Le Redoutable

Le Redoutable

(OT: „Le Redoutable“, Regie: Michel Hazanavicius, 2017)

Le Redoutable
„Le Redoutable“ läuft im Rahmen des 35. FIlmfests München (22. Juni bis 1. Juli 2017)

1967 hat Jean-Luc Godard (Louis Garrel) schon eine ganze Reihe von Filmen gedreht, die ihm viel Anerkennung bei Kritikern und Publikum eingebracht hat. Doch der französische Regisseur will noch mehr. Frisch verheiratet mit der 17 Jahre jüngeren Schauspielerin Anne Wiazemsky (Stacy Martin) fühlt er sich von den revolutionären Gedanken beflügelt. Sein neuestes Werk „La Chinoise“ fällt jedoch überall durch, er selbst verstrickt sich zunehmend in den Studentenprotesten seiner Zeit. Und nicht einmal seine Ehe funktioniert so recht: Immer wieder kommt es zwischen den beiden zu Konflikten, gerade auch wegen seiner großen Eifersucht.

Es ist eine Kombination, die auf den ersten Blick naheliegend und gleichzeitig völlig abwegig wirkt. Dass Michel Hazanavicius eine Vorliebe für das Kino von einst hat, das dürfte jeder mitbekommen haben, der sein oscargekröntes Werk The Artist gesehen hat – eine Liebeserklärung an die Ära des Stummfilms. Dass der Franzose sich bei seinem neuesten Film einem ebenso verehrten Kollegen zuwendet, der selbst Teil der Geschichtsbücher ist, das ist im Grunde dann auch kein großer Sprung. Aber ausgerechnet Jean-Luc Godard, eine der heiligen Kühe der Grande Nation, die sich immer wieder in Provokationen gefiel? Einer der großen politischen Denker? Das ist dann doch eher überraschend.

Alles, nur keine Heldenverehrung
Provokativ und revolutionär ist Le Redoutable allenfalls darin, Godard nicht zu verehren. Im Gegenteil: Hazanavicius macht sich unentwegt über den Regisseur lustig. Beispielsweise weist er immer wieder darauf hin, wie widersprüchlich sich die Legende verhielt. Auf der einen Seite nahm er an Studentenprotesten teil, war ein Anhänger der Revolutionen, die sich gegen das System, gegen Bevormundung und für eine Befreiung des Volkes einsetzte. Auf der anderen Seite hatte er überhaupt kein Interesse an dem einfachen Volk, wollte sich nicht einmal mit seinen eigenen Fans unterhalten. Diskussionen mit geistig unterlegenen – was für ihn nahezu jeder war –, lehnte er ab.

Eigentlich wird Godard bei ihm sogar zu einer selbstverliebten Witzfigur, einer schrecklich unsympathischen noch dazu. Das wird natürlich weder dem Menschen Godard, noch dem Künstler gerecht. So gibt es zwar immer wieder Anspielungen und Nennungen seiner Werke, allen voran La Chinoise – Die Chinesin. Aber Hazanavicius vermeidet es hier, stärker in die Tiefe zu gehen. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Schaffen, die interessiert ihn nicht. Stattdessen ist die Adaption von Anne Wiazemskys Buch in erster Linie eine Komödie, die mit dem zeitlichen Kontext und den berühmten Namen ihren Spaß hat. Die das alles gar nicht so schrecklich ernst nehmen will.

Humor zwischen Klamauk und Satire
Das reicht manchmal für Denkanstöße, etwa beim Zusammenhang zwischen Politik und Kultur, ist sich aber auch für einfacheren Slapstick nicht zu schade – etwa in dem Running Gag, dass ständig Brillen von Godard kaputtgehen. Anspruchsvoll ist das nicht, weshalb es ein leichtes ist, den Beitrag vom 35. Filmfest München insgesamt abzulehnen. Die Erwartung, hier ein vollwertiges Biopic vorzufinden, die sollte man besser gleich ganz begraben. Denn dafür ist der Zeitausschnitt von einem Jahr zu gering, der Inhalt zu einseitig.

Dafür kann man hier eine Menge Spaß haben, so wie es Hazanavicius und sein Ensemble offensichtlich hatten – zu dem auch wie schon in The Artist Bérénice Bejo gehört. Einiges davon ist schon etwas bissiger geworden, etwa eine satirische Auseinandersetzung mit unnötigen Nacktszenen in Filmen. Es gibt kleinere optische Experimente zwischendurch, kuriose Zwischenüberschriften lockern die Geschichte auf. Dazu sorgen schöne Kulissen aus den 60ern, die zwischen Straßenkämpfen und High Society wechseln, sowie amüsante Wortgefechte für gute Unterhaltung. Für einen Oscarregen wird es diesmal sicher nicht reichen, dafür ist das Thema zu speziell, außerdem fehlt dem Film die sentimentale Note und das offensichtlich Nostalgische. Wer aber auch einfach nur mal wieder lachen mag, der ist hier an einer guten Adresse.



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Nein, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem großen Regisseur Jean-Luc Godard und dessen Werk ist „Le Redoutable“ sicher nicht, dafür bleibt der Film zu sehr an der Oberfläche und nimmt das alles zu wenig ernst. Dafür ist die Buchverfilmung ziemlich lustig, sowohl in den albernen wie auch den bissigen Momenten.
8
von 10