
Ein wenig mühsam schleppt sich der umherreisende Magier (Crispin Glover) von Auftritt zu Auftritt, sein Publikum hat eher weniger Interesse an seinen Darbietungen. Dabei ist das bald sein geringstes Problem. Eigentlich wollte er nur in dem Hotel einchecken, weil er eine Bleibe für eine Nacht braucht. Das Bett bekommt er auch, die ersehnte Ruhe aber nicht. Schließlich ist in dem Gebäude eine ganze Menge los: Ob es die Blaskapelle ist, die durch die Gänge trötet, oder die Leute, die auf einmal im Zimmer des Reisenden auftauchen, da passiert ständig etwas. Und auch das Hotel scheint eine Art Eigenleben zu entwickeln, als es zu schrumpfen beginnt. Dummerweise ist abreisen aber keine Option. So sehr sich der Mann auch bemüht, er findet einfach den Hausgang nicht mehr …
Ein Hotel voller Wunder
Eigentlich sind Hotels ja Orte, an denen man sich zurückziehen kann und die einem – je nach Etablissement – Gemütlichkeit oder Luxus versprechen. Und doch gibt es immer wieder Filme, in denen ein Hotel zu einem Schauplatz des Grauens oder mysteriöser Vorkommnisse wird. Das bestimmt berühmteste Beispiel ist der Stephen King Horrorklassiker Shining. Aber auch in Werken wie dem deutschen Beitrag Schlaf, dem Stop-Motion-Alptraum Memory Hotel oder dem Mystery-Drama Hotel darf sich das Publikum wahlweise fürchten und wundern. Mit Willkommen um zu bleiben kommt nun ein weiterer Film heraus, bei dem sich ein Hotel als wundersamer Ort herausstellt. So wundersam, dass man irgendwann an alles und jedem zweifelt.
Während die obigen Beispiele recht düstern sind, wird es bei der niederländisch-norwegisch-belgischen Coproduktion skurril bis surreal. Vieles davon ist so unerwartet, dass Lachen eine adäquate Reaktion ist. Tatsächlich kommt das so oft vor, dass der Film besser als Komödie klassifiziert wird und nicht als Drama, wie man es an vielen Stellen sehen kann. Wobei Willkommen um zu bleiben durchaus auch ernste Elemente hat. So geht es zwischendurch etwa um Klassenunterschiede und wie wir in Systemen gefangen sind. Das Hotel wird hier zu einem Symbol für die Welt da draußen, wenngleich es zunehmend schwieriger wird, diese Verbindung herzustellen. Anlass zum Grübeln und Spekulieren gibt es auf jeden Fall genug. Wer Spaß am Interpretieren hat, bekommt hier einiges zu tun.
Eigenwillig und kaum zu vergessen
Man kann sich aber auch zurücklehnen und die vielen sonderbaren Ideen genießen, die Regisseurin und Drehbuchautorin Tallulah Hazekamp Schwab da eingebaut. Die Norwegerin ließ sich dabei offensichtlich von Franz Kafka inspirieren. Da ist nicht nur der Originaltitel Mr. K, sondern die Beschäftigung mit absurden Systemen, an denen dann der Protagonist verzweifelt. Wobei aber auch Elemente wie die Leute, die urplötzlich an allen möglichen und unmöglichen Stellen auftauchen, oder die umherziehenden Musiker Höhepunkte von Willkommen um zu bleiben sind. Hinzu kommt das Gebäude an sich, ein Mix aus düsteren und verspielten Bestandteilen. Man hat hier von Anfang an das Gefühl, in einer Art Parallelwelt gelandet zu sein, wo Zeit und Raum keine Bedeutung mehr spielen. Ein Labyrinth ohne Ausgang, von dem unklar ist, ob es existiert oder nur eingebildet ist.
Klar, wer mit solchen seltsamen, schrägen Geschichten nichts anfangen kann, ist hier verkehrt. Es dürfte dieses Jahr nur wenige Filme in den deutschen Kinos geben, die eigenartiger sind als diese Hotel-Odyssee. Manche werden sich an den fehlenden Erklärungen stören, vielleicht auch an der sparsamen Handlung. So wird der Protagonist zwar beschäftigt, er kommt mit seinem Anliegen aber wenig voran. Und auch als die anderen Figuren hinzukommen und Willkommen um zu bleiben eine politische Note bekommt, wird es nie richtig konkret. Wen das nicht stört und einfach mal wieder Lust auf ein eigenwilliges Werk hat, das zwar bekannte Elemente enthält, dabei aber doch viel Charakter hat, ist hier an einer guten Adresse gelandet. Man kann das Hotel zwar vielleicht nicht verlassen, vergessen wird man es aber auch nicht.
OT: „Mr. K“
Land: Niederlande, Norwegen, Belgien
Jahr: 2024
Regie: Tallulah Hazekamp Schwab
Drehbuch: Tallulah Hazekamp Schwab
Musik: Stijn Cole
Kamera: Frank Griebe
Besetzung: Crispin Glover, Sunnyi Melles, Bjørn Sundquist, Fionnula Flanagan, Dearbhla Molloy, Jan Gunnar Røise
Toronto International Film Festival 2024
Sitges 2024
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