Thale

Thale – Ein dunkles Geheimnis

(„Thale“, directed by Aleksander Nordaas, 2012)

Skandinavier reden nicht viel. Wer das für ein Vorurteil hält, wird in diesem Film eines besseren belehrt. Minuten der Stille werden da durchaus schon mal durch ein bloßes „Hm“ unterbrochen. Andererseits, worüber sollten sich Leo (Jon Sigve Skard) und Elvis (Erlend Nervold) schon unterhalten? Wer beruflich Tatorte von menschlichen Überresten befreit, hat vermutlich nicht so das große Bedürfnis, über die Arbeit zu plaudern. Kein Wunder also, dass die Dialoge zwischen den Kollegen, nun, sagen wir mal etwas sparsam ausfallen.

Dass die beiden so wenig miteinander sprechen, könnte aber auch an dem aktuellen Fall liegen, der selbst dem hartgesottensten Tatortreiniger die Sprache verschlägt. Eine Hütte tief im Wald, eine versteckte Tür im Keller und zahllose Fragen. Wofür waren die ganzen Maschinen hier? Was bedeuten die eigenartigen Aufzeichnungen? Und vor allem: Wer ist diese nackte dafür umso kräftigere Frau in der Wanne? Viele Fragen, ja, aber wenig Antworten. Klar ist nur, dass hier irgend etwas Seltsames vor sich gegangen sein muss. Und das auch schon ziemlich lange. Jedenfalls sprechen dafür die Konservenbüchsen im Keller, die seit mehr als 20 Jahren abgelaufen sind.

Auch die junge Frau (Silje Reinåmo) bringt nur wenig Licht ins Dunkel der Hütte. Zwar verfolgt sie mit misstrauischem Blick sehr aufmerksam, was die beiden Männer da treiben. Aber Small Talk liegt ihr noch weniger als Leo und Elvis. Genauer sagt sie im Laufe des Films kein Wort. Nichts. Nicht einmal „Hm“. Was also tun, um das Geheimnis zu lüften? Einziger Anhaltspunkt sind die Kassettenaufnahmen, auf denen der Verstorbene seine Geschichte festhielt. Das erinnert vom Prinzip natürlich erst einmal an andere bekannte Vertreter der sogenannten „Found footage“-Horrorfilme wie Blair Witch Project oder Paranormal Activity, auf denen ebenfalls alte Aufnahmen Einblicke in die Vergangenheit geben.

Aber Thale ist alles andere als eine Kopie und versetzt Elemente des Horrorfilms mit denen anderer Genres und krönt das Ganze mit einem kräftigen Schuss Humor. Verantwortlich für Letzteres ist in erster Linie das kauzige Duo, das mit skurriler Komik die Aufmerksamkeit der Zuschauer an sich bindet und so einen Gegenpol zu der mysteriösen Frau bildet. Quasi der Comic relief innerhalb der düsteren Fantastik. Bis zum Schluss schwankt der Film so zwischen sympathischen Humor und der Spannung, worum es eigentlich geht. Denn spannend ist der Film auf alle Fälle, obwohl – oder gerade weil? – er fast ausschließlich in den 2-3 winzigen Räumen der Hütte stattfindet.

Schade nur, dass die Drehbuchschreiber zum Ende hin meinten, vielleicht ein bisschen viel in die Geschichte packen zu wollen. Dafür ist Thale mit 76 Minuten dann doch zu kurz und die ein oder andere Frage bleibt so auch nach dem Abspann noch offen. Wen das nicht stört, erwartet ein kleiner, gut gemachter Fantasyfilm, der nicht nur Genrefans gefallen sollte. Man sollte sich aber vom Trailer nicht zu sehr täuschen lassen, der Film ist bei weitem nicht so dramatisch und actionreich wie dort suggeriert wird. Vielmehr ist Thale so wie seine beiden Helden: verschroben und ruhig.

 Thale – ein dunkles Geheimnis ist seit 30. November auf DVD und Blu Ray erhältlich



(Anzeige)

Thale ist ein gelungener Genremix, der spannende und komische Elemente miteinander verbindet. Freunde des Fantastischen, für die Humor, Märchen und teils brutaler Thriller keinen Gegensatz darstellen und auch nicht alles haarklein erklärt bekommen wollen, sollten sich den ruhigen Film aus dem hohen Norden einmal anschauen.
7
von 10