No Turning Back

No Turning Back

(„Locke“ directed by Steven Knight, 2013)

No Turning BackKann ein einziger Tag das ganze Leben zerstören? Bei Ivan Locke (Tom Hardy) lautet die Antwort eindeutig ja. Ein einfacher Seitensprung unter Alkoholeinfluss, mehr verbindet ihn nicht mit Bethan (Stimme: Olivia Colman). Und seit dieser unglücklichen Betriebsfeier hatte der Bauingenieur auch nichts mehr von ihr gehört. Bis heute, als sie ihm am Telefon eröffnet, schwanger von ihm zu sein und kurz vor der Entbindung zu stehen. Das ist nicht nur seiner Frau Katrina (Stimme: Ruth Wilson) schwer zu vermitteln, auch auf seine Arbeit hat dies einen direkten Einfluss. Denn statt bei einem wichtigen Termin dabei zu sein, macht er sich auf den Weg ins Krankenhaus und gibt per Telefon Donal (Stimme: Andrew Scott) die nötigen Anweisungen, um das Projekt zu retten.

No Turning Back ist einer dieser Filme, bei denen man sich im Vorfeld fragt, wer denn auf eine solche Idee kam. Warum sollte ich als Zuschauer sehen wollen, wie ein Mann anderthalb Stunden lang Auto fährt und dabei ein Telefongespräch nach dem anderen führt? Wer No Turning Back gesehen hat, wird diese Frage nicht mehr stellen. Von Anfang an sitzt man gebannt vor dem Bildschirm, fragt sich, ob Ivan das Chaos in Ordnung bringen kann, fiebert irgendwann sogar mit ihm mit. Und dass obwohl hier anders als bei Thrillern üblich überhaupt keine Lebensgefahr herrscht, streng genommen auch nicht wirklich was passiert.No Turning Back Szene 1

Die Abwechslung beschränkt sich darauf, welches Auto gerade draußen am Fenster vorbeifährt, manchmal schnäuzt sich der grippekranke Bau-Ingenieur die Nase. Das war es aber auch schon. Andere Schauplätze gibt es nicht, wir beginnen mit dem Wageninneren und hören rund 90 Minuten später auch damit auf. Von der Außenwelt bekommen wir ebenso wenig mit: Die Nachtaufnahmen von der Autobahn sind sicherlich sehr hübsch anzusehen, doch aufgrund der Tageszeit verschwindet die Landschaft in der Dunkelheit. Sicher gibt es immer wieder kammerspielartige Filme mit sehr beschränktem Schauplätzen, doch ähnlich radikal reduziert wie hier geht es nur selten zu – No Turning Back hätte genauso gut auch als Hörspiel umgesetzt werden können.

Dass das Ganze überhaupt in Filmform funktioniert – und das sogar sehr gut – ist in erster Linie auf zwei Namen zurückzuführen: Steven Knight und Tom Hardy. Knight, der von Haus aus Drehbuchautor ist, hier zudem noch Regie führte, schrieb seitenweise pointierte und doch auch glaubwürdige Dialoge. Für eine richtige Charakterstudie reichen die zwar nicht aus, dafür sind sie letztendlich zu thematisch einseitig und bieten über die jeweiligen Probleme (Geburt, Partnerschaft, Arbeit) hinaus keine wirklichen Anknüpfungspunkte. Doch auch hier wurde der Mut zum Minimalismus belohnt, durch die ständig wechselnden Gesprächspartner bleibt die befürchtete Langeweile komplett aus.No Turning Back Szene 2

Hardy wiederum meistert die schwierige Aufgabe mit Bravour, (fast) allein die Aufmerksamkeit der Zuschauer an sich binden zu müssen. Wenn er als gewissenhafter Mann alles opfert, um einen Fehler wieder gutzumachen, gehört ihm nicht nur die Sympathie des Publikums, er beweist auch, dass er keine grotesken Kostüme wie in The Dark Knight Rises braucht, um die Kameras bis in den letzten Winkel mit seiner bloßen Präsenz zu füllen. Dafür reichen manchmal auch einfach ein Auto und ein Telefon.

No Turning Back erscheint am 23. Oktober auf DVD und Blu-ray

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Ein Mann telefoniert anderthalb Stunden und wir schauen ihm dabei zu. Hört sich langweilig an, ist aber aufgrund der starken Präsenz von Tom Hardy und der pointierten Dialoge so spannend, dass das beschränkte Drumherum kaum noch auffällt.
8
von 10