Pepi, Luci, Bom und der Rest der Bande

Pepi, Luci, Bom und der Rest der Bande

(„Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón“, directed by Pedro Almodóvar, 1980)

 

Anmerkung: Der Film Pepi, Luci, Bom und der Rest der Bande wird hier als Teil der von Universum Film herausgegebenen „Pedro Almodóvar Box Nr. 4: Dolor/Schmerz“ besprochen, die kürzlich mit den zwei anderen Filmen Matador und Zerrissene Umarmungen veröffentlicht wurde.

„Ich wollte meine Unschuld verkaufen, aber dann wurde ich vergewaltigt und das ging nicht mehr.

Pepi, Luci, Bom und der Rest der Bande ist einer der ersten Filme vom spanischen Regisseur Pedro Almodóvar, der zur Entstehungszeit noch bei der spanischen „Telefónica“-Gesellschaft angestellt war. Aufgrund dieser Beschäftigung zogen sich die Dreharbeiten zu diesem obskuren kleinen Werk  über mehrere Monate hin – kein Resultat von übermäßigem Perfektionismus des Regisseurs, sondern ein Ergebnis, das man erhält, wenn Dreharbeiten nur in der Freizeit möglich sind. Herausgekommen ist eine äußerst skurrile, surrealistisch angehauchte Farce über eine Gruppe von Teenagern, die in den 80er Jahren größtenteils in einem Bandkeller abhängt und Marihuana konsumiert.

Ein Mitglied dieser Gruppe ist Pepi (Carmen Maura), die eines Nachmittages Sammelbilder von Superman in ein Album klebt, als es an der Tür klopft und ein Polizist in Zivil, der gegenüber wohnt, sie überrascht. Als er ihre Marihuana-Pflanzen auf dem Balkon entdeckt, macht Pepi ihm ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann, denn wenn sie ihm gestattet, an ihrer Vagina zu lecken, würde er sie nicht anzeigen. Der Mann gibt sich jedoch nicht zufrieden und vergewaltigt die Jungfrau Pepi, die sich daraufhin an ihrem Peiniger rächen will. Zu diesem Zweck heuert sie ihre Freunde an, die den Polizisten eines Abends auf einsamer Straße zusammenschlagen sollen.

Was jedoch keiner ahnt ist, dass dieser Polizist einen Zwillingsbruder hat und so geschieht es, dass die falsche Person die Prügel einstecken muss. Dies ist ein Grund für Pepi, sich mit der Gattin des Polizisten – Luci (Eva Siva) –  bekannt zu machen, um auf diese Weise Einfluss in das Leben des Gesetzeshüters zu nehmen. Die Vergewaltigte nimmt bei Luci Strickunterricht, bemerkt jedoch bald die masochistischen Vorlieben der scheinbar so biederen Hausfrau, die sich daraufhin der Gruppe um Pepi anschließt. Der Film folgt den Abenteuern der Mädchen, die bald den Plan fassen, ihre Erlebnisse in einem Film zu verarbeiten…

Almodóvars Werk ist nur schwer als „Film“ an sich zu bewerten, sondern eher als filmisches Experiment, das zwar mit einigen originellen und kreativen Ideen aufwartet, als Ganzes aber nicht komplett überzeugen kann. Die Rahmenhandlung der Gruppe Jugendlicher wirkt zu oft wie ein Vorwand für unzählige schmutzige Witze und Darstellungen von Penislängen-Wettbewerben, Urinieren auf fremde Menschen oder plötzliches Vomieren. Pepi, Luci und Bom sind der dünne, rote Faden, der die vielen kleinen Episoden nur scheinbar zusammenhält: zunächst wird Pepi vergewaltigt, will sich dann an ihrem Peiniger rächen, doch sie erwischt den Falschen, woraufhin sie sich an die Frau des Polizisten wendet, die zur Sklavin wird, ehe man auf die Idee kommt, das Abenteuer zu verfilmen.

All das sind abgeschlossene Episoden, die teils mehr, größtenteils aber weniger geschickt zusammengewebt wurden, um den Eindruck eines geschlossenen Ganzen erwecken zu können. Augenscheinlich handelt der Film lediglich von Sex und Perversionen und auch auf einen zweiten Blick fällt es schwer, eine tiefere Botschaft in dieses Werk zu interpretieren, das einen surrealistischen Anstrich hat, aber keine tiefsinnige, intellektuelle Botschaft liefert, wie dies die meisten ähnlich gelagerten Streifen zu tun pflegen. Pepi, Lucie, Bom und der Rest der Bande ist insgesamt eher als ein Porträt seiner Entstehungszeit zu beschreiben, in der sich Jungs als Bandmitglieder, mit Achselhaaren und Schnurrbärten ausgestattet, in Bandkellern aufhielten, zusammen mit einigen Freundinnen, um diese dort zu beeindrucken. Was dieses Werk davor rettet, ein verzichtbares, mit Geschmacklosigkeiten angereichertes Relikt seiner Zeit zu sein, ist der skurrile Humor, der aufgrund seiner Absurdität gut unterhält und zum Schmunzeln anregt. Die meisten dieser Scherze sind derart platt, dass sie stets drohen, bei diesem nicht anspruchslosen Werk aus dem Rahmen zu fallen. Doch auch hier gibt es kreative Ausnahmen, die vor Allem in einem Werbespot zu bewundern sind, indem eine Unterhose angepriesen wird, welche die größten Fürze in einen angenehmen Duft verwandeln können.

Es fällt schwer, Pepi, Luci, Bom und der Rest der Bande als Spielfilm ernst zu nehmen. Ein Konzept ist zwar zweifellos vorhanden, doch die Einfälle, Ideen und Einschübe, die sich zwischen Plattheit und Anspruch bewegen, sind aufgrund dessen derart verschieden, dass sie keinesfalls für ein rundes Ganzes sorgen – unabhängig davon, ob der Zuschauer für Fäkalwitze etwas übrig hat oder nicht. Es bleibt ein ungewöhnlicher, in Teilen gelungener und keinesfalls uninteressanter Streifen, der vor Allem Liebhaber des „Trash-Genres“ ansprechen dürfte, aber für die breite Allgemeinheit sicher zu ausgefallen ist, um Gefallen wecken zu wecken. Da dieser Episodenfilm niemals in den deutschen Kinos gelaufen ist und daher auch nicht synchronisiert wurde, hat ihn Universum Film nun im Originalton mit deutschen Untertiteln herausgegeben. Abgesehen von einem kurzen Making of, das in der DVD-Hülle abgedruckt ist, fehlen jegliche Extras, was zu verschmerzen wäre, wäre die Bildqualität des Datenträgers nicht derart inakzeptabel. Nimmt man den Fakt in Kauf, dass es sich bei Pepi, Luci, Bom und der Rest der Bande um ein mit kaum vorhandenem Budget gedrehtes Experiment handelt, hat immer noch ein teilweise sehr verrauschtes Bild zu beklagen, das von Verschmutzungen und an einer Stelle gar Rissen durchzogen ist.



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