Ein Jahr nach dem Ende des Kriegs zwischen Russland und der Ukraine bleibt Regisseur Roman (Valentyn Vasyanovych) – wie einige wenige Kulturschaffende – in seiner Heimat. Diese hat mittlerweile eine neue populistische Regierung bekommen, was weder Roman noch seinen Freunden behagt. Seine Frau (Marianna Novikova) ruft ihn immer wieder aus Wien, ihrer neuen Heimat an, und versucht Roman dazu zu bewegen, auch nach Österreich zu kommen. Roman jedoch will unbedingt in der Ukraine bleiben, wegen ihres gemeinsamen Sohnes (Hryhoriy Naumov) und seines Vaters (Volodymyr Kuznetsov), der wegen seines Alters und seiner Gesundheit immer mehr auf seinen Sohn angewiesen ist.
Derweil stürzen sich Roman und sein Team in die Vorbereitungen auf einen Film – gefördert von Geldern aus dem Westen. Aber das Projekt kommt nicht so richtig in die Gänge, da Roman immer wieder die Handlung verändert oder er an einem anderen Thema interessiert ist.
Ein vorsichtiger Optimist
In seinen vorherigen Projekten Atlantis (2019) und Reflection (2021) befasste sich Regisseur Valentyn Vasyanovych mit den Narben des Krieges gegen Russland und entwarf ein sehr düsteres Bild von der Zukunft seines Heimatlandes. Auch in To The Victory!, der unter anderem auf dem Toronto International Film Festival lief, geht es um eine Zukunftsvision der Ukraine. Persönliche Verlusterfahrungen sowie die Geschichten vieler Familien, die durch den Krieg zerrissen wurden, bilden die Ausgangslage für die Geschichte des Filmes – ebenso wie die politische Realität eines Landes geprägt von einer demografischen Krise. To the Victory! ist ein Film der Unsicherheit, der changiert zwischen Angst vor dem Danach und verhaltener Hoffnung. Es ist ein Film über einen Künstler, der sich in der Verantwortung sieht, sein Talent zu nutzen um einen passenden Ausdruck für eine emotionale und politische Lage auszudrücken, die er selbst nicht ganz fassen kann.
Wenn man an die soziale Verantwortung eines Künstlers glaubt, so muss die Kunst ein Ausdruck einer Sicht auf die kulturelle, politische oder gesellschaftliche Lage haben. Als einer von Romans Filmen bei einem Filmfestival gezeigt wird, sollen er und sein Produzent dem Publikum ihre Gedanken zu dem Projekt mitteilen. Da Romans Frau im Publikum ist, stellt sie natürlich die Frage, die ihre Telefonate schon seit einer Weile dominieren, nämlich die nach dem Sinn des Verweilens in der Ukraine. In diesem Moment vermischen sich Künstler und Privatmensch, denn während der eine seine künstlerische Vision zu verteidigen sucht, gerät der Ehemann in Erklärungsnot und gerät sichtbar ins Wanken.
Roman sieht sich in der Verantwortung, weiter zu machen, damit der Sieg über den Gegner und die Jahre der Entbehrung nicht umsonst waren – wie auch viele seiner Mitstreiter, die nach wie vor zu ihm halten. Trotzig wirkt der betrunkene Dialog mit seinem besten Freund, mit dem er mehrmals auf den Sieg anstößt, während wir im Hintergrund eine karge Landschaft sehen, die man als Kontrast zu ihrem heiteren Trinkspruch sehen kann. Der Künstler in To the Victory! bemüht Worte, Bilder und Gesten, um einem Zustand Ausdruck zu verleihen, den er selbst nicht versteht oder dem er sich entzieht. Er will Hoffnung spenden, doch in ihm herrscht Unsicherheit. Er will anderen Halt geben, doch braucht ihn selbst am meisten.
Verhaltene Freude
Die Komik ist in To the Victory eine Methode, einer Lage zu trotzen, die eigentlich mehr als düster erscheint. Mit reichlich Alkohol sowie einigen Albernheiten gestalten die Crewmitglieder und Schauspieler ihre Drehtage etwas lockerer, wobei hin und wieder dennoch die Einsicht durchscheint, ob ihre Bemühungen nicht doch am Ende umsonst sind. Roman soll Zuversicht stiften, bangt aber selbst um sein Projekt und ob dies je Gehör finden wird in einem Land, das ganz andere Probleme hat und dessen Politik in eine ganz andere Richtung geht. Valentyn Vasyanovych betont in Interviews zu seinem Film, er habe die Politik noch viel mehr in die Handlung integrieren wollen, doch politischer könnte To the Victory kaum sein. Die Beziehung zwischen Roman und seinem Sohn verweist auf die Furcht vor einer Zukunft, die eventuell noch mehr Konflikte bringen wird. Der Sieg über den Feind muss dann in einem anderen Licht betrachtet werden und das Land wird zu nichts mehr als leeres Territorium, weil Menschen wie Roman es verlassen haben.
Valentyn Vasyanovych nutzt eine Meta-Ebene für seine Geschichte. Romans Projekt ist selbst ein Spiegel des Films: weniger Handlung als Reflexion über Väter, Söhne und ein Land im Übergang. Lange Einstellungen wechseln zwischen Komik und Tragik, zwischen Schönheit und Tragödie. Die Euphorie eines Mannes, der während des Telefonats mit seiner Frau einen Drachen steigen lässt, wird jäh unterbrochen, als er auf eine Mine tritt. Die Komik kippt von einem Moment in den nächsten ins Tragische. Vasyanovych nutzt minimalistische Elemente, um eine Wahrheit auszudrücken, die über den nach wie vor währenden Konflikt hinausgeht und auf eine ungewisse Zukunft schaut.
OT: „За Перемогу!“
Land: Ukraine, Litauen
Jahr: 2025
Regie: Valentyn Vasyanovych
Drehbuch: Valentyn Vasyanovych
Musik: Dominykas Digimas
Kamera: Valentyn Vasyanovych, Mykhailo Lubarsky
Besetzung: Valentyn Vasyanovych, Marianna Novikova, Hryhoriy Naumov, Volodymyr Kuznetsov
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)

