In Fear

In Fear

(„In Fear“ directed by Jeremy Lovering, 2013)

In FearWir haben nichts zu fürchten außer der Furcht selbst. Oder vielleicht doch?

Es hätte eine so schöne Überraschung sein sollen: Eigentlich auf dem Weg zu einem Musikfestival reserviert Tom (Iain De Caestecker) sich und seiner neuen Flamme Lucy (Alice Englert) ein Zimmer in einem abgelegenen Hotel. Doch wie abgelegen es ist, das hätte keiner von ihnen geahnt. Als sie in dem kleinen Wald ankommen, ist der Weg zwar immer schön ausgeschildert. Nur führen die Wegweiser nirgends hin und auch die Karte hilft ihnen nicht weiter. Während die beiden sich in dem Labyrinth aus Bäumen, Dickicht und Straßen sich immer weiter verfahren, es langsam Nacht wird und auch das Benzin langsam knapp wird, kommt beiden eine furchtbare Ahnung: Das ist kein Zufall. Da treibt sich noch jemand außer ihnen im Wald herum und beobachtet sie.

Selbst wer in seinem Leben schon viele Horrorfilme gesehen hat und entsprechend viel Genreerfahrung mitbringt, darf sich hier auf einen recht bemerkenswerten Beitrag aus England freuen. Regisseur und Drehbuchautor Jeremy Lovering, der vor Kurzem eine Folge der dritten Staffel von Sherlock inszenieren durfte, zeigt gerade in der ersten Hälfte ein sicheres Händchen für Atmosphäre. Tief hängende Bäume, die es unmöglich machen, sich zu orientieren, enge Straßen, eine allmähliche Dunkelheit, viel Regen, dessen Tropfen sich mit der unheimlichen Musik abwechseln – hier wird schnell das Gefühl von Bedrohung aufgebaut, obwohl nichts passiert. Oder vielleicht auch genau deshalb.In Fear Szene 1

Schön ist, wie Lovering lange offen lässt, ob da überhaupt eine tatsächliche Bedrohung existiert oder ob sie nicht eine Einbildung der beiden ist. Vor allem Lucy zeigt schnell paranoide Züge, obwohl es keinen konkreten Anlass dafür gibt. Natürlich ahnt man als Zuschauer, dass da etwas nicht stimmen kann, mehrere Andeutungen und Genrestandards wie eine verlassene Hütte mit „Keep Out“-Schild sprechen meistens eine eindeutige Sprache. Und doch, so ganz sicher kann man sich nie sein. Ähnlich wie beim Klassiker Blair Witch Project appelliert auch In Fear erst einmal an unsere Urängste vor dunklen Orten und dem, was dort auf uns lauert und verzichtet dabei dankenswerterweise auch auf „Found Footage“-Spielereien.In Fear Szene 2

Leider jedoch wusste Lovering nicht so recht, wohin er mit der Geschichte eigentlich sollte. Irgendwann biegt er auf einen viel weniger spannenden Weg ab, der zu sehr auf Bewährtes setzt, auf bekannte Szenen aus dem Horrorleitfaden. Das wäre noch zu verschmerzen, wenn dabei nicht die Glaubwürdigkeit derart leiden würde. Denn vieles, von den Ereignissen selbst bis zum Verhalten der Figuren, ist nur noch schwer mit dem eigenen Verständnis für Realität zu vereinbaren. Und erst einmal aus der Illusion gerissen, fällt es schwer, weiterhin mitzufiebern und den Schrecken des verirrten Paares anzunehmen. Interessante Aspekte gibt es auch da noch, beispielsweise Fragen zur Furcht an sich und was sie aus uns macht. Doch auch hier bleibt es bei Andeutungen, ganz darauf einlassen wollte man sich nicht. Schade um das vergeudete Potenzial. Dennoch ist In Fear ein über weite Strecken sehenswerter Genrefilm gewesen, der auf jeden Fall neugierig macht, wohin es Lovering als nächstes verschlägt.

In Fear ist seit 21. August auf DVD und Blu-ray erhältlich



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Sehr starke erste Hälfte, danach etwas enttäuschend. In Fear ist anfangs ein Musterbeispiel für Atmosphäre und vermittelt eine packend-pranoide Stimmung. Später wird es jedoch deutlich konventioneller und auch unglaubwürdiger.
6
von 10