Ein Hologramm fuer den Koenig
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Ein Hologramm für den König

(„A Hologram for the King“ directed by Tom Tykwer, 2016)

Ein Hologramm fuer den Koenig
„Ein Hologramm für den König“ läuft ab 28. April im Kino

In der letzten Zeit besteht das Leben des US-Managers Alan Clay (Tom Hanks) aus einer Ansammlung von Krisen. Nicht nur, dass seine Ehe gescheitert ist, sein Unternehmen steht vor dem Aus. Umso wichtiger wäre es daher, dem saudi-arabischen König eine holografische Telekommunikationsanlage für die geplante Wüstenmetropole zu verkaufen. Aber genau das gestaltet sich schwieriger als gedacht, Tag für Tag werden Clay und sein Team vor Ort vertröstet, der Regent lässt sich einfach nicht blicken. Während dem Amerikaner nichts anderes übrig bleibt als zu warten, lernt er über seinen einheimischen Taxi-Fahrer Yousef (Alexander Black), die dänische Geschäftsfrau Hanne (Sidse Babett Knudsen) und die ihn behandelnde Ärztin Zahra (Sarita Choudhury) langsam das Land kennen und schätzen.

Rund dreieinhalb Jahre ließ uns Deutschlands wohl bekanntester Regieexport Tom Tykwer nach Cloud Atlas warten, bis er die Leinwände dieser Welt wieder mit einem Film beehrte. Erneut nahm er sich hierfür eine literarische Vorlage – in diesem Fall der Bestseller von Dave Eggers –, erneut arbeitete er hierfür mit Tom Hanks zusammen, erneut entführt er uns in eine fremde Welt. Ansonsten aber könnten die beiden Werke unterschiedlicher kaum sein. Erschlug uns sein ambitioniertes Dreistundenepos mit sich überschneidenden Geschichten und Zeitaltern, ist das hier alles einfacher, intimer und persönlicher. Und vor allem witziger.

Das liegt natürlich in erster Linie an dem starken Kontrast zwischen Protagonist und Umfeld. Wenn ein zielstrebiger Amerikaner, der die Arbeit immer vor Familie und Gesundheit stellte, auf ein Land trifft, das sich nicht groß für Absprachen interessiert, dann knirscht das schon mal schnell. In bester Culture-Clash-Manier dürfen wir zusehen, wie Clay regelmäßig an den Eigenheiten Saudi-Arabiens verzweifelt, die für ihn so überhaupt keinen Sinn ergeben wollen. Dabei vermeidet es Ein Hologramm für den König, sich zu sehr auf eine Seite schlagen zu wollen, eigentlich bekommen beide hier ihr Fett weg, teilweise werden Klischees genutzt und dadurch in eine Karikatur verwandelt.

Das hätte leicht im reinen Klamauk enden können, wäre da nicht diese traumartig-märchenhafte Atmosphäre, die durch die wunderbaren Aufnahmen der Wüste entstehen, welche durch die so unpassend im Nirgendwo errichtete, bislang menschenleere Stadt auch leicht ins Surreale abgleitet. Doch je stärker der Film fortschreitet, umso mehr wird die Fremde dafür genutzt, Clay in sich selbst hineinschauen zu lassen, alles zu hinterfragen, woran er bisher glaubte. Die leise Melancholie erinnert an Lost in Translation, wo ebenfalls ein Mann im fortgeschrittenen, mittleren Alter die Konfrontation und Isolation zu einem Selbstfindungstrip nutzt – was in seiner Zerrissenheit beim zweifachen Oscarpreisträger Tom Hanks in besten Händen ist.

Zu lachen gibt es anschließend weniger, auch wenn gerade Yousef mit seinem wunderbaren Sinn für Humor und seine groteske Fehde mit einem Landsmann nach wie vor immer mal wieder für kleine humorvolle Glanzpunkte sorgt. Aber es sind andere Themen, die sich einschleichen und zwischendurch in den Vordergrund schieben: der Wettstreit zwischen Tradition und Moderne, die Rolle der Frau in einem arabischen Land, der Umgang mit fremden Kulturen, das richtige Verhältnis von Privatem und Geschäftlichem. So kunstvoll und kontinuierlich fließen die einzelnen Bereiche ineinander, dass zum Ende gar nicht mehr klar ist, wovon Ein Hologramm für den König eigentlich noch handelt. Zusammen mit dem etwas zu starken Endfokus auf die romantische Begegnung mit Zahra schwächelt die Tragikomödie leider gerade auf den letzten Metern, ist so verloren wie die leerstehende Stadt. Vorher gab es aber so viele schöne und unterhaltsame Momente zu erleben, Dinge zu sehen und Ideen zu verfolgen, dass man die Reise ins ferne Saudi-Arabien mit einem Lächeln beendet.



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Was als witzige Culture-Clash-Komödie beginnt, wird in der Romanverfilmung „Ein Hologramm für den König“ zu einem zunehmend komplexeren Geflecht der verschiedensten Themen. Das wirkt zum Schluss etwas ziellos, ist aber insgesamt unterhaltsam, auch aufgrund der wunderbaren Wüstenaufnahmen und der märchenhaften Atmosphäre.
8
von 10