
Pazouknaam (Prosper Compaoré), König des imaginären afrikanischen Reiches Ganzurgu, soll gestürzt werden – dies kann vereitelt werden, nicht zuletzt mithilfe seines Cousins Katanga (Mahamadi Nana), der nun zum Obersten Heerführer ernannt wird. Seiner Frau Pougnéré (Hafissata Coulibaly) ist diese Position jedoch noch nicht genug: Sie strebt nach mehr Macht, was ihr Mann, angestachelt von ihr und einer Wahrsagerin, realisieren soll. Zuerst widerstrebt Katanga dem Komplott, entscheidet sich schließlich reumütig dazu, den König im Schlaf zu erstechen. Daran anknüpfend beginnt er mit seiner Schreckensherrschaft, während jener er jeden politischen Gegner beseitigen lässt und dabei immer rücksichtsloser vorgeht, um dem Schicksal des ehemaligen Königs zu entgehen.
Originalgetreu zeitlos
Mit diesem Drama stülpt der burkinische Regisseur Dani Kouyaté westafrikanische Folklore über William Shakespeares berühmtes Stück Macbeth, das wahrlich zeitlos ist. Dies zeigt Katanga, La Danse Des Scorpions schon in den ersten Frames: Während Setdesign, Kostüme und die Art zu sprechen, nämlich auf der in Burkina Faso weit verbreiteten Sprache Mòoré, traditionell anmuten, sind immer wieder Soldaten mit Maschinengewehren zu erspähen, auch benutzen Charaktere aktuelle Vehikel wie Motorräder. Ebenso trifft Tradition auf Moderne in der Bildsprache, indem ein schattenreiches Schwarz-Weiß durchgehend im Film verwendet wird, dieses aber nicht im Vintage-Look aufbereitet wird, sondern pures HD liefert. Und schließlich die Thematik selbst, die Shakespeare Anfang des 17. Jahrhunderts schrieb, und die sowohl von Orson Welles als auch Akira Kurosawa bis hin zu Joel Coen verfilmt wurde.
Solch ein politisches Drama lässt sich ebenfalls auf die Geschichte Burkina Fasos beziehen, das selbst so einige Umbrüche und Assassinationen sowie Bürgerkrieg sah und teilweise noch sieht. Mit dem fiktiven Königreich Ganzurgu erschafft Dani Kouyaté eine Lokation, die beliebig auf ähnliche Landeshistorien anwendbar ist, dabei klar westafrikanisch geprägt ist, allein aufgrund der Verwendung der Mòoré-Sprache und Bezügen zu klassisch animistischen Religionen. Shakespeares Original wird in den teils kammerspielartigen, theaterhaften Szenen nahe dem Ausgangsmaterial wiedergegeben, was der Gesamterfahrung nur guttut, da somit weiter die Juxtaposition zwischen all den Elementen, die in Katanga verarbeitet werden, gefördert wird.
Hinter jedem starken Mann…
Wie auch in „Macbeth“ sind die treibenden Kräfte hinter Katangas anfangs unterdrücktem Machthunger die Frauen, die ihn wie einen Bauer in einem Schachspiel platzieren und vor sich hertreiben. Sei es die Wahrsagerin oder seine eigene Frau, deren Schauspielerin Hafissata Coulibaly bereits in Les Invertueuses hervorragend auftrumpfte – Katanga lässt sich kaum mehr von seinen eigenen Überzeugungen beeinflussen, obwohl er denkt, dass er als König natürlich der stärkste Mann im Reich sei. Im Gegenteil zeigt er sich sehr widersprüchlich, indem er beispielsweise nach seiner Ermordung des Königs nicht nochmal sein Werk ansehen möchte oder an mystischen, düster verheißungsvollen Träumen leidet.
Diese Visionen lassen ihn ein großes Stück paranoider werden; doch auch der mächtigste Herrscher merkt irgendwann, dass er, wenn er Zwietracht sät, immer unpopulärer wird, sobald er merklich alle gefühlten Widersacher beseitigen möchte und dabei auch vor älteren Menschen oder Familien keinen Halt macht. Mahamadi Nana stellt diesen inneren Konflikt überzeugend dar und bringt sowohl in Katangas Stärken als auch in seine Schwächen sehr menschliche Nuancen hinein, die zeigen, dass die Figur rapide ihre eigenen Grundsätze verliert und im Endeffekt sich selbst zerreibt oder auch zerrieben wird. Seine Frau hingegen weiß, was sie will, und setzt es mit Katangas Hilfe um, indem sie selbst patriarchale Machtfantasien reproduziert.
OT: „Katanga, la Danse des Scorpions“
Land: Burkina Faso
Jahr: 2024
Regie: Dani Kouyaté
Drehbuch: Dani Kouyaté
Vorlage: William Shakespeare
Musik: Dramane Dembélé
Kamera: Marc De Backer
Besetzung: Mahamadi Nana, Prosper Compaoré, Hafissata Coulibaly
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