Siebzehn
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Siebzehn

(„Siebzehn“ directed by Monja Art, 2017)

Siebzehn
„Siebzehn“ läuft ab 27. April 2017 im Kino

So richtig einfach war das Leben der 17-jährigen Paula (Elisabeth Wabitsch) ja eh nicht gewesen, muss sie doch mit ihrer Schwester und ihrem behinderten Vater zusammenwohnen. Im Großen und Ganzen hatte sie aber alles im Griff, auch dank ihrer besten Freunde Marvin (Daniel Prem) und Kathrin (Vanessa Ozinger), mit denen sie durch dick und dünn geht. Eine Sache überfordert sie dann aber doch: Charlotte (Anaelle Dézsy). Die Mitschülerin siegt gut aus, ist nett und intelligent. Ein echter Traum für Paula. Dummerweise ist sie aber auch vergeben, an einen Jungen auch noch. Während Paula dennoch versucht, dem Mädchen näherzukommen, wird sie selbst für die forsche Lilli (Alexandra Schmidt) zum Objekt der Begierde.

Hoffen und Bangen. Sehnsucht. Träume. Zurückweisungen. Schmerz. Die Zeit als Jugendlicher ist die vielleicht spannendste, die man im Leben hat. Gleichzeitig aber auch die furchtbarste. Siebzehn erinnert daran, wie das war damals, Gefühle mit sich herumzutragen, die irgendwie verwirrend waren, größer als man selbst, für die aber oft kein richtiges Ventil zu finden war. Denn Gefühle haben sie hier alle, Regisseurin und Drehbuchautorin Monja Art stürzt sich hier in erster Linie auf die emotionale Welt ihrer Protagonistinnen und gibt sich als einfühlsame Komplizin. Die Welt da draußen? Die gibt es schon, wird meistens aber ausgeblendet, wenn sie nicht – wie bei einem Konzert – eine Gelegenheit bietet, dem Schwarm näherzukommen. Für die Schule interessiert sich hier jedoch kaum einer. Bringt eh nicht, ist langweilig, reine Zeitverschwendung.

Die Sprache des Alltags
Der Film selbst ist das nicht, glücklicherweise, auch wenn er oft bewusst mit der Banalität flirtet. In den Dialogen etwa, die sich tatsächlich oft so anhören, als würden Jugendliche da gerade miteinander reden anstatt Drehbuchautoren. Schön ist das nicht. Sätze drehen sich um sich selbst, verlieren sich in einem verlegenen Stottern, verlegen sich mitunter auch selbst. Dass da etwas hinter dem ungelenken Wortsalat steckt, ist kaum zu überhören. Aber was, wie, warum, das können hier die wenigsten so richtig sagen. „Wir reden noch mal drüber.“ „Ja, hätte ich auch gesagt.“

Dass die Figuren aufgrund ihrer manchmal etwas nichtssagenden Art nicht unbedingt komplex sind, ist nicht weiter tragisch. Denn darum geht es ja auch: Siebzehn erzählt davon, was es heißt, sich als Jugendlicher selbst zu suchen. Die eigene Identität, auch die sexuelle. Bemerkenswert ist es schon, wie offen hier mit dem Thema umgegangen wird. Eine kleine Schulklasse in einer Kleinstadt Österreichs, dass Homosexualität hier derart offen ausgelebt und gesucht wird – von dem gefunden ganz zu schweigen –, das entspricht dann doch weniger den Erwartungen eines LGBT-Problemfilms. Aber das will Art offensichtlich auch gar nicht. Wenn Paula mit ihren Gefühlen ringt, dann ist es eher zweitrangig, dass sie einem Mädchen gelten. Sie sind so oder so Mist. So wie sie für jeden Mist sind, der sie nicht ausleben kann bzw. der keine Bestätigung findet.

Zeitloses Porträt unglücklich liebender Jugendlicher
Auch wenn sich immer wieder Elemente finden, die das Alter des Films verraten – kleinere Spielereien am Hand, die Musik –, im Grunde ist das Porträt der Jugendlichen daher zeitlos. Und auch losgelöst von einem bestimmten Ort. Die meisten der Figuren würde man mit ein bisschen Suchen in so ziemlich jedem Jugendfilm-Land finden, auch wenn sie hier nicht ganz dem Bild der Duschgelwerbung-Vorzeigeschönheit entsprechen. Zum Ende hin will Siebzehn zwar ein bisschen zu viel, neigt zu überhöhtem Drama und der Vernachlässigung mancher Handlungsstränge. Aber auch wenn die authentische Fassade später etwas unschöne Kratzer abbekommt, reiht sich der kleine Film in eine Reihe sehenswerter Jugenddramen ein, die wir zuletzt aus Österreich (Einer von uns) und der Schweiz (Chrieg) sehen durften. Mit dem Unterschied, dass hier nicht extra noch nach Abgründen gesucht wird. Art reicht da der Alltag von Jugendlichen aus. Denn der ist Abgrund genug.



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„Siebzehn“ zeigt einfühlsam und authentisch, wie verwirrend Gefühle als Jugendlicher sein können. Der bewusste Umgang mit Alltagsbanalität wird zwar nicht bis zum Schluss konsequent durchgehalten, das Drama bleibt aber ein sehenswertes Porträt eines schwierigen Lebensabschnittes.
7
von 10