Stans
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Stans

„Stans“ // Deutschland-Start: 7. August 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Ein Reviewembargo bis drei Tage vor Kinostart ist meist kein gutes Zeichen: Es deutet darauf hin, dass der Verleih kritische Stimmen so lange wie möglich unterdrücken möchte, um den Vorverkauf nicht zu gefährden. Wird dieses Embargo dann sogar noch bis zum Veröffentlichungstag selbst verlängert, ist das normalerweise schon ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass der Film nichts taugt – insbesondere, wenn er sowieso schon nur einen limitierten Release erfährt. Es handelt sich natürlich nicht um ein in Stein gemeißeltes Naturgesetz, aber als Faustregel gilt: Je später die Kritiken erscheinen dürfen, desto größer ist das Misstrauen gegenüber der Qualität des eigenen Produkts.

Das ursprüngliche Reviewembargo für Stans galt bis zum 4. August, wurde kurzfristig aber bis zum 7. verlängert, dem Tag seines Erscheinens also. Zumindest was die Kinoveröffentlichung in Deutschland angeht, Premiere hatte die Dokumentation nämlich bereits vor zwei Monaten beim SXSW-Festival in London, einem europäischen Ableger des seit 1987 jährlich stattfindenden Originals in Austin, Texas. Warum es von offizieller Seite heißt, die Premiere hätte „Anfang dieses Jahres“ dort stattgefunden, ist genau unverständlich wie die Tatsache, dass Stans als „ambitionierte und unkonventionelle“ Dokumentation bezeichnet wird. Über die Ambition ließe sich vielleicht noch diskutieren, aber die Doku folgt so ziemlich allen gängigen Konventionen: talking heads, Archivmaterial, nachgestellte und nie zuvor gezeigte Szenen …

„Nobody knows anything“ hat William Goldman in seinem Standardwerk Adventures in the Screen Trade: A Personal View of Hollywood of Screenwriting postuliert, und so soll uns auch nicht weiter interessieren, was es mit der Marketingstrategie für den Film auf sich hat, das wird schon alles seinen Sinn haben. Es kann hier jedenfalls Entwarnung gegeben werden: Das Reviewembargo scheint nicht aus Qualitätsgründen erlassen worden sein.

Fans des Rappers dürfen mitreden

Der Song Stan von Eminem erschien im Jahr 2000 auf seinem Album The Marshall Mathers LP und zählt bis heute zu seinen bekanntesten Werken. Darin erzählt er in Form von Briefen die Geschichte eines fanatischen Fans, der zunehmend verzweifelt und schließlich tragisch endet. Die Figur des obsessiven Fans war so prägend, dass „Stan“ später als Begriff für übertriebene Verehrung in den allgemeinen Sprachgebrauch und 2017 ins Oxford English Dictionary aufgenommen wurde. Der Titel Stans nun suggiert, dass sich die Dokumentation mit dem Phänomen des Personenkults beschäftigt. Was bringt jemanden dazu, einen Menschen, den er nie persönlich getroffen hat, derart zu überhöhen und zu verehren, dass es nicht nur Auswirkungen auf das Leben des Bewunderers, sondern auch auf jenes des Bewunderten hat? Neu ist das nicht: In seiner Autobiographie berichtet Marlon Brando davon, eines Nachts aufgewacht zu sein und am Fußende seines Bettes eine Frau gesehen zu haben, die in seine Wohnung eingebrochen war, um ihm nahe zu sein.

Von offizieller Seite ist zu lesen, dass Stans „mehr als nur eine Auseinandersetzung mit Fan-Kultur“ sei. Streng genommen ist das wahr, denn Stans setzt sich überhaupt nicht mit Fan-Kultur auseinander. Mehrere so genannte „Stans“ – Eminem-Fans also, die den Mann und seine Kunst fast über ein gesundes Maß hinaus bewundern – dürfen sich jeweils vor die Kamera setzen, erzählen wie schwer sie es im Leben hatten oder haben, und wie sehr Eminems Musik ihnen geholfen hat beziehungsweise inwieweit sie sich mit den Texten identifizieren können. Daraus lässt sich vielleicht eine mögliche Antwort für die oben aufgeworfene Frage ableiten, aber sicher keine allgemeingültige.

Einblick in die Karriere

Die zu Wort kommenden Stans sind natürlich handverlesen (keiner davon würde wohl nachts plötzlich auf Eminems Bett sitzen). Stans stellt sie zwar einigermaßen in den Vordergrund, verbindet das aber auch damit, ein Biopic über Eminem zu kreieren. Sonderlich kritisch geht es dabei nicht zu, immerhin fungiert der Rapper auch als Produzent der Dokumentation. Auf der anderen Seite ist das ganz erfrischend, sind die meisten Vorwürfe gegen ihn doch sowieso nur fabriziert und benötigen hier nicht noch eine Plattform. Die angesprochene Verbindung ist als Konzept nachvollziehbar, funktioniert in der Praxis aber nicht ganz so gut wie wohl auf dem Papier. Mit 101 Minuten ist Stans auch etwas zu lang geraten. Die Dokumentation bietet allerdings einen detaillierten Einblick in Eminems Karriere und vermag vielleicht sogar jenen, die nichts mit dem Rapper anfangen können, aufzeigen zu können, wieso seine Fans ihm so treu ergeben sind.

Credits

OT: „Stans“
Land: USA
Jahr: 2025
Regie: Steven Leckart
Musik: Campfire
Kamera: Graham Willoughby
Mitwirkende: Eminem, LL Cool J, Adam Sandler

Bilder

Trailer

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Stans
Fazit
"Stans" ist eine Mischung aus Biopic und Therapiesitzung. Für Fans von Eminem absolutes Pflichtprogramm, machen mit einer Sichtung auch jene nichts falsch, die mit dem Rapper vielleicht nicht so viel anfangen können. Angesichts des ikonischen Titels bleibt jedoch vor allem der Eindruck zurück, dass die Dokumentation hinter ihren Möglichkeiten geblieben ist.
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