Ghost in the Shell 2 Innocence
© 2004 Shirow Masamune/Kodansha • IG, ITNDDTD Production Committee 116739

(„Kōkaku Kidōtai Inosensu“ directed by Mamoru Oshii, 2004)

Ghost in the Shell 2 InnocenceDrei Jahre sind vergangen, seitdem Major Motoko Kusanagi ihren physischen Körper verloren hat und mit dem Netz verschmolz. Und so liegt es an Batou und Togusa, als Mitglieder der geheimen Einheit Sektor 9 die rätselhafte Todesserie aufzuklären: Eine Reihe von Menschen sind aufgrund defekter Sexroboter ums Leben gekommen. Aber waren es wirklich Fehlfunktionen? Oder steckt da doch mehr dahinter? Schließlich verfügten die Puppen ganz offensichtlich über ein Bewusstsein, was sie offiziell nicht haben dürften.

Lange haben Fans des Kultanime Ghost in the Shell darauf warten müssen, dass die Geschichte um den Major, Sektor 9 und Cyborgs eine Fortsetzung findet. Dafür gab es innerhalb kürzester Zeit gleich zwei. Doch auch wenn Ghost in the Shell: Stand Alone Complex und Ghost in the Shell 2: Innocence in derselben Gesellschaft spielen, sich einige Protagonisten teilen sowie auch diverse Themen, so sind die Serie und der Film doch zwei deutlich unterschiedliche Interpretationen des gleichnamigen Mangas von Masamune Shirow. Während erstere einen größeren Fokus auf Action legte, ist Innocence wie auch der erste Film stärker an philosophischen Überlegungen interessiert.

Was macht einen Menschen aus? Können Maschinen eine Lebensform sein? Welche Bedeutung haben Erinnerungen für unsere Persönlichkeit? Mamoru Oshii hatte schon 1995 die zunehmende Technologisierung unserer Gesellschaft zum Anlass genommen, um ganz grundsätzliche Fragen zu stellen. Das tut er auch hier, nähert sich dem Thema aber von der anderen Seite her. In Teil eins waren es die Menschen, welche sich Körperteile durch technologische und überlegene Alternativen ersetzen ließen. Dieses Mal sind es die Roboter, denen ein Bewusstsein eingepflanzt wird – der nächste Schritt, um die Grenzen zwischen Mensch und Maschine weiter verschwimmen zu lassen.

Dabei geht Oshii hier noch weiter, entfernt sich immer stärker weg von dem Konkreten, hin zu versponnenen Ideen und Gedankenkonstrukten, die zugleich auch etwas Traumartiges an sich haben. Oft ist man in Innocence gar nicht sicher, ob wir uns noch in der Realität aufhalten oder in einer Illusion unterwegs sind – was auch damit zusammenhängt, dass die Vernetzung der Gesellschaft zu einer großen Manipulationsanfälligkeit von außen geführt hat. Wer kann schließlich schon genau sagen, ob die Bilder, die uns umgeben, mit einem Objekt zusammenhängen oder kreiert wurden?

Das macht den zweiten Langfilm der Science-Fiction-Reihe manchmal etwas frustrierend konfus und unzuverlässig, an einigen Stellen schleicht sich der Gedanke ein, dass hinter den kryptischen Dialogen und seltsamen Situationen keine wirklichen Inhalte stecken. Spannend ist Innocence, schließlich darf man zeitgleich mit den Protagonisten nach und nach wie in einem Krimi herausfinden, was es mit den mysteriösen Fehlfunktionen auf sich hat. Nur wird der Aspekt immer wieder vernachlässigt, um eben doch das Existenzielle voranzutreiben, die eigentliche Handlung kommt ins Stocken, wird zu einer Nebensache.

War Ghost in the Shell in der Hinsicht noch runder, überzeugt der Nachfolger aber durch seine unheimliche Atmosphäre, die manchmal selbst einem Horrorfilm Ehre machen würde. Die düsteren Bilder, die beängstigenden Puppen, vor allem die surrealen Szenen während eines Umzugs und im letzten Drittel – Oshii zelebriert geradezu das Alptraumhafte, raubt einem wiederholt den Atem. Stärker noch als zuvor weckt der Beitrag vom Fantasy Filmfest 2005 daher den Eindruck, eine Dystopie zu sein, selbst wenn hier keine Unterdrückung durch Staat oder Unternehmen thematisiert wird, die Menschen leben können, wie es ihnen gefällt. Für Liebhaber unschöner Zukunftssausichten ist der Film deshalb sehenswert, für Freunde gehobener Animationskunst ebenso – Studio Production I.G gelingt hier eine sehr stimmige Verschmelzung von klassischen 2D-Elementen und Computergrafiken, welche auch die inhaltliche Untrennbarkeit von Mensch und Maschine wieder aufgreift. Abgerundet wird das Vergnügen durch die futuristischen Designs und den dazu passenden Soundtrack.



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„Ghost in the Shell 2: Innocence“ orientiert sich stärker als die Serie an den philosophischen Mensch-Maschine-Überlegungen des ersten Films. Manchmal ist das etwas übertrieben kryptisch, dafür insgesamt aber spannend und von einer unheimlich-surrealen Atmosphäre.
7
von 10