The Ballad of Wallis Island (Kinostart: 10. Juli 2025) erzählt die Geschichte des kriselnden Sängers Herb McGwyer (Tom Basden), der von Charles Heath (Tim Key) dazu eingeladen wird, auf eine Insel zu kommen und dort ein Konzert zu geben. Groß ist die Lust zwar nicht. Doch die Belohnung ist üppig, was ihm gerade recht kommt bei der Vorbereitung eines neuen Albums. Dabei ahnt Herb noch nicht, dass der exzentrische Charles tatsächlich sein einziges Publikum sein wird und auch Nell Mortimer (Carey Mulligan) kommen wird, Herbs frühere Partnerin in einem Folk-Duo. Wir haben Regisseur James Griffiths bei der Deutschland-Premiere der Tragikomödie beim Filmfest München 2025 zum Interview getroffen.
The Ballad of Wallis Island ist ursprünglich die Geschichte von Tom Basden und Tim Key, die gemeinsam das Drehbuch geschrieben haben und die Hauptrolle spielen. Wie bist du zu dem Film gekommen?
Ich kenne Tom und Tim seit mittlerweile knapp zwanzig Jahren. Ich habe Tom für einen Werbespot gecastet, für den sich auch Tim beworben hatte. 2006 haben wir zusammen den Kurzfilm The One and Only Herb McGwyer Plays Wallis Island gedreht. Darin spielten nur die beiden mit und es war eine Odd-Couple-Komödie darüber, was es heißt, die eigenen Helden zu treffen. Wir waren darauf sehr stolz und wollten unbedingt irgendwann noch einmal zusammenarbeiten. Es hat danach aber lange gedauert, bis wir einen Weg gefunden haben, wie wir daraus eine Langfilmfassung machen können. Als Covid kam, sahen wir unsere Chance gekommen, weil unsere anderen Projekte pausieren mussten und wir auf einer Insel drehen konnten. Daraus wurde zwar nichts, aber dadurch ist die Idee entstanden. Dass es so lange gedauert hat mit dem Spielfilm ist dabei aber gar nicht so schlecht. Wir waren damals ja alle noch ziemlich jung. Jetzt haben wir die Art Lebenserfahrung, wie wir sie für die Themen unseres Films brauchen: Liebe, Verlust, Nostalgie. Diesen Film zu machen, war für uns die Reise, wie sie auch Herb macht, indem wir auf eine Zeit zurückblickten, die wir lieben.
Und wie war es für dich, zu diesen Figuren zurückzukehren, gerade im Kontext eines Films, der zurückblickt?
Ich war sehr erleichtert, weil ich irgendwann schon die Hoffnung aufgegeben hatte, dass daraus etwas wird. Aber ich war auch nervös. Würde es wirklich so werden, wie es damals war? Zum Glück ging das sehr gut, auch weil ich das Gefühl hatte, dass meine eigene Reise der von Herb sehr ähnelte. Ich war damals noch voller Optimismus und machte mir über Geld keine Gedanken. Als ich an dem Film arbeitete, kamen mir dann auch die Gedanken: Wie bin ich hier gelandet? Ich hätte vorher lieber häufiger an Filmen gearbeitet, die mich kreativ auch erfüllen. Der Film war auch eine Herausforderung, weil einige der Szenen schon in dem Kurzfilm waren und es sehr schwierig ist, noch einmal die Magie einzufangen, die du vorher hattest. Du willst da einerseits das rekreieren, was du vorher hattest. Gleichzeitig sollen diese Szenen aber auch frisch sein.
Könntest du uns mehr über die Zusammenarbeit mit Tim und Tom verraten? Es ist schon ungewöhnlich, dass das Drehbuch von den Schauspielern stammt, sie also nicht nur das ausdrücken, was andere geschrieben haben.
Wir waren uns schnell einig, wie unsere Rollen beim Dreh aussehen würden. Tim und Tom wären am Set nur noch Schauspieler, nicht mehr die Autoren, die die Geschichte vorgeben. Klar, wenn wir beim Dreh das Gefühl hatten, dass etwas nicht funktioniert beim Inhalt, haben wir uns schon darüber unterhalten. Ansonsten war aber meine Aufgabe, die beiden gut in Szene zu setzen und ihnen die Möglichkeit zu geben sich zu entfalten. Wobei es schon ein Vorteil ist, wenn die Schauspieler die Geschichte geschrieben haben, weil sie immer genau wussten, worauf es ankommt. Insofern war es wunderbar mit ihnen zu arbeiten.
Und wie sah es mit Carey Mulligan aus? Sie war nicht in dem Kurzfilm und war auch nicht am Drehbuch beteiligt. Wie passte sie in euer Trio hinein?
Carey stand ganz oben auf der Liste derjenigen, mit denen wir arbeiten wollten. Ich wollte jemanden, die die Zeit und das Gefühl versteht, aber nicht unbedingt dieselbe Komik annimmt. Ihre Figur hat eine ganz eigene, andere Reise.
Du hast vorhin schon das Thema Vergangenheit erwähnt, das in dem Film eine große Rolle spielt. Sie ist auf der einen Seite sehr wichtig und macht uns zu dem, der wir sind. Sie kann aber auch zu einem Gefängnis werden. Wie schafft man die Balance, die Vergangenheit einerseits anzunehmen und zu würdigen, sich andererseits aber nicht zu sehr an ihr festzuhalten?
Das ist das große Thema des Films. Die Figuren sind in ihrer Vergangenheit gefangen. Der Gedanke, den nächsten Schritt zu machen und alles hinter sich zu lassen, kann einem schon Angst machen. Es ist doch einfacher, an dem Alten festzuhalten und sich an das Bekannte zu halten, anstatt sich auf etwas Unbekanntes einzulassen. Der Film zeigt diesen Moment, wenn du diesen Schritt machen musst, und wie schwierig das sein kann. Aber du hast natürlich recht, dass die Vergangenheit trotzdem wichtig ist. Es ist wichtig zurückzublicken, um aus deinen Fehlern zu lernen und auch zu erkennen, wie du überhaupt zu dem wurdest, der du bist. Die Vergangenheit ist Teil deiner Reise. In The Ballad of Wallis Island wird Musik zu einem Symbol für diese Balance. Auf der einen Seite kannst du mit ihr in die Vergangenheit reisen und dich erinnern, wie das alles einmal war. Aber Musik entwickelt sich weiter, es entsteht ständig neue. Ich selbst suche immer nach neuer Musik, aber auch neuen kreativen Möglichkeiten und Erfahrungen.
Welche Musik lässt dich nostalgisch werden?
Es gibt da mehrere Alben, die ich gehört habe, als ich 18, 19 waren. Die Stone Roses zum Beispiel oder 3 Feet High and Rising von De La Soul. Back to Life von Soul II Soul. Diese Musik nimmt mich zurück zu der Zeit, als ich mit der Schule fertig war und mit Freunden abgehangen habe. Aber ich höre eigentlich alles, meine Playlist besteht aus allen möglichen Liedern. Ich liebe Musik einfach. Selbst spiele ich kein Instrument. Ein bisschen Schlagzeug, aber nicht so gut, dass ich ein Musiker wäre. Für mich ist Musik Magie, wie sie es schafft, uns zusammenzubringen.
Ist Musik besser dafür geeignet als andere Kunstformen?
Ich denke schon, ja. Vielleicht weil sie prinzipiell auch ohne Wörter auskommt. Du kannst allein auf die Gefühle der Musik reagieren, selbst wenn sie aus einem anderen Land stammt. Bei Filmen gibt es eher kulturelle Unterschiede, die zu Hindernissen werden können. Deswegen haben wir den Film auch Ballad of Wallis Island genannt. Ich wollte, dass er sich wie ein Lied anfühlt, auf der einen Seite etwas außerhalb unserer Realität und doch nah dran an unseren menschlichen Erfahrungen. Die Geschichte spielt an einem etwas aus der Zeit gefallenen Ort, wie in einem Märchen.
Hast du bei der Arbeit an dem Film darüber nachgedacht, wie du andere Menschen erreichen kannst, oder ging es dir primär erstmal darum, dich selbst auszudrücken?
Vor dem Film habe ich mehrere Pilotfolgen für Serien gedreht. Dort bist du sehr auf das Ergebnis fokussiert und ob es Menschen gefallen wird, weil du sonst keine Serie bekommst. Du brauchst da Erfolg. Beim Film konnte ich mich stärker auf den Prozess als solchen konzentrieren. Ich wollte etwas schaffen, zusammen mit meinen Freunden, das ich selbst sehen wollte. Das heißt aber nicht, dass mir das Ergebnis egal ist. Es gibt nichts Schöneres, als gemeinsam mit einem Publikum deinen Film anzuschauen und die Reaktionen der anderen zu sehen.
Vielen Dank für das Interview!
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