
Ein Haus in Wien beherbergt die unterschiedlichsten Musiker unter seinem Dach. Da ist zum einen Professor Cattori (Richard Romanowsky), der Klarinette an der Oper spielt, und seine als Sängerin tätige Tochter Melanie (Hannelore Schroth). Vis-à-vis übt die Jazzkapelle von Hans Storch (Curd Jürgens), die seit Jahren auf ein lukratives Engagement am Theater hinarbeitet. Aber Komponist Attila Meisel (Karl Skraup) hat von Theaterdirektor Hofer (Theodor Danegger) gerade wieder eine Absage kassiert, die er seinem Freund Freddy Steiner (Walter Müller), dem Textdichter der Band, persönlich überbringt. Zur gleichen Zeit macht Melanie bei der Storch-Kombo stellvertretend für den Unmut ihres Vaters Luft, der dieser modernen Musik nichts abgewinnen kann und sich von deren Lärm belästigt fühlt. Lebensmittelhändler Huber (Hans Moser) gehört zwar derselben Generation an, ist aber wesentlich fortschrittlicher eingestellt, zumal seine Tochter Gretl (Herta Mayen) Revuetänzerin werden will. Als Das singende Haus 1947 entstand, markierte der Wiener Revuefilm das Kinodebüt des später zu großem Ruhm im Unterhaltungssektor kommenden Regisseurs Franz Antel (1913-2007). Gemeinsam mit Aldo von Pinelli (1913-1967) hatte Antel dazu auch das Drehbuch geschrieben (als nicht genannter Co-Autor war auch Kurt Nachmann beteiligt), und das Team sollte in Folge noch etliche ähnlich gelagerte Filme ins deutschsprachige Kino bringen, von denen viele zu Klassikern des Unterhaltungskinos und großen Publikumserfolgen wurden: Auf der Alm, da gibt’s ka Sünd‘, Vier Mädel aus der Wachau, Im schwarzen Rössl oder Liebesgrüße aus Tirol seien hier nur stellvertretend genannt, denn Antel und Nachmann arbeiteten insgesamt an über 40 Projekten zusammen. Das singende Haus ist dabei so etwas wie die Blaupause für zahlreiche inhaltlich ähnlich konzipierte Filme, in denen es um die Diskrepanz zwischen U- und E-Musik, um die Schwierigkeiten in künstlerischen Berufen, um die Probleme zwischen den Generationen und um die erste Liebe geht, die man dann auch noch passenderweise in Schlagertexten besingen kann. Herzstück eines jeden Schlagerfilms sind natürlich eingängige Melodien, um die herum die Drehbuchautoren dann ihre zumeist dürftige und leicht austauschbare Geschichte herum konstruieren können. Im Fall von Das singende Haus stand als Komponist Peter Kreuder (1905-1981) zur Verfügung, der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten schon viele Gassenhauer komponiert hatte, von denen er einige in der finalen Revuesequenz des Films noch einmal unterbringen konnte, wo die vielen verschiedenen Ideen der Protagonisten dann im Schnelldurchlauf auf der Bühne präsentiert werden. Dazu zählen auch eine witzige Zarah-Leander-Parodie zum Song Heute bin ich ein Vampir (für Leander hatte Kreuder die Musicals Lady aus Paris und Madame Scandaleuse geschrieben) und das Anreißen von Kreuder-Evergreens wie Sag‘ beim Abschied leise ‚Servus‘, Für eine Nacht voller Seligkeit oder Ich wollt ich wär‘ ein Huhn, hier auf witzig-charmante Weise dargeboten von Paul Kemp. Natürlich hatte Kreuder aber auch einige neue Nummern geschrieben, die als roter Faden in der Handlung immer wieder aufgegriffen werden, beispielsweise Lass uns von der Liebe reden (abwechselnd gesungen von Curd Jürgens und Hannelore Schroth) oder Ein Lächeln, ein zärtlicher Blick, den Jürgens mit Herta Mayen intoniert. Ungewöhnlich an Das singende Haus ist dessen Auswertungsgeschichte, denn der österreichische Film kam nach seiner österreichischen Uraufführung im Januar 1948 gar nicht in die westdeutschen Kinos. Lediglich der Sovexport-Filmverleih nahm sich des Musiklustspiels ein Jahr später an und brachte es kurz vor Gründung der DDR in Ostdeutschland in die Kinos. Eine gesamtdeutsche Erstaufführung des Films ließ bis ins Jahr 1995 auf sich warten, als Antels Debütwerk dann vom MDR im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Dementsprechend unbekannt dürfte Das singende Haus heute den meisten noch sein, auch jenen Filmfans, die sich für das Genre oder die Werke seiner Stars Hans Moser, Hannelore Schroth und Curd Jürgens interessieren. Die DVD-Premiere in der Reihe „Pidax Film-Klassiker“ schließt damit nun eine Lücke, die insbesondere Komplettisten erfreuen dürfte. Man darf hier natürlich kein anspruchsvolles musikalisches und humoristisches Kunstwerk erwarten, sondern sich der Tatsache bewusst sein, dass die Macher hier einfach nur Unterhaltungsansprüche befriedigen wollten, was ihnen auf weite Strecken auch ganz passabel gelungen ist. Der scheinbare Widerspruch zwischen ernster und unterhaltender Musik wird durchgehend thematisiert, beispielsweise auch durch den von Richard Romanowsky geäußerten Ausdruck der „Indianermusik“, wenn er sich auf die rhythmischen Jazz-Schlager der Generation seiner Tochter bezieht. Für das Genre eine spannende Bereicherung ist auch der Prozess des Liedertextens, der mehrfach im Film aufgegriffen wird und seinen Höhepunkt in der finalen Revuesequenz findet, in der Curd Jürgens das Lied Ich soll was Neues komponieren zum Besten gibt. Fans dieser Art von Unterhaltung dürften jedenfalls bereits im Vorfeld wissen, was sie hier zu erwarten haben. Hans Moser gibt einmal mehr den liebenswerten Grantler, dessen schnodderiges Wienerisch mitunter schwer zu verstehen ist, Hannelore Schroth und Herta Mayen sorgen für den erotischen Kick, und Walter Müller trifft die Balance zwischen Komik und Romantik. Besonders gelungen sind die Auftritte Paul Kemps ausgefallen, dessen Manierismen ein wenig an den Charakterkomiker Rudolf Platte erinnern. Die DVD-Erstveröffentlichung basiert auf einer restaurierten Fassung des Österreichischen Filmarchivs und bietet ein ganz gutes Bild (im Vollbildformat 1,33:1), dessen Kopie aber noch Verschmutzungen und Gebrauchsspuren aufweist. Der deutsche Originalton (in Dolby Digital 2.0) ist mitunter etwas schwer zu verstehen, insgesamt aber in Ordnung. Die auf dem Cover erwähnte Bildergalerie findet sich nicht auf der DVD, die keinerlei Extras enthält. OT: „Das singende Haus“ Amazon (DVD „Das singende Haus“) Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.Das musikalische Wien
Klassischer und rhythmischer Lärm
Land: Österreich
Jahr: 1947
Regie: Franz Antel
Drehbuch: Aldo von Pinelli, Franz Antel
Musik: Peter Kreuder
Kamera: Oskar Schnirch
Besetzung: Hannelore Schroth, Herta Mayen, Hans Moser, Richard Romanowsky, Paul Kemp, Walter Müller, Curd Jürgens
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