Ip Man 2
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(„Yip Man 2“ directed by Wilson Yip, 2010)

Ip Man 2Nach den traurigen Ereignissen in seiner Heimatstadt Foshan versucht Wing-Tsun-Meister Ip Man (Donnie Yen) zusammen mit seiner Familie in Hongkong ein neues Leben zu beginnen. Leicht ist das nicht, die Bevölkerung leidet unter der miesen Wirtschaft, kaum ein Schüler von Mans Kampfschule kann die Gebühren bezahlen. Ungemach droht zudem von den lokalen Martial-Arts-Schulen unter der Führung von Hung Chun-nam (Sammo Hung), die ganz eigene Regeln und Forderungen aufstellen und immer wieder für Reibereien sorgen. Erst als der englische Boxprofi Taylor „The Twister“ Miler die chinesische Kampfkunst verunglimpft und herausfordert, finden die Kontrahenten zusammen.

Erfolgreiche Filme brauchen eine Fortsetzung – dieser Überzeugung hängen nicht nur westliche Filmemacher an, auch in China greift man gern auf bewährte Konzepte und Namen zurück, um Kasse zu machen. Eine wirkliche Überraschung war es daher nicht, dass nach Ip Man recht bald ein zweiter Teil folgte, der mit viel künstlerischer Freiheit dem Leben des Kung-Fu-Meisters Ip Man folgt. Aber eine solche sollte man hier ohnehin nicht erwarten, dafür hielt man sich zu sehr an die erfolgreiche Vorlage, mit all ihren Stärken und Schwächen.

Die Stärke und damit für viele auch das entscheidende Kriterium: die Kämpfe. Sammo Hung, der schon im ersten Teil als Actionregisseur Wilson Yip hilfreich zur Seite stand, ist in Ip Man 2 nicht nur für die Choreographie verantwortlich, sondern übernahm selbst eine gewichtige Rolle. Wenn er und Donnie Yen in den Ring steigen oder sich in einem der Höhepunkte des Films ein hitziges Duell auf einem Tisch liefern, dann ist der Unterhaltungsfaktor auch entsprechend hoch, mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit tänzeln sie um sich herum, bis einem als Zuschauer fast schwindlig wird. Zwar wurde dieses Mal dabei verstärkt auf Drahtseilakrobatik gelegt, womit die geerdeten Rangeleien des Vorgängers der Geschichte angehören. Und damit ein bisschen auch die Dramatik: Im zweiten Teil fehlt über weite Strecken das Gefühl, dass die Kämpfe von einer tatsächlichen Relevanz sind.

Das muss jedoch kein Nachteil sein. Die furiosen over-the-top-Gemetzel sind nicht nur zahlreicher geworden – eigentlich wird hier alles und jeder zum Anlass genommen, die Fäuste auszupacken –, sondern auch abwechslungsreicher. Ob es der besagte Tischkampftanz ist, eine Massenkeilerei in einem Markt oder das ultimative Duell zwischen chinesischer Kampfkunst und westlichem Boxen, da gibt es schon eine ganze Menge zu bestaunen. Zudem dürfen sich auch andere Recken daran beteiligen, darunter Mans hitzköpfiger Schüler Wong Leung (Xiaoming Huang) und der wiederkehrende Straßenrüpel Kam Shan-Chau (Louis Fan), der nun plötzlich zu den Guten gehört. Angeblich der Einfluss seiner Frau.

Aber mit den Figuren sollte man sich ohnehin nicht näher befassen. Das lohnte sich in Ip Man schon nicht, in Ip Man 2 ist das nicht wesentlich besser geworden. Hung Chun-nam darf ein wenig ambivalenter sein, indem er sich sowohl als Despot wie auch als Kümmerer zeigen darf. Beim Rest wurde über Nuancen einfach hinweggewischt, in der Welt des Martials Arts gibt es nur gut oder schlecht. Nachdem im ersten Teil die Japaner verteufelt wurden, sind nun die Engländer an der Reihe, sind die im Vergleich zu den noblen Chinesen sehr viel gröber und unkultivierter. Diese erneut stark nationalistischen, teils gar rassistischen Tendenzen sind mal Grund zur Ärgernis, dann aber auch wieder zur Erheiterung – was auch an den unfassbar schlechten darstellerischen Leistungen der westlichen Schauspieler liegt, welche die gewohnt hölzerne Darstellung von Donnie Yen in einem plötzlich viel positiveren Licht erscheinen lassen.

Dass Ip Man inzwischen auch die letzten Ecken und Kanten weggehobelt wurden, er erneut keinen einzigen Kampf verlieren darf, sich der Beitrag vom Fantasy Filmfest 2010 zum Ende hin erneut dem Pathos und altbackenen Konventionen hingibt, das stört dann auch schon nicht weiter. Und so bleibt auch der zweite Auftritt des Großmeisters eine zwiespältige Angelegenheit, die im Actionbereich überzeugt, bei allem anderen aber langweilt bis nervt. Seine Fans fand Ip Man 2 aber dennoch, sodass neben diversen weiteren, von der Reihe unabhängigen Ip-Man-Filmen und Serien kürzlich auch ein offizieller dritter Teil entstand.



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„Ip Man 2“ überzeugt wie der Vorgänger durch seine furiosen Kämpfe, die diesmal zwar etwas übertrieben sind, dafür aber auch sehr unterhaltsam. Die Figuren sind hingegen erneut langweilig, die Geschichte voller Klischees und ärgerlicher nationalistischer Tendenzen.
5
von 10