
Johan (Magnus Juhl Andersen) arbeitet in der Schwulensauna „Adonis“ in Kopenhagen. Sein Leben besteht aus flüchtigen Begegnungen: Sex mit Barbekanntschaften, Dates über Grindr, körperliche Nähe ohne Bindung. Über die App lernt er auch William (Nina Rask) kennen – ohne dessen Profil wirklich gelesen zu haben. Dass William ein Transmann ist, dessen Transition noch bevorsteht, erfährt Johan daher erst bei ihrem Treffen. Dennoch entwickelt sich zwischen beiden eine zarte Annäherung. Als Johan William schließlich in die „Adonis“-Sauna mitnimmt, fliegt dieser jedoch hinaus – der Zutritt ist „nur für Männer“. Damit wird Johan gezwungen, eine Entscheidung zu treffen: Steht seine Loyalität zu William oder zu dem Teil der queeren Community, dem er sich bislang zugehörig fühlte? Er entscheidet sich für die Liebe – und gegen die Promiskuität, die sein Leben bislang bestimmte. Doch kann eine solche Beziehung unter diesen Voraussetzungen Bestand haben?
Biografische Berührungspunkte
Der 1992 geborene dänische Regisseur Mathias Broe hat für sein Spielfilmdebüt Sauna gemeinsam mit William Lippert den gleichnamigen Roman von Mads Ananda Lodahl adaptiert. Das Thema – die Liebe eines homosexuellen Cis-Mannes zu einem Transmann – berührt einen biografischen Punkt. Wie Broe in einem Interview mit dem US-amerikanischen Branchenmagazin Variety anlässlich der Premiere des Films beim Sundance Festival erzählte, begann sein eigener Partner während der Dreharbeiten die Transition zum Mann. Getragen wird Sauna jedoch von seinen beiden Hauptdarstellenden, Magnus Juhl Andersen und Nina Rask. Andersen verleiht Johan eine fast stoische Leere, hinter der ein schmerzhaftes Bedürfnis nach Nähe spürbar bleibt. Rask wiederum verkörpert Williams Unsicherheit und Selbstzweifel mit stiller Intensität. Bemerkenswert ist dabei, dass Rask laut Broe die erste non-binäre Person ist, die in einem dänischen Film eine non-binäre Figur in einer Hauptrolle spielt – ein symbolischer, aber wichtiger Schritt für die Repräsentation im europäischen Kino.
Auch visuell ist der Film präzise gebaut: Kameramann Nicolai Lok bleibt mit der Handkamera konsequent nah an den Figuren. Die Szenen in der Sauna und den Bars liegen in dichten, fast undurchdringlichen Schatten, während die gemeinsamen Momente von Johan und William im Tageslicht erstrahlen. Diese visuelle Gegenüberstellung von Dunkelheit und Licht soll die emotionale Entwicklung illustrieren, wirkt jedoch stellenweise überdeutlich – als wolle Broe dem Publikum mit Nachdruck vermitteln, was es ohnehin spürt.
Oberflächlichkeit
Doch trotz starker Performances und klarer formaler Handschrift entfaltet Sauna seine Themen nicht mit der erhofften Tiefe. Broe erzählt die Geschichte fast ausschließlich aus Johans Perspektive – und damit aus dem Blickwinkel eines Mannes, dessen Leben von Oberflächlichkeit geprägt ist. Er wählt William, ohne dessen Biografie zu lesen; er sieht den Körper, nicht die Geschichte. Diese Oberflächlichkeit der Hauptfigur überträgt sich leider auch auf den Film selbst. Die Motive – Begehren, Identität, Solidarität – werden angerissen, aber nicht durchdrungen. Besonders deutlich wird das in der Darstellung der queeren Community. William wird aus der Männer-Sauna ausgeschlossen, doch auch Johan findet in Williams Umfeld keine Akzeptanz. Hier deutet Sauna einen zentralen Konflikt an: die mangelnde Solidarität innerhalb von Gruppen, die selbst Ausgrenzung erfahren. Statt diesen Widerspruch zu erforschen, bleibt der Film an der Oberfläche. Warum die Gemeinschaft in sich brüchig ist, bleibt offen – und mit ihr das gesellschaftliche Potenzial des Stoffes.
So bleibt als Kern die Liebesgeschichte. Doch auch sie überzeugt nicht restlos. Wenn Johan und William nicht gerade körperlich intim sind, kreisen ihre Gespräche ausschließlich um Williams Transition. Andere Themen, gemeinsame Interessen oder gar eine emotionale Entwicklung bleiben unsichtbar. Gerade Johan stagniert in seiner Rolle: Er ist am Ende der Gleiche wie zu Beginn – nur mit einem anderen Ausdruck seiner Oberflächlichkeit. Sauna ist damit ein Film voller Ansätze, die ungenutzt bleiben. Er wagt sich an komplexe Themen, schreckt aber vor ihrer Ambivalenz zurück. Als Liebesgeschichte zeigt er abseits der Konstellation schwuler Cis-Mann und Transmann wenig Neues, als Gesellschaftskritik bleibt er skizzenhaft, und als psychologisches Drama verfehlt er die Tiefe, die es bräuchte, um Johans innere Leere wirklich erfahrbar zu machen. So bleibt Sauna – bei aller Empathie für seine Figuren – ein Film, der seine eigenen Möglichkeiten nicht ausschöpft.
OT: „Sauna“
Land: Dänemark
Jahr: 2025
Regie: Mathias Broe
Buch: William Lippert, Mathias Broe
Vorlage: Mads Ananda Lodahl
Musik: Emil Davidsen
Kamera: Nicolai Lok
Besetzung: Magnus Juhl Andersen, Nina Rask
Sundance Film Festival 2025
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