Anna und Oma
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Anna & Oma

Anna und Oma
„Anna & Oma“ // Deutschland-Start: 18. September 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Die Fotogafin Ingrid Bahß wächst in Werben an der Elbe auf. Als ihr der 800-Seelen-Ort in Sachsen-Anhalt zu klein wird, zieht sie nach Magdeburg, wo sie mit ihrem späteren Mann Dietrich Bahß eine Galerie eröffnet, die sich zu einem Hort für Kreative und Oppositionelle entwickelt. In den 1980ern wird ihre Familie aus der DDR ausgewiesen, und sie zieht mit Mann und Kindern nach Köln, wo sie bis heute lebt. Dort kommt ihre Enkelin Anna sie oft besuchen. Anna studiert Data Science in Berlin und legt in Clubs auf. Ziel ihrer kleinen Community aus Musikbegeisterten ist es, die männliche Dominanz in der DJ-Szene zu brechen. An der Seite ihrer Oma fährt Anna in deren Geburtsort und reist nach Magdeburg. Zwischen Ingrids altem Elternhaus und den Räumen ihrer ehemaligen Galerie diskutieren Großmutter und Enkelin über Gott und eine sich verändernde Welt.

Wenn die Oma mit der Enkelin

Der Titel dieses Films hat einen schönen Klang und ist klug gewählt. Er ist weich, fließend, beinahe poetisch – und spiegelt somit auf einer lautlichen Ebene das Verhältnis der beiden Protagonistinnen wider. Die sind sich zwar in vielen Dingen des Lebens uneins, geraten deswegen aber nie aneinander, erheben nie ihre Stimme, sondern diskutieren ihre teils völlig konträren Standpunkte stets ruhig und besonnen miteinander aus. Auf einer symbolischen Ebene reicht der Titel gar über seine inhaltliche Ebene hinaus, denn Anna und Oma steht nicht nur für die Enkelin Anna und ihre Großmutter Ingrid, die zwei sind auch das A und das O dieses Dokumentarfilms und stehen am Anfang und am Ende ihres Lebens, sind also, wenn man so will, Alpha und Omega.

Im Zentrum stehen zwei Frauen, die eine Generation, knapp 50 Jahre Altersunterschied und gänzlich unterschiedliche Lebenserfahrungen trennen. Während Ingrid, die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten 73 Jahre alt ist, weder in der DDR, die sie gezwungenermaßen verlassen musste, noch in der BRD je richtig angekommen ist, ist ihre 25-jährige Enkelin Anna behütet aufgewachsen und hat in der Berliner Clubszene einen Heimathafen gefunden. Ingrids und Annas Ziele aber ähneln sich: Beide möchten die Gesellschaft zum Besseren verändern, jedoch aus verschiedenen Gründen. Während es Ingrid darum geht, ein verloren gegangenes Wir-Gefühl wiederzuerlangen, möchte Anna ihren Individualismus ausleben, ohne dafür verurteilt zu werden.

Alt und Jung, Ost und West

Die Regisseurin Ellen Rudnitzki kennt Ingrid Bahß seit mehr als 30 Jahren. Den Gedanken, einen Film über die Fotografin zu drehen, hegte sie schon lange. Das „Kennenlernen von Enkelin Anna gab schließlich den letzten Anstoß“, sagt Rudnitzki. Denn dadurch hätten sich Perspektiven auf Jung und Alt, Ost und West ergeben, die „sowohl mit ihren Gemeinsamkeiten als auch mit ihren Widersprüchen einen Platz finden“. Treffender als die Filmemacherin selbst, kann man ihren Film nicht beschreiben. Genau diese Übereinstimmungen und Gegensätze, viele davon vorhersehbar, manche aber auch an unerwarteten Stellen, machen die Würze dieses Dokumentarfilms aus.

Spannend ist vor allem, wie wir als Zuschauende im Kinosaal auf die Gespräche zwischen Großmutter und Enkelin reagieren, welche Argumente wir für überzeugender halten und auf welche Seite wir uns schlagen. Menschen, die der Generation angehören, die zwischen Ingrids und Annas Generation liegt, werden aller Wahrscheinlichkeit nach mal der Großmutter und mal ihrer Enkelin beipflichten. Denn beide haben recht und unrecht, machen es sich manchmal unnötig schwer und manchmal (viel) zu einfach. Bleiben am Ende aber miteinander im Gespräch.

Credits

OT: „Anna und Oma“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Ellen Rudnitzki
Buch: Ellen Rudnitzki
Kamera: Susanne Dzeik, Ellen Rudnitzki

Bilder

Trailer



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Anna & Oma
fazit
In ihrem Dokumentarfilm „Anna und Oma“ begleitet die Regisseurin Ellen Rudnitzki eine Großmutter und deren Enkelin dabei, wie sie ihre jeweiligen Lebenswelten im Austausch miteinander erkunden. Der intergenerationale Dialog zeigt Unterschiede, aber auch unerwartete Gemeinsamkeiten auf, was Hoffnung macht, dass auch ein gesamtgesellschaftlicher Dialog der Generationen möglich ist.
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