Menschenfeind

Menschenfeind

Kritik

Menschenfeind
„Menschenfeind“ // 5. Juli 2004 (DVD)

Der reine Wahnsinn. Nachdem ich ihn schon vor etwas längerer Zeit gesehen habe habe ich mir nun endlich die DVD zugelegt. Bekannt für seine kontroversen und provokanten Filme, schaffte Gaspar Noé hiermit einen der interessantesten Filme, die ich überhaupt kenne. In kurzen, knackigen 90 Minuten Laufzeit erfährt man (fast) alles über das Leben eines französischen Metzgers (Phillipe Nahon). Als Waisenkind in einem Heim aufgewachsen, wird er bald von einem Priester im Namen Gottes seiner Unschuld beraubt. Später, nachdem eine Affäre zu einer Tochter, Cynthia (Blandine Lenoir), führt und sich dessen Mutter aus dem Staub macht, scheint er endgültig gebrochen zu sein. Sein Kind verlässt er bald, sie kommt in eine Psychiatrie. Seine Metzgerei macht Pleite, er lernt eine neue Frau (Frankye Pain) kennen. Sie überredet ihn, alles zu verkaufen und mit ihr von Paris irgendwo in die Nähe von Lille zu ziehen. Er ist arbeitslos, seine neue Frau ist schwanger und trampelt auf ihn rum, da sie die Kohle und das Sagen hat. Vergeblich sucht er einen Job, doch für einen Ex-Knacki ist dies nicht so einfach. Als er noch jung war, hatte er nämlich mit einem Messer auf einen Unschuldigen eingestochen, da er glaubte, dieser habe seine Tochter vergewaltigt. Sie hatte zum ersten mal ihre Periode. Mittlerweile 50, nimmt er einen miesen Nachtjob an. Als die Situation mit seiner neuen Frau und seiner Schwiegermutter unerträglich wird, verprügelt er erstere dermaßen, dass sie ihr noch ungeborenes Kind verliert. Er nimmt eine Pistole mit drei Kugeln an sich und flüchtet wieder zurück nach Paris. Mit 300 Franc will er sich dort durchschlagen. Nach 15 Jahren Abwesenheit, ist die Hauptstadt aber ganz anders als er sie verlassen hat. Überall herrscht das Elend, seine ehemaligen Kunden und Lieferanten sind entweder ebenfalls arbeitslos oder sie arbeiten für einen großen Schlachthof-Unternehmen zu miesen Bedingungen. Als er keinen anderen Ausweg mehr sieht, beschließt er für den eingebildeten Schlachthof-Besitzer zu arbeiten. Als dieser ihn jedoch aufgrund seiner Vorstrafen ablehnt, steht der Metzger – dessen Namen man nie erfährt – kurz vor dem Ausrasten: Er will seine Tochter und sich umbringen um dieser kalten, grausamen Welt zu entkommen….

Gaspar Noé greift wichtige, gesellschaftliche Themen auf und lässt diese seinem Hauptcharakter verarbeiten. Der Zuschauer erfährt dabei den Großteil der Geschichte über die Monologe des Metzgers, die teilweise sehr makaber und hart sind, aber immer einen wahren Kern beinhalten. Die Biographie im Schnelldurchlauf eines Verlierers möchte man meinen, doch wenn der Metzger über die Zustände unserer Welt nachdenkt, bekommt man schnell das Gefühl, dass es sich hier um einen ganz besonderen Streifen und einer interessanten Weltanschauung geht. Dabei kommen Themen wie Rassismus oder etwa Vorurteile auch nicht zu kurz. Der Zuschauer sollte auf keinen Fall den Fehler machen und den Metzger anhand äußerlicher Umstände verurteilen. Er, der distanziert ist, hat den Vorteil eine andere Perspektive als die Menschen im Film zu haben und sollte diese nutzen, um über die Geschehnisse am Bildschirm zu reflektieren. Ein Film über Einsamkeit. Ein Film über Verzweiflung. Ein Film über Hass. Ein Film über Menschen. Der deutsche sowie der französische Original-Titel sprechen dabei Bände.

Credits

OT: „Seul contre tous“
Land: Frankreich
Jahr: 1998
Regie: Gaspar Noé
Drehbuch: Gaspar Noé
Kamera: Dominique Colin
Besetzung: Phillipe Naho, Blandine Lenoir, Frankye Pain

Filmfeste

Cannes 1998
Telluride Film Festival 1998
Toronto International Film Festival 1998
Sitges 1998
Sundance 1999
International Film Festival Rotterdam 1999

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