
Jean-Luc (Charles Berling) hat es zu etwas gebracht: Als Schönheitschirurg und Altersforscher ist er ein gefragter Mann, mit seiner Frau Isa (Natacha Régnie) führt er ein Leben im Luxus. Als er für seine Arbeit geehrt werden soll, taucht unerwartet sein Vater Maurice (Michel Bouquet) auf. Dieser hatte seine Familie verlassen, als die Kinder noch sehr jung waren, um in Afrika als Arzt zu arbeiten. Seither gab es praktisch keinen Kontakt, für Jean-Luc könnte der Mann auch einfach tot sein. Bei seinem jüngeren Bruder Patrick (Stéphane Guillon), der als Kabarettist arbeitet, sieht es noch schlimmer aus, da dieser seinen Vater nie kennengelernt hat. Maurice scheint das ändern zu wollen. Doch das Misstrauen ist groß, so richtig wissen seine Söhne nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen – zumal sie sich dadurch auch mit ihrem eigenen Leben auseinandersetzen müssen …
Das Drama kaputter Beziehungen
Es gehört zu den in Filmen immer wieder gern verwendeten Szenarien: Die Hauptfigur kehrt nach einer langen Zeit in die alte Heimat zurück und muss sich dort mit der eigenen Vergangenheit beschäftigen. Oft sind es Todesfälle, die eine solche Rückkehr veranlassen, manchmal auch Hochzeiten oder andere Feierlichkeiten. In Krimis können es auch berufliche Gründe sein. Bei Vater töten bleibt es ein wenig offen, was Maurice dazu gebracht hat, auf einmal den Kontakt zu seinen Söhnen zu suchen, die er als Kind im Stich gelassen hatte. Eine befriedigende Antwort gibt er nicht. Das klingt ein bisschen nach Mystery. An manchen Stellen liest man auch, dass es sich um einen Thriller handelt. Doch so richtig passt das alles nicht. Selbst wenn der Film Spannung erzeugt und man neugierig ist, wie es mit diesen Menschen weitergehen wird, das hier ist kein Genrebeitrag.
Stattdessen hat Regisseurin und Co-Autorin Anne Fontaine (Mein liebster Alptraum, Bolero) ein Drama vorgelegt, bei dem es maßgeblich um zwischenmenschliche Beziehungen geht – und das Fehlen eben solcher. Im Mittelpunkt steht natürlich die schwierige Begegnung der beiden Protagonisten. Jean-Luc ist hin und her gerissen, weiß nicht, ob er seinen Vater willkommen heißen oder ihn aus seinem Leben werfen soll. Doch auch die anderen Verhältnisse werden in Vater töten beleuchtet, gerade die Ehe des Schönheitschirurgen wird in diesem Zusammenhang seziert. Probleme gibt es dabei überall. Irgendwie haben sie alle ihre Mühe mit einer wirklichen Gemeinschaftlichkeit, nicht einmal die beiden Brüder können viel miteinander anfangen. Zu unterschiedlich sind sie, auch in der Art und Weise, wie sie mit dieser Situation umgehen.
Nüchterner Blick
Fontaine zieht dabei einen überwiegend zurückhaltend-nüchternen, fast klinischen Blick auf diese Menschen vor. Das heißt nicht, dass es dabei nicht auch schon mal krachen darf, da ist die eine oder andere Streitsituation dabei. Insgesamt ist Vater töten aber ein recht ruhiger Film. Das könnte manchen zu wenig sein: Wer tränenreiche Dramen sehen möchte, ist hier an der falschen Adresse. Es ist auch nicht so, als würden die diversen Probleme am Ende gelöst. Manche werden nur freigelegt, wenn Wunden enthüllt werden, die nie ganz verheilt sind. Sie werden es aber auch am Ende nicht sein. Es fehlt also das kathartische Element, das viele Zuschauer und Zuschauerinnen suchen. Man hat hier nicht das Gefühl, dass es in Zukunft besser wird. Irgendwie scheinen die Figuren sogar unglücklicher zu sein als zu Beginn der Geschichte.
Das muss aber nicht verkehrt sein. Tatsächlich ist Vater töten sogar sehr sehenswert, wenn man sich auf diese Art Film einlassen kann. Fontaine beschreibt, wie Beziehungen erodieren können, wie Selbstsucht, mangelnde Kommunikation, manchmal aber auch bloße Gleichgültigkeit Menschen kaputt machen können. Es ist dabei nicht so, dass das Publikum wirklich viel lernt und neue Erkenntnisse gewinnt. Im Grunde erzählen Fontaine und ihr Co-Autor Jacques Fieschi nur, wie Familien und Liebesbeziehungen manchmal nicht funktionieren. Das ist gut gespielt, da sind immer wieder Szenen dabei, die einem trotz der nüchternen Art nahegehen. Sofern man in der Stimmung ist für ein derart düsteres, wenig Hoffnung machendes Drama, sollte einen Blick riskieren.
OT: „Comment j’ai tué mon père“
Land: Frankreich, Spanien
Jahr: 2001
Regie: Anne Fontaine
Drehbuch: Anne Fontaine, Jacques Fieschi
Musik: Jocelyn Pook
Kamera: Jean-Marc Fabre
Besetzung: Michel Bouquet, Charles Berling, Natacha Régnie, Amira Casar, Stéphane Guillon
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