Secrets 2024 Den Gode Stemning Viaplay
Pilou Asbæk in der Dramaserie "Secrets" (© Viaplay)

Pilou Asbæk [Interview]

Secrets erzählt die Geschichte der Geschwister Mads (Pilou Asbæk) und Eva (Iben Hjejle), die auch als Erwachsene noch ein sehr enges Verhältnis haben. Das brauchen sie auch, weil sie sich gegenseitig immer wieder unterstützen müssen. So ist Mads schon seit einiger Zeit drogenabhängig, was er mit der Hilfe seiner Schwester bislang vertuschen konnte. Diese wiederum hat ihre eigenen Geheimnisse, sowohl im Hinblick auf eine Affäre wie auch ihre Arbeit. Seit dem 15. September 2025 ist die Dramaserie auf dem Streamingdienst Viaplay verfügbar. Das haben wir zum Anlass genommen, um uns mit Asbæk zu unterhalten. Im Interview spricht der dänische Schauspieler über das Thema Sucht, sein Leben in der Öffentlichkeit und seinen Bezug zu Musik.

Was hat dich an Secrets gereizt? Weshalb hast du die Serie gedreht?

Für mich ist das eine ganz persönliche Geschichte, weil in meiner Familie und meinem Freundeskreis mehrere mit einer Sucht zu kämpfen hatten. Manche haben es geschafft da rauszukommen, andere kämpfen noch immer. Einige Freunde sind auch durch ihre Drogensucht gestorben. Die Serie funktioniert wie eine Anleitung: Du kannst sie Leuten zeigen, die jeden Tag mit ihrer Sucht kämpfen, und einige Werkzeuge an die Hand geben, wie sie über das Thema sprechen können. Denn eine solche Sucht betrifft nicht nur die Süchtigen selbst. Sie betrifft auch die Menschen drumherum, die einen lieben und für einen kämpfen wollen. Die den wahren Menschen haben wollen, nicht einen, der durch Drogen benebelt ist.

Dann lass uns über deine Figur sprechen. Wie würdest du Mads beschreiben?

Mads ist ein ganz alltäglicher Typ. Er war früher Musiker und arbeitet jetzt als Lehrer an einer Schule. Mads ist ein sehr freundlicher, warmherziger und großzügiger Mensch. Aber er ist gleichzeitig eine gequälte Seele. Er hat sich noch nicht wirklich damit abgefunden, wer er ist, sondern kämpft ständig dafür, derjenige zu sein, der er meint sein zu müssen. Und ich glaube, dass sich viele damit identifizieren können. Da ist diese Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Auftreten und seinem inneren Kind. Er ist ein komplexer Mensch, in den ich auch viel von mir selbst gesteckt habe. Deswegen ist mir die Serie auch so wichtig. In Deutschland kennt man mich vor allem für die großen internationalen Produktionen wie Game of Thrones, Foundation oder Ghost in the Shell. Es ist toll, bei solchen Sachen dabei sein zu dürfen, vor allem wenn du aus einem so kleinen Land wie Dänemark kommst, das nur eine kleine Filmindustrie hat. Das ist wie in der Champions League zu spielen! Aber es ist eben auch toll, wieder nach Hause zu kommen, mit Freunden zu drehen und mehr sein zu dürfen als ein böses Lachen. Und natürlich auch, in deiner eigenen Sprache drehen zu können. Ich fühle mich dann natürlicher und freier, kann auch besser auf meine Kollegen eingehen und improvisieren.

Du hast eben von dieser Diskrepanz zwischen dem öffentlichen und dem privaten Ich gesprochen. Das dürfte bei dir als Schauspieler ja ähnlich sein. Wie gehst du damit um?

Hättest du mir diese Frage vor zehn Jahren gestellt, hätte ich dir wahrscheinlich geantwortet, dass ich es liebe. Dass ich Pressetermine liebe, Reisen um die Welt und 15 Stunden am Tag zu arbeiten, weil ich damals noch die Ausdauer und die Energie hatte. Inzwischen bin ich Mitte 40 und es hat sich vieles für mich geändert. Ich will in Interviews nicht mehr vorgeben, jemand zu sein, der ich nicht bin. Mir ist es wichtig geworden, mir selbst treu zu sein. Je älter ich werde, umso schwieriger wird der Job, aber umso ehrlicher werde ich auch. Ich stehe in Dänemark in der Öffentlichkeit, seitdem ich 25 bin. In fünf Jahren wird es so sein, dass ich einen größeren Teil meines Lebens in der Öffentlichkeit verbracht habe als abseits davon. Und leider interessiert sich die Presse mehr dafür, wenn ich irgendetwas Blödes anstelle, als etwas über Secrets zu schreiben. Das gehört zu den Schattenseiten, wenn du als Schauspieler einigermaßen Erfolg hast.

Du hast vorhin Mads als gequälte Seele beschrieben. Wie war es für dich, einen solchen Menschen zu spielen? Ich hoffe, du bist zumindest keine gequälte Seele.

Nein, das nicht. Ich habe auch nicht mit Sucht zu kämpfen. Wobei, ich liebe Essen. (lacht) Das wäre meine Sucht, ich kann essen ohne Ende, vor allem, wenn die Qualität hoch ist. Es war großartig, Mads spielen zu dürfen, weil er so vielschichtig ist. Er ist nicht nur eine Sache. Ich hatte auch das Glück, mir wirklich Zeit für ihn nehmen zu dürfen und einzelne Nuancen auszuarbeiten. Mads ist eine dieser Rollen, auf die du am Ende deiner Karriere zurückblickst und dankbar bist, dass du sie spielen durftest.

Warum wolltest du überhaupt Schauspieler werden?

Um ehrlich zu sein, war das gar nicht mein Wunsch. Ich ging auf eine Schule nach der regulären Schulzeit für Leute, die noch nicht wirklich wissen, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Das war eine kreative Schule, wo du auch lernen kannst zu schreiben oder Regie zu führen. Ein Lehrerin sagte mir damals, dass ich es mit Schauspielen versuchen soll. Mir war zu dem Zeitpunkt gar nicht klar, dass das ein richtiger Job ist. Ich war damals zu spät dran, mich für die Kurse einzuschreiben, weil ich ein ziemlicher Schussel war. Also landete ich in einem Kurs, in dem ich einen Shakespeare-Monolog halten musste. Und irgendwie fühlte sich das richtig an. Vielleicht war es der Text, vielleicht war es die Lehrerin, die mich dazu drängte, das auch weiterhin zu machen. Ich will immer noch schreiben und Journalist werden. In der Zwischenzeit werde ich aber weiterhin so tun, als wäre ich ein Schauspieler. Vielleicht bin ich auch einfach ein guter Lügner. (lacht)

Das wollte ich schon fragen, da die Serie nun einmal Secrets heißt: Hilft einem die Schauspielerei dabei, Geheimnisse für sich zu behalten? Schließlich besteht dein Beruf ja darin, dich als jemand auszugeben, der du nicht bist.

Das schon. Aber wenn ich eine Szene spiele, lüge ich in dem Moment ja nicht. Ich muss als Schauspieler in ihr aufgehen und an das glauben, was da geschieht. Privat habe ich aber natürlich schon Geheimnisse. Ich bin auch auf ein Internet gegangen, da lernst du auf die harte Tour, Geheimnisse zu bewahren.

Neben Mads ist seine Schwester Eva die zweite Hauptfigur, zu der er ein sehr enges Verhältnis hat.

Das stimmt. Sie versucht immer, ihm zu helfen, oder tut zumindest das, was sie für das Beste hält. Damit machen sie sich gegenseitig aber auch zu Gefangenen ihrer Selbstwahrnehmung. Das geschieht aus Liebe, aber einer aus meiner Sicht missverstandenen Liebe. Wenn du jemanden liebst, der süchtig ist, darfst du nicht immer nachgeben. Liebe heißt nicht, alles akzeptieren zu müssen. Manchmal besteht Liebe auch darin, dem anderen Grenzen aufzuzeigen und zu vermitteln, was sie einem antun. Oft ist es so, dass du wirklich völlig am Ende sein musst, um zu erkennen, was du tust. Ein wichtiger Schritt beim Entzug ist bei manchen Behandlungsmethoden, dass du bei den Leuten anrufen musst, die du im Stich gelassen hast, und dich bei ihnen entschuldigst. Es gab einige, die bei mir angerufen und sich entschuldigt haben und erklärt, warum sie sich so verhalten haben. Natürlich gehört das zur Behandlung dazu, sie müssen anrufen. Aber sie wollen auch wirklich besser sein. Es ist schwierig, ein Mensch zu sein. So unglaublich schwierig. Und dabei haben wir so viel mehr gemeinsam als uns trennt.

Du hast schon gesagt, dass Eva Mads helfen möchte, was aber letztendlich nichts bringt. Wann ist der Punkt erreicht, an dem du gegen den Willen eines anderen handeln musst, um ihm zu helfen?

Zunächst einmal musst du dich selbst lieben und dich selbst akzeptieren, wenn du jemand anderem helfen willst. Daran scheitert es aber schon bei Eva, weil sie sich gegenseitig im Schwitzkasten halten und sie sich selbst damit die Möglichkeit gibt, ihre eigenen Geheimnisse für sich zu behalten. Sie fühlt sich ihm näher als ihrem eigenen Mann, sogar näher als ihrer Tochter, die sie einfach nicht versteht. Um zu deiner Frage zurückzukommen: Man kann einen anderen Menschen nur retten, wenn er gerettet werden will. Ich hatte Freunde, bei denen wir alles versucht haben, was man nur irgendwie tun kann. Wirklich alles. Aber das bringt nichts. Erst wenn der andere sich selbst liebt und akzeptiert hat, wer er ist und was da geschieht, kannst du ihm helfen.

Kommen wir zum Thema Musik. Was bedeutet sie Mads?

Mads ist Musiker, ein Künstler. Er hatte mal einen großen Hit. Musik ist für ihn eine Möglichkeit der Kommunikation, bei der er sich lebendig fühlt.

Und für dich?

Musik lässt mich etwas sofort fühlen. Wenn ich gregorianische Kirchenmusik höre, denke ich an meinen Vater. Wenn ich Edith Piaf spiele, denke ich an meine Mutter. Bei Oasis denke ich an meine Jugend. Musik ist eine Zeitmaschine. Viele Kollegen nutzen Musik, um vor einer Szene in eine bestimmte Stimmung zu kommen. Ich selbst habe das nie gekonnt. Ich bin der Typ, der in einer Ecke sitzt und wie ein Zombie aussieht. Oder wie ein Boxer kurz bevor er zu kämpfen anfängt. Musik ist etwas Universelles. Wenn sie gut ist, löst sie etwas in uns aus. Im Moment höre ich mit meiner Tochter viel K-Pop. Ich muss gestehen, dass ich damit nicht viel anfangen an. Ich verstehe dieses Genre einfach nicht, weil ich auch keinen persönlichen Bezug dazu habe. Ich verstehe die Texte nicht, die Musik ist nicht Teil meiner Vergangenheit. Aber es ist etwas, das wir teilen können. Sie zeigt mir eine völlig neue Welt. Musik kann auf diese Weise verschiedene Generationen zusammenbringen. Und für mich ist es eines der schönsten Dinge auf der Welt Menschen zusammenzubringen.

Vielen Dank für das Interview!



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