The Locust

The Locust

The Locust
„The Locust“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Hanieh (Hanieh Tavassoli) ist auf dem Weg zu einem Filmset. Eine Filmprojekt basierend auf einem ihrer Drehbücher ist kurz davor realisiert zu werden, doch bis dahin gilt es noch zahlreiche Hürden zu überwinden. Neben den unterschiedlichen Herausforderungen einer Filmproduktion im Iran verlangen auch private Konflikte der Drehbuchautorin alles ab. Bereits auf dem Weg zum ersten Vorlesen des Drehbuchs muss sie per Handy ihren Vermieter besänftigen, der auf die fällige Miete besteht, und mit der Regisseurin (Pegah Ahangarani) verhandeln, die Änderungen an ihrem Skript fordert. Bei der Crew und den Schauspielerin angekommen, hören die Konflikte keineswegs auf, denn im Laufe des Tages muss Hanieh immer wieder ihre Vision der Geschichte und der Figuren ihres Skripts verteidigen, wobei nicht nur die Regisseurin, sondern auch die Schauspieler sie wiederholt hinterfragen. Als dann auch noch die Finanzierung des Filmes auf dem Spiel steht, muss Hanieh eine existenzielle Entscheidung treffen.

Vision und Existenz

Unabhängige Filmproduktionen sind für alle Beteiligten eine Herausforderung. In einem politisch problematischen Umfeld wie dem Iran kommen noch viele andere Konflikte hinzu, wobei es nicht mehr länger nur um das berufliche Überleben oder den eigenen Ruf geht. In ihrem Film The Locust, der auf dem 10. Cinema Iran zu sehen ist, vermittelt Regisseurin und Drehbuchautorin Faezeh Azizkhani ihren Zuschauern einen Eindruck von dieser Welt, in der die künstlerische Vision oft auf dem Spielt steht. Azizkhani greift dabei auf ihre eigenen Erfahrungen in der Filmbranche zurück, da sie viele Jahre als Scriptgirl oder als Regieassistentin bei unterschiedlichen Projekten mitarbeitete. Es wundert daher nicht, dass The Locust ein sehr dialoglastiger Film geworden ist, der zwar viele sehr erhellenden und clevere Momente hat – doch selbst bei einer Laufzeit von nur 79 Minuten wirkt der Film stellenweise zäh.

Die iranische Kulturszene ist schon seit langem von Angst, Kontrolle und Zensur bestimmt. Immer wieder hören wir von Fällen, in denen Kulturschaffenden Hausarrest oder gar Berufsverbot erteilt wurde oder die betreffenden Personen gar mit einer Gefängnisstrafe belegt wurden, weil sie sich in ihren Werken systemkritisch geäußert haben. Durch ihre Erfahrung in der Filmszene ihrer Heimat kennt Azizkhnai diese Umstände nur zu genau und versteht es, diese so zu umgehen, dass ihre Geschichten mehrdeutig lesbar bleiben. The Locust bildet keine Ausnahme, denn schon die Lektüre der inhaltlichen Eckpunkte ihres Filmes reicht aus, um zu verstehen, dass die Botschaft von The Locust weit über die Filmszene und -produktion im Iran hinaus geht.

Hanieh ist zwar die Hauptfigur, doch eigentlich kennen alle Charaktere des Films ihren Konflikt sehr gut, denn auch sie versuchen einerseits ihrer künstlerische Integrität zu wahren und andererseits keinen direkten Konflikt mit dem politischen System zu provozieren. Die Angst schwingt mit und man kann sie spüren in den Dialogen sowie dem Schweigen dazwischen, denn obwohl in The Locust viel gesprochen wird, bleibt das Gesagte oft vage – das eigentliche Gewicht liegt im Ungesagten. Haniehs Gesprächspartner sind oftmals Platzhalter für eine Autorität, die unsichtbar bleibt, aber dennoch alles überwacht und kontrolliert. Die Spannung bezieht The Locust auf die Frage, ob die Drehbuchautorin ihre Vision aufs Spiel setzt oder nachgibt oder vielleicht selbst sogar zu einer alles kontrollierenden Instanz wird.

Für die Nachwelt

Darüber hinaus beleuchtet Faezeh Azizkhani die Stellung von Frauen in einem nach wie vor männlich dominieren Metier. Hanieh Tavassoli und Pegah Ahangarani spielen zwei Frauen, die ähnliche Ambitionen verfolgen und deren Konflikte sehr ähnlich sind, doch ironischerweise finden sie sich immer wieder als Gegnerinnen wieder. Tavassoli betont durch ihre Darstellung, welche emotionalen Wunden die ewigen Kämpfe bei ihrer Figur hinterlassen haben und wie sie darunter leidet, wiederholt als „Verliererin“ oder „Bastard“ von Menschen beschimpft zu werden. Ahangaranis Figur hingegen träumt von einer Karriere außerhalb ihrer Heimat, vom Erfolg auf Filmfesten wie Cannes und schließlich davon, dass ihre Stimme international Gehör findet. Die ideologischen und künstlerischen Grabenkriege, die sie beide durchmachen müssen, werden durch Dialoge ausgetragen, was sowohl Fluch als auch Segen ist. In den stillen Momenten findet Azizkhanis Film Ruhe und Kraft, sodass die Botschaft umso deutlicher wird, während die Gespräche der Figuren häufig um dieselben Themen kreisen und den Film an vielen Stellen sehr zäh machen.



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The Locust
fazit
„The Locust“ ist eine Mischung aus Drama und Komödie über die verschiedenen künstlerischen, privaten und politischen Herausforderungen innerhalb der iranischen Filmindustrie. Faezeh Azizkhanis Film ist vor allem in den stillen Momenten sehr kraftvoll und pointiert, während ihre Dialoge zwar treffend sind, aber auch häufig um dieselben Themen kreisen.
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