Signs of Mr. Plum

„Signs of Mr. Plum“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Zeichen und Symbole sind allgegenwärtig in unserer Welt. Während auf der einen Seite ihr Verweis auf eine Institution oder einen Konzern klar umrissen scheint, geht auf der anderen Seite ihre Bedeutung weit über dieses Feld hinaus. Konzerne wie Coca-Cola, McDonald’s oder die Deutsche Bank vereinen in ihren Emblemen den Bezug zu ihrer Firmenphilosophie sowie einen Verweis auf die Produkte, die sie anbieten. Andererseits stehen sie auch für einen bestimmten Lebensstil im positiven Sinne oder eben für Ausbeutung und wirtschaftlichen Neokolonialismus. Ein wohlhabender Geschäftsmann wird mit dem Logo einer Bank sicherlich etwas ganz anderes verbinden als jemand, dem gerade sein Kredit verwehrt wurde oder der sein Erspartes während der Wirtschaftskrise 2008 verloren hat. Wenn man also ein neues Zeichen erschafft, erschafft man zugleich ein neues Narrativ – eines, das an die Tradition des vorherigen im positiven Sinne anknüpft, sich aber zugleich von den negativen Assoziationen distanziert. Von daher lohnt sich ein Blick auf die Zeichen, Symbole und Embleme unserer Zeit sowie ihre Schöpfer, um etwas mehr über unsere Welt zu lernen und wie sie funktioniert.

Ein weiterer Aspekt zum Verständnis von Zeichen und Symbolen kommt hinzu, wenn wir die Ideologie hinter ihnen betrachten. Während der Zeit der Volksrepublik Polen war Karol Śliwka einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Grafikdesigner, der nicht nur Logos für Firmen und staatliche Institutionen designte, sondern auch Verpackungen für Waschmittel oder Zigaretten. Über 400 Zeichen entwarf er für unterschiedliche Auftraggeber und prägte damit das urbane und mediale Bild Polens über viele Jahre sowie die internationale Designgeschichte. Das allein wäre schon Grund genug für einen Film wie Signs of Mr. Plum, doch die Filmemacher Urszula Morga und Bartosz Mikołaczyk verfolgten noch eine ganz andere Intention. Ihre Dokumentation, die zuletzt auf der DOK Leipzig 2025 zu sehen war, zeichnet das Porträt eines Menschen, der sich trotz der Allgegenwart seiner Designs in Polen sowie seiner zahlreichen Preise und Ehrungen nie wirklich als Künstler sah. Ihr Film zeigt, wie sich die Wahrnehmung gegenüber den Arbeiten von Künstlern wie Śliwka mit der Zeit veränderte – international wie auch national.

Minimales Design, große Zusammenhänge

Das stereotype Bild des Künstlers oder Designers am Schreibtisch durchbricht Signs of Mr. Plum bereits nach wenigen Minuten. Wir sehen, wie Śliwka auf einem Block mehrere Entwürfe zeichnet, viele verwirft oder energisch mit seinem Bleistift durchstreicht, doch diese Sequenz wird unterbrochen von verschiedenen Aufnahmen aus einer Fabrik. Während der Designer zuletzt ein Logo hat, mit dem er zufrieden ist, erscheint das Logo dann auf einer Verpackung in der Firma, auf einem Fließband neben vielen anderen. Später erklärt Śliwka, wie seine verschiedenen Zeichnungen einer Taube die Grundlage für mehrere Kampagnen gegen Atomwaffen, Friedensbewegungen oder andere Initiativen boten, deren Poster, Flyer und Broschüren für eine Zeit in Polen oder in anderen Ländern der Welt omnipräsent waren.

Die politische Sicht, seine Logos seien lediglich Gebrauchsgegenstände und als solche keineswegs Kunst, scheint Śliwka bis zu einem gewissen Grad nachzuverfolgen, da er auch an der Designschule gelernt hat, dass seine Arbeit nicht mit der eines Künstlers zu vergleichen sei. Die Montagen in Signs of Mr. Plum betonen diese Idee nur scheinbar, denn vielmehr stellen die Filmemacher die Frage, ob Aspekte wie Allgegenwärtigkeit oder Minimalismus prinzipiell Ausschlusskriterien sein sollten oder ob es nicht eine gar engstirnige, snobistische Position ist, wenn man den Einfluss von Śliwkas Arbeiten nicht auch über ihren Gebrauchswert hinaus wertschätzt.

Es sind diese Aspekte, die Signs of Mr. Plum interessant machen. Darüber hinaus dienen vor allem die Heimvideoaufnahmen der Familie des Designers zur Rekapitulation seiner Lebensgeschichte. Parallel verfolgen wir anhand der unterschiedlichen Logos und Entwürfe seinen Werdegang als Künstler sowie seine Wertschätzung unter Kollegen, die dem Herrn, der seine Designs später immer auch mit Śliwka (dt. „Pflaume“) signierte, nicht immer positiv begegneten. Die Wertschätzung bemerkt man in der Dokumentation von der ersten Minute an, doch viel zu selten traut sie sich, Diskussionen oder Aspekte wie die eben aufgeführten aufzugreifen. Als Biografie über Karol Śliwka und sein Werk ist Signs of Mr. Plum ganz brauchbar, als Dokumentation über die Kunstwelt, ihre Beziehung zu „Gebrauchskunst“ oder die politischen Dimensionen hinter dem Schaffen Śliwkas eher weniger.

Credits

OT: „Znaki Pana Śliwki“
Land: Polen
Jahr: 2024
Regie: Urszula Morga, Bartosz Mikołaczyk
Drehbuch: Urszula Morga
Kamera: Bartosz Mikołaczyk

Trailer

Filmfeste

DOK Leipzig 2025

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Signs of Mr. Plum
fazit
„Signs of Mr. Plum“ erzählt die Lebensgeschichte des polnischen Designers Karol Śliwka und zeigt die Hintergründe zu vielen seiner bekannten Designs und deren Wirkung. Als Biografie eines Menschen, dessen Werk lange nicht als Kunst wertgeschätzt wurde, ist die Dokumentation von Urszula Morga und Bartosz Mikołaczyk ganz interessant, aber Diskussionen beispielsweise über die politischen Dimensionen seiner Designs kommen leider zu kurz.
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