Liebe und andere Kleinigkeiten

Liebe und andere Kleinigkeiten

(„The Details“ directed by Jacob Aaron Estes, 2011) 

Liebe und andere KleinigkeitenWenn es so etwas wie eine Bilderbuchehe gibt, dann wäre ihr Porträt im Vorwort abgedruckt: Seit zehn Jahren sind Jeff (Tobey Maguire) und Nealy Lang (Elizabeth Banks) bereits verheiratet, leben in einem wunderschönen Haus, sind in ihren Berufen erfolgreich, haben einen aufgeweckten, kleinen Jungen, das nächste Kind ist bereits unterwegs. Viel besser kann es also gar nicht mehr werden. Okay, dass die Behörden den für Nachwuchs Nummer zwei geplanten Ausbau nicht genehmigen wollen, ist nicht ganz so toll. Doch die wahren Probleme fangen erst an, als ein übereifriger Waschbär Spaß daran entwickelt, den frisch gelegten Rasen zu ruinieren.

Plötzlich stimmt so gar nichts mehr im Haushalt der beiden, Jeffs geradezu fanatischer Kampf gegen den tierischen Nachbarn führt immer häufiger zu Streit bei den Langs, in dessen Strudel mit der Zeit immer mehr Menschen gezogen werden: die exzentrische Nachbarin Lila (Laura Linney), das befreundete Paar Peter (Ray Liotta) und Rebecca Mazzoni (Kerry Washington) und schließlich noch Jeffs Trainingspartner Lincoln (Dennis Haysbert). Und plötzlich wurde aus dem farbenprächtigen Bilderbuch eine richtig hässliche Horrorgeschichte.

Man nehme eine völlig absurde Situation, in die ein normaler Mensch niemals jemals geraten kann, und springt von da ein bisschen in die Vergangenheit, um den Weg zu dieser Situation zu zeigen – ja, das ist eine gerade im Komödienfach ungemein beliebte Methode, um den Zuschauer von Anfang an den Wegschaltimpuls zu nehmen. Doch selten hat das in der letzten Zeit so gut funktioniert wie hier. Waschbären? Eine Platte mit Salami und Käse? Eine Niere? Wie kann das alles in einem Zusammenhang stehen?Liebe und andere Kleinigkeiten Szene 1

Tatsächlich ist das die große Stärke von Liebe und andere Kleinigkeiten. Auch wenn der Titel auf eine weitere Liebeskomödie schließen lässt, von reinen Gefühlen kann hier nicht die Rede sein. Hinter der makellosen Fassade wartet immer die hässliche Fratze, hinter der schönen Geschichte der Alptraum. Sinnbild dafür ist der kleine Waschbär, der den so adrett angelegten künstlichen Garten regelmäßig verwüstet und dabei die dreckige Unterseite zum Vorschein bringt. Und das gilt im übertragenen Sinn natürlich auch für Jeff, der so unscheinbar nette Frauenarzt, der heimlich Pornos schaut, sich und anderen etwas vormacht, Regeln gerne mal zum eigenen Vorteil ignoriert und bei der Jagd auf den Waschbären sogar eine sadistische Seite zeigt.

Tobey Maguire ist für eine solche Rolle natürlich die Idealbesetzung, denn der wirkt auch als Enddreißiger so, als könne er kein Wässerchen trüben, der kleine, nette Junge von nebenan mit hoher Schwiegermutterkompatibilität. Auch Laura Linney ist ein Hauptgewinn für Liebe und andere Kleinigkeiten. Wenn sie als überdrehte, liebestolle und esoterisch angehauchte Nachbarin immer so ziemlich das genaue Gegenteil von dem tut, was man gemeinhin als normales Verhalten bezeichnen würde, macht das schon richtig Spaß. Im Vergleich dazu fallen die anderen Figuren deutlich ab, vor allem Nealy Lang ist für eine Hauptfigur doch sehr blass gezeichnet.Liebe und andere Kleinigkeiten Szene 2

Doch das größere Problem liegt in der Unentschlossenheit des Films. Von Anfang vereint Liebe und andere Kleinigkeiten Elemente einer Vorstadtsatire mit einer regulären Komödie um einen Mann, der ohne große Eigenschuld immer tiefer ins Chaos schlittert. Während diese Balance noch gut gelungen ist, meinte Regisseur und Drehbuchautor Jacob Aaron Estes bei seinem zweiten Film auch noch mehr sein zu wollen und lässt ihn gerade zum Schluss hin überraschend ernst werden. Nur nimmt man ihm das nicht ab. Vorher wurde so kräftig an der Absurdität geschraubt, dass Estes beim Versuch, die Bahn zu wechseln, der Film entgleist. Wirklich komisch ist die Komödie da nicht mehr, bewegend aber auch nicht. Dafür sind die Handlungen der Figuren da nicht nachvollziehbar genug, passen so gar nicht zu deren Verhalten in den ersten zwei Dritteln. Und das ist mehr als schade, denn Lacher gab es unterwegs mehr als genug, so viele, dass Freunde schwarzer Komödien trotz des unbefriedigenden Endes einen Blick auf den Film werfen dürfen.

Liebe und andere Kleinigkeiten ist seit 3. Juli auf DVD und Blu-ray erhältlich



(Anzeige)

Der Anfang ist stark, gerade die vielen absurden Einfälle und Verstricken sorgen für gute Unterhaltung. Problematisch wird es, wenn Liebe und andere Kleinigkeiten später mehr sein will als eine schwarze Komödie und dabei aus der Bahn gerät.
6
von 10