Unter dem Sand
© Koch Films

Unter dem Sand – Das Versprechen der Freiheit

(„Under sandet“ directed by Martin Zandvliet, 2015)

Unter dem Sand
„Unter dem Sand – Das Versprechen der Freiheit“ läuft ab dem 7. April im Kino

Der zweite Weltkrieg mag vorbei sein, die Folgen sind aber überall noch lange zu spüren. So auch in Dänemark, dessen Nordseestrände mit Tausenden gefährlichen Tretminen unbrauchbar gemacht worden sind, die von den Nazis dort vergraben wurden. Eine Gruppe deutscher Kriegsgefangener, darunter Helmut (Joel Basman), Wilhelm (Leon Seidel) und Sebastian (Louis Hofmann), haben die undankbare Aufgabe, den Sand nach den Überbleibseln abzusuchen. Gnade braucht die Truppe trotz ihres jungen Alters nicht zu erwarten, das machen die befehlshabenden Soldaten Lt. Ebbe (Mikkel Boe Folsgaard) und Unteroffizier Carl Rasmussen (Roland Møller) von Anfang an klar, auch keine richtige Ausrüstung. Dafür aber sollen die 14 nach Erfüllen der Aufgabe wieder zurück nach Deutschland dürfen, was die Jugendlichen antreibt, ihr Leben jeden Tag aufs Neue aufs Spiel zu setzen.

Auch wenn die unglaublichen Verbrechen des Holocausts die filmische Aufarbeitung der Nazizeit dominieren, so finden sich doch 70 Jahre nach Kriegsende zunehmend Werke, die auch weniger bekannte Themenbereiche dieser Zeit beleuchten. Einer dieser nimmt sich Regisseur und Drehbuchautor Martin Zandvliet in seinem dritten Spielfilm vor: 2.000 deutsche Soldaten, viele davon noch minderjährig, wurden von den dänischen Siegern als Minensucher missbraucht. Und am Ende auch verheizt, rund die Hälfte davon starb oder wurde zumindest während der Einsätze verletzt.

Wäre es nicht ausgerechnet ein Däne, der sich dem eigenen dunklen Erbe stellt, der Verdacht der Relativierung deutscher Kriegsverbrechen läge auf der Hand. Umso mehr, da die Figuren in Unter dem Sand recht schematisch gezeichnet sind: Auf der einen Seite haben wir die deutschen Jungs, die eigentlich alle ganz nett sind und denen man kaum dieses schreckliche Schicksal wünschen würde. Und auf der anderen Seite die verbitterten Dänen, welche das Leid der Jungs genießen oder denen die Einheit im besten Fall egal ist. Ob sie nun beim Entschärfen der Minen in die Luft fliegen oder verhungern – sie bekommen schon mal tagelang nichts zu essen –, spielt für sie keine Rolle. Als eine Bäuerin erfährt, dass die ausgehungerten Deutschen bei der verzweifelten Suche nach Nahrung versehentlich Rattengift zu sich genommen haben, kann sie sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Derlei schockierende Momente gibt es in Unter dem Sand zuhauf. Fast schon thrillergleich werden hier nicht nur in unschöner Regelmäßigkeit die Jugendlichen zerfetzt, sondern auch die Nerven der Zuschauer. Dass die Minen naturgemäß nicht zu sehen sind und damit jeder Schritt gleichzeitig der letzte sein könnte, treibt die Spannungskurve immer wieder auf fast unerträgliche Höhen – gerade auch, da das tägliche Grauen in einem so starken Kontrast zu der idyllischen Szenerie mit den makellosen Stränden, den rauschenden Wellen und dem blauen Himmel steht.

Um die durch den zynischen Umgang mit Menschenleben erzeugte düstere Stimmung ein wenig aufzulockern, setzte Zandvliet aber auch Zeichen der Versöhnung, indem er Rasmussen zu einem mitfühlenden Ersatzvater heranwachsen lässt, der die Deutschen zwar hasst, die Jungs aber mag. Auch wenn Unter dem Sand an der Stelle recht konventionell wird und etwas zu offensichtlich gut gemeint, verfehlen die Szenen doch nicht ihre Wirkung, an denen Alters- und Ländergrenzen im Sand verschwinden, beide Seiten einfach nur Menschen sein dürfen. Dass man die Jungs oft kaum voneinander unterscheiden kann, hier nur in Ausnahmefällen tatsächliche Charaktereigenschaften zu finden sind, trübt den Eindruck nicht allzu sehr, die deutsch-dänische Ko-Produktion ist eine sehenswerte, oft harte Auseinandersetzung mit einer eher obskuren Geschichtsfußnote sowie ganz allgemein mit dem Hass und Verletzungen, die ein Krieg auch bei eigentlich Unbeteiligten hervorruft.



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Junge deutsche Kriegsgefangene müssen dänische Strände von Tretminen säubern: „Unter dem Sand“ widmet sich einem unbekannteren Epilog des Zweiten Weltkriegs und erzählt eine harte, oft nervenzerreißende Geschichte. Das ist trotz der schematischen Figuren und dem etwas zu gewollten Zeichen der Versöhnung sehenswert.
7
von 10