Hitlers Hollywood
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Hitlers Hollywood – Das Deutsche Kino im Zeitalter der Propaganda 1933-1945

(„Hitlers Hollywood – Das Deutsche Kino im Zeitalter der Propaganda 1933-1945“ directed by Rüdiger Suchsland, 2016)

„Hitlers Hollywood“ läuft ab 23. Februar 2017 im Kino

Einen deutschen Film im Kino anschauen? Da werden viele mit der Nase rümpfen angesichts der vermeintlich minderen Qualität der hiesigen Produktion. Einen Film über deutsche Filme? Noch viel schlimmer. Und dann sind es nicht mal „normale“ Filme, sondern solche, die im Dritten Reich entstanden sind. Das kann ja nichts werden, so etwas muss man nicht sehen – wird so manch einer denken. Nicht so Rüdiger Suchsland. „Wir kennen die Filme zu wenig,“ sagt er zu Beginn seines neuen Dokumentarfilms. „Es gibt aber keinen Grund wegzusehen.“ Und so begibt er sich auf die Spurensuche, untersucht Techniken und Stoffe, forscht nach Gemeinsamkeiten, um dabei der Frage auf den Grund zu gehen, was das damalige Kino über den Nationalsozialismus aussagte.

Dass dieser zur Heldenverehrung neigte und ganz gern im Pathos versank, das dürften auch die meisten Fachfremden verinnerlicht haben. Hitlers Hollywood enttäuscht in der Hinsicht nicht, immer wieder findet Suchsland Beispiel dafür, wie Krieg und Vaterland verehrt werden, die Sehnsucht nach Ehre und Stärke sich auch in Bildern wiederfindet. Leni Riefenstahl darf mit ihrem umstrittenen Dokumentarfilm Olympia natürlich nicht fehlen, aber auch der Spielfilmbereich ist mit mächtigen Aufmärschen und uniformierten Wundermännern bestens vertreten. Sofern man überhaupt streng trennen kann zwischen beidem, denn Realität und Fantasie, das war im Dritten Reich ein sehr fließender Übergang.

Es ist dann auch eine Mischung aus Faszination und Verstörung, welche die Filme dieser Zeit teilweise zurücklassen. Vieles ist nicht mehr als belanglose Massenunterhaltung, nicht mehr als die Möglichkeit, die Welt da draußen, Krieg und Zerstörung zu vergessen. Andere gehen aber weiter, sind geradezu surreal in ihrer Losgelöstheit von einer Welt da draußen. Eine Traumfabrik sollte das deutsche Kino sein, nach dem Vorbild der amerikanischen. Die Kopie war dabei dem Original mal sehr ähnlich, wirkte manchmal wie ein bizarres Abbild davon. Und die Träume selbst? Stoff, aus dem Alpträume werden. Persönliche wie gesellschaftliche.

Das müssen nicht einmal die reinen Propagandawerke sein wie Jud Süß oder Der ewige Jude, in denen der Antisemitismus filmisch gerechtfertigt wird – mal als Spielfilm, mal als Dokumentarfilm. Nicht minder erschreckend sind die perfiden Streifen, in denen andere Anliegen des Dritten Reiches verarbeitet werden, etwa in Ich klage an, das sich der Euthanasie annahm – ein als Sterbehilfe markierter Massenmord an angeblich kranken Menschen. Solche Beispiele finden sich in Hitlers Hollywood zuhauf, die Suchsland mal kommentiert, manchmal auch für sich selbst sprechen lässt. Denn eindrucksvoll war es, was die Filmemacher seinerzeit auf die Beine stellten: Das Kino des Nationalsozialismus waren keine billig zusammengeschusterten Werbefilme, sondern oftmals beeindruckend kunstvoll konstruierte Bilder des Grauens hinter einer heilen Fassade.

Spannend sind dabei weniger die reinen Hurrafilme, die sich selbst mit Kitsch übergossen, sondern die etwas gebrochenen Vertreter. Filme, in denen die Außenwelt durchaus ihre Spuren hinterlassen hat, sich kleine Momente des Scheiterns oder des Zweifelns eingeschlichen haben, für die es in der perfekten Propagandawelt keinen Platz gab. Allein deshalb schon lohnt sich Hitlers Hollywood: Formal ist der Dokumentarfilm nicht allzu ambitioniert, er besteht fast ausschließlich aus Filmszenen, manchmal von Archivaufnahmen unterbrochen. Doch die bewegten und bewegenden Bilder, die hier zusammengetragen wurden, haben eine Menge zu erzählen, mehr als 70 Jahre, nachdem der Staat sie den Künstlern weggenommen hat. Über die damalige Zeit. Die Verbindung von Politik und Ästhetik. Und die Kraft der Illusion.



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In „Hitlers Hollywood“ nimmt uns Rüdiger Suchsland mit auf eine Reise in die Vergangenheit, zeigt Ausschnitte aus mehreren Dutzend Filmen aus dem Dritten Reich. Das ist formal wenig abwechslungsreich, inhaltlich aber überaus spannend, gibt Einblicke in die Zeit und das (Selbst-)Verständis des nationalsozialistischen Kinos.