 2018 (Kino)

12 Jahre ist der kleine Spirou (Sascha Pinault) inzwischen. Höchste Zeit, dass er da in die Fußstapfen seines Vaters, seiner Mutter (Natacha Régnier) und seines Großvaters (Pierre Richard) tritt! Denn bei den Spirous üben sie schon seit Generationen den ehrenwehrten Beruf des Hotelpagen aus. Und eben den soll er nach dem Sommer an einer speziellen Schule erlernen. Das Ding ist nur: Der kleine Spirou weiß nicht so recht, ob er das überhaupt will. Schließlich hat ihm die Wahrsagerin doch erzählt, er würde mal große Abenteuer erleben. Wie soll das aber gehen, wenn er immer in einem Hotel ist? Außerdem wäre da ja noch die süße Suzette (Lila Poulet-Berenfeld), für die sein Herz schlägt und mit der er so gerne auf Reise gehen würde.

Normalerweise ist es ja so, dass Menschen mit der Zeit immer älter werden. Aber Spirou war ja nie normal. Oder ein wirklicher Mensch. 80 Jahre ist es her, dass der französische Comiczeichner Rob-Vel, der selbst einmal als Hotelpage begann, seine Figur schuf, die zu einer der berühmtesten der franko-belgischen Szene werden würde. So berühmt, dass dessen Nachfolger Philippe Vandevelde alias Tome und Janry (eigentlich Jean-Richard Geurts) ihm ab 1987 ein eigenes Spin-off schenkten. In Der kleine Spirou ist der aus Spirou und Fantasio bekannte Held noch ein Kind, dessen späteren Abenteuer in weiter Ferne sind.

Aus Liebe zur Selbstsuche
Passend dazu ist auch bei der Verfilmung die Zielgruppe deutlich jünger angesetzt. Waren die ersten Comics noch für jedes Alter geeignet, sollen hier Kinder bzw. Jugendliche angesprochen werden, die selbst gerade dabei sind, die Welt für sich zu entdecken. Und den eigenen Platz darin. Vor allem zwei Punkte sind es, mit denen Der kleine Spirou den jungen Zuschauern und Zuschauerinnen aus der Seele sprechen will. Da ist die erste große Liebe, die das eigene Gefühlsleben mächtig durcheinanderbringt. Da ist die Frage: Wer will ich eigentlich einmal sein?

Eine typische Coming-of-Age-Geschichte, könnte man also meinen. Nur dass das hier nie ganz ernst gemeint ist, die universellen Themen in ein nicht ganz so universelles Drumherum gesteckt wurde. Ganz so oft begegnet man dann doch nicht Familien, deren Lebensinhalt und Stolz darin besteht, Türen aufzuhalten und Fahrstuhlknöpfe zu drücken. Das gibt dem Beitrag vom Schlingel Filmfest ein schön altmodisches Flair, etwas nostalgisch auch. Wann sieht man heute noch Gitterfahrstühle oder Pagenkostüme mit den kleinen Hütchen? Auch das völlige Fehlen neumodischer Gegenstände wie Handys trägt dazu bei, dass der Film ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein scheint.

Muss das sein?
Das gilt leider auch für den latenten Sexismus. Opa Spirou sammelt daheim anzügliche Heftchen, das Fernrohr des Jungen ist auf das Schlafzimmer einer jungen Dame gerichtet, Lehrerein Chiffre (Gwendolyn Gourvenec) wird oft auf ihr tiefes Dekolletee reduziert, in das alle männlichen Figuren nur zu gerne starren. Das ist als Humor nicht nur ziemlich billig, gerade in der Häufung, vor allem bei einem Film für Kinder. Es ist auch nicht mehr zeitgemäß: Das noch vor der #MeToo-Welle produzierte Der kleine Spirou ist an mehreren Stellen ein eindeutiges Kind einer überholten Zeit.

Glücklicherweise lassen diese Beispiele im Laufe des Films nach, die Comic-Adaption konzentriert sich auf die sehr süßen Versuche von Spirou, seiner Angebeteten ein besonderes Abenteuer zu bieten. Das ist zwar nicht minder altmodisch, aber doch sehr charmant. So wie Der kleine Spirou allgemein ein sehr charmanter Film über familiäre Erwartungen und individuelle Selbstsuche ist. Neben Nachwuchsdarsteller Sascha Pinault, der hier den verträumten Möchtegernabenteurer darstellt, ist es natürlich mal wieder Altstar Pierre Richard (Monsieur Pierre geht online), der als verschlagener und doch wohlmeinender Großvater die Aufmerksamkeit an sich zieht und dabei zeigt, dass er noch immer Leinwände mit seiner Präsenz und seinem verschmitzten Witz füllen kann.



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Aller Anfang ist schwer: Die Adaption des gleichnamigen Comics zeigt, wie der große Abenteurer Spirou erst noch seinen Platz im Leben finden muss. Das ist in vielerlei Hinsicht altmodisch, mal auf eine schöne Weise, mal auf eine weniger schöne, im Großen und Ganzen aber ein charmanter Film für eine jüngere Zielgruppe, die sich mit der komischen Selbstsuche identifizieren kann.
7
von 10