Johannes Nussbaum, Zeynep Bozbay, Leonard Schneider und Sebastian Husak bei der Premiere von "Bubbles" beim Filmfest München 2025 (© Ronny Heine / Filmfest München)

Sebastian Husak [Interview]

Bubbles (Kinostart: 23. Oktober 2025) erzählt die Geschichte von Fiete (Leonard Scheicher), der eigentlich ein gemütliches Wochenende mit seiner Freundin Amiri (Zeynep Bozbay) in der alten Strandhütte seiner Eltern verbringen will, um diese gemeinsam auszuräumen. Doch dann taucht auf einmal Luca (Johannes Nussbaum) auf, mit dem er als Jugendlicher eng befreundet wurde. Während die beiden einerseits viel verbindet, darunter auch eine Vergangenheit, über die niemand sprechen mag, haben sie sich in sehr unterschiedliche Richtungen weiterentwickelt. Es dauert nicht lang, bis es zu ersten Konflikten kommt. Wir haben Regisseur und Co-Autor Sebastian Husak bei der Premiere auf dem Filmfest München 2025 getroffen. Im Interview spricht er über Bubbles, seine eigenen Erfahrungen und Freundschaft.

Könntest du uns etwas über die Entstehungsgeschichte von Bubbles verraten? Wie bist du auf die Idee gekommen?

Über einen persönlichen Bezug. Ich komme selbst aus einem Dorf in der Nähe von Hamburg. Ich kenne das sehr gut selbst, wie man in alte Muster zurückfällt, wenn man auf alte Freunde und Freundinnen trifft. Wenn man sich lange nicht mehr gesehen hat, ist es oft so, dass Freundschaften nur noch im früher funktionieren. Schwierig kann es auch sein, wenn diese Leute dich in deinem neuen Leben besuchen wollen und du dann feststellst, dass diese beiden Bubbles nicht miteinander funktionieren. Das ist etwas, das mich schon länger beschäftigt. Wie verändert man sich? Wie verändern sich Beziehungen? Gerade Freundschaften von früher entstehen oft, weil man im gleichen Ort aufwächst oder zur selben Schule geht, also eigentlich durch einen Zufall und nicht durch die gleichen Interessen.

Sind die ausgesuchten Freundschaften die besseren Freundschaften?

Das würde ich so nicht sagen. Diese zufälligen Freundschaften sind etwas sehr Schönes und Pures. Mein bester Freund aus der Jugend, mit dem ich zusammen aufgewachsen bin, der hatte komplett andere Interessen. Fußball zum Beispiel oder Formel 1. Wenn wir uns getroffen haben, haben wir uns immer abgewechselt, dass mal der eine aussuchen durfte, was wir machen, mal der andere. Das hat gut funktioniert. Deswegen würde ich das gar nicht bewerten wollen.

Zumal es auch bereichernd sein kann, mit Menschen zu tun zu haben, die aus einer anderen Welt kommen.

Total! Das ist ja auch das Problem bei Bubbles. Sie sind oft eine Ausrede dafür, sich nicht mit anderen beschäftigen zu wollen. Das kann zu Polarisierungen führen, gerade auch wenn es um gesellschaftliche und politische Themen geht. Man schottet sich dann ab.

Wie würdest du denn Freundschaften überhaupt definieren? Was heißt eigentlich Freundschaft?

Das ist eine sehr große und sehr schwierige Frage, die man so in einem Satz gar nicht beantworten kann. Mir sind Freundschaften sehr wichtig und ich finde, dass sie eine ganz besondere Art der Beziehung sind. Ich habe Freunde, bei denen ist es so, dass ich sie zwei Jahre nicht sehe und es sich trotzdem beim Treffen so anfühlt, als hätten wir uns gestern erst gesehen. Das gibt es so nicht in anderen Formen von Beziehungen. Freundschaften können, wenn sie sehr eng sind, bedingungsloser sein als andere Beziehungen. Das kann aber auch gefährlich sein, wie wir in dem Film beschreiben, wenn eine Freundschaft stehengeblieben ist und nur funktioniert, wenn man in alte Muster zurückfällt. Die beiden Figuren verhalten sich dann auf einmal wie 16-jährige, toxische Boys. Das macht dann kurz Spaß, aber irgendwann wird es unangenehm. Ich habe während der Vorproduktion des Films  zufällig einen Beitrag im Radio über ein Buch über Freundschaft gehört von dem französischen Philosophen Geoffroy de Lagasnerie. Der schreibt darüber, dass Freundschaften in unserer Gesellschaft nicht die Wertigkeit von anderen Beziehungen haben. Wenn du dir das Steuerrecht und das Erbrecht anschaust, aber auch die ganzen Regelungen, wie eine Beziehung in unserer Gesellschaft funktioniert und anerkannt wird, da haben Freundschaften das Nachsehen. Sie haben nicht denselben Wert. Und das, obwohl sie oft länger halten als andere Formen von Beziehungen.

Man kann sich aber auch in Freundschaften auseinanderleben. Was braucht es, damit sie halten?

Es braucht auf jeden Fall Ehrlichkeit und Vertrauen. Das ist auch ein Grund, warum die Freundschaft in dem Film auseinanderbricht, weil Fiete nicht ehrlich ist und keine Haltung bezieht. Manchmal entstehen auch Dynamiken, die einem nicht guttun. Es gibt beispielsweise Freundschaften, die einen Wettbewerbscharakter haben oder bei denen einer von beiden immer der dominantere ist. Das kann dann schon dazu führen, dass Freundschaften auseinanderbrechen.

Kommen wir zum Thema Bubbles zurück. Das Thema wurde in den letzten Jahren oft angesprochen, wenn es darum geht, dass sich die Menschen in Bubbles zurückziehen. Hast du das Gefühl, dass die Menschen das heute häufiger tun als früher?

Es ist uns heute mehr bewusst, dass wir in solchen Bubbles leben. Das hat sich in den letzten Jahren, während der Entwicklung und Produktion des Films auch noch verstärkt glaube ich. Durch die Art und Weise, wie Medien und das Internet steuern und vorauswählen, was wir konsumieren, hat man schon das Gefühl, in so einer Filterbubble zu stecken. In Deutschland ist es glücklicherweise noch nicht so krass wie in den USA, wo mittlerweile zwei verschiedene Realitäten herrschen durch Fake News und Sender, die eine komplett gegensätzliche Geschichten erzählen.

Zu einem gewissen Grad sind Bubbles auch völlig natürlich, man kann schließlich nicht alle kennen. Ab wann werden Bubbles zu einem Problem?

Sobald man die Grenzen zu sehr annimmt und die Bubble zu hart wird. Wenn man sich zu sehr damit definiert, Teil einer Bubble zu sein, und nicht mehr schauen will, was außerhalb der Bubble passiert. Abgrenzungen können gefährlich sein. Und so wichtig und wertvoll es ist, Meinungsfreiheit zu haben und mit anderen Ansichten umgehen zu können: Sobald Menschen ausgegrenzt werden, wird eine rote Linie überschritten.

Zum Ende hin sagte Fiete, dass Luca ein anderer Mensch geworden wäre, wenn er bei ihm geblieben wäre. Kann man einen anderen überhaupt so sehr beeinflussen?

Nein, auf keinen Fall. Das ist eine Fehleinschätzung von Fiete. Es wäre einfach gewesen, Luca auf dieses Trauma von daher zu reduzieren und seine rechte Einstellung damit zu begründen. Aber das ist ja nicht die Realität, in der Luca lebt. Für ihn ist das, was er macht, kein Fehler. Er ist davon überzeugt, dass er recht hat mit seiner Meinung.

Fietes Wunsch, Luca zu helfen, ist ja erst einmal nichts Verwerfliches. Wann wird Hilfe aber zu einer Bevormundung?

Hilfe wird dann zu einer Bevormundung, wenn man um keine Hilfe gebeten hat und diese auch gar nicht will. Anstatt festzulegen, was der andere tun soll, wäre es wichtig, erst einmal in einen Diskurs zu treten. Also nicht zu sagen: „Ich helfe dir da raus“, sondern darüber zu sprechen, warum man unterschiedlicher Meinung ist. Und das macht Fiete nicht. Er beginnt keinen Diskurs.

Fiete denkt schon darüber nach, ob er etwas anders hätte machen können, und grübelt darüber nach. Bist du selbst jemand, der über solche Fragen nachgrübelt?

Ja, das würde ich schon sagen. Ich weiß nicht, ob das immer richtig und gesund ist. Aber das ist schon etwas, das mich beschäftigt. Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn ich andere Entscheidungen getroffen hätte? Das Tragische ist dabei, dass man oft darauf keinen Einfluss hat. Wenn du dich nach der Schule an verschiedenen Unis bewirbst, dann ändert sich dein ganzes Leben, je nachdem, wer dich aufnimmt. Das hast du oft gar nicht in der eigenen Hand und bist vom Zufall und den Entscheidungen anderer abhängig.

Kommen wir von der Vergangenheit zur Zukunft: Woran arbeitest du? Gibt es schon neue Stoffe?

Ja, auf jeden Fall. Ich sitze gerade mit Leonard Hettich, mit dem ich auch schon Bubbles geschrieben habe, an einem neuen Stoff, der sich wieder mit dem Thema Freundschaft auseinandersetzt, aber auf eine ganz andere Weise. Es geht auch wieder um eine Bevormundung, wenn jemandem geholfen werden soll, der sich aber gar nicht helfen lassen will. Diesmal soll das Ganze aber schwarzhumoriger sein. Außerdem sitzen Leonard Scheicher und ich an einem gemeinsamen Projekt, einem Episodenfilm.

Vielen Dank für das Interview!



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