2014 machen sich die beiden muslimischen Teenagerinnen Doe (Ebada Hassan) und Muna (Safiyya Ingar) auf eine Reise. Von ihrer Heimat in England soll es zunächst mit dem Flugzeug nach Istanbul gehen, wo sie abgeholt werden sollen. Ihr Ziel liegt in Syrien. Doch niemand darf ihre Pläne genau kennen. Sie sind von Zuhause abgehauen, ohne ihre Eltern zu informieren. Allen Personen, die sie auf der Reise kennenlernen, vertrauen Sie nur die nötigsten Informationen über sich und ihre Reisepläne an oder lügen ihnen gleich etwas vor. Auch, wenn es nie offen ausgesprochen wird, kann man sich schnell zusammenreimen, dass Doe und Muna sich nicht auf einer Urlaubsreise befinden. Die beiden Freundinnen wollen in Syrien Kämpfer des Islamischen Staats heiraten. Als ihr Kontaktmann in Istanbul nicht auftaucht, müssen sie sich auf eigene Faust weiter nach Syrien durchschlagen.
Beeindruckendes Debüt
Nadia Fall nimmt sich in Brides also eines ernsten Themas an. Die ausgebildete Regisseurin war jahrelang am Theater tätig – unter anderem am National Theatre in London – und ist seit Januar 2025 künstlerische Leiterin des Young Vic. Nach mehreren Kurzfilmen legt sie nun ihren ersten Spielfilm vor. Der Film hatte seine Weltpremiere 2025 auf dem Sundance Filmfestival und wurde später auch auf dem Filmfest München gezeigt. Dank des nuancierten Drehbuchs von Suhayla El-Bushra und Falls Erfahrungen im Umgang mit Schauspielern und Schauspielerinnen ist ihr mit Brides ein beeindruckendes Debüt gelungen, das ein schwieriges Thema mit viel menschlicher Nähe angeht.
Die beiden Hauptdarstellerinnen starteten völlig ohne bzw. mit wenig Schauspielerfahrung in die Dreharbeiten, erweisen sich aber als die größte Stärke des Films. Von Anfang an spürt man die Nähe zwischen den zwei Freundinnen, die der Film in vollkommen natürlich wirkenden Situationen zeigt. Während Doe immer wieder ihre Unsicherheit angesichts des Zwecks der Reise offenbart, ist Muna diejenige, die den Trip knallhart durchziehen will und Doe einbläut, ja keinen Rückzieher zu machen. Zweifel haben sie sicher beide, doch Muna lässt sich davon weniger anmerken. Sie brauchen einander und können es nur gemeinsam schaffen, die Reise nach Syrien durchzuziehen. Aus beiden jungen Darstellerinnen holt die Regisseurin höchst beeindruckende Schauspielleistungen heraus.
Leichter als erwartet
Als Mischung aus Road Movie und Coming-of-Age-Drama ist Brides wie gesagt über weite Strecken leichter, als es das ernste Thema vermuten lässt. Was auch immer Does und Munas genaue Vorstellung davon ist, was sie am Ende ihrer Reise in Syrien erwartet – die Realität wird mit Sicherheit grausamer aussehen. Der Film beruht auf wahren Begebenheiten. Etwa 500 bis 600 Mädchen haben sich tatsächlich auf die Reise von England nach Syrien zum IS gemacht, die für die meisten von ihnen tödlich geendet sein dürfte.
Das Drehbuch arbeitet mit eingestreuten Rückblicken, die einem die enge Freundschaft zwischen Doe und Muna nahebringen. Auch das soziokulturelle Klima und die politische Lage in Großbritannien finden Eingang in den Film, vor allem in Form einiger Einschübe von Social-Media-Posts und -Videos, die zum Glück aber wohldosiert eingesetzt werden. Der Rassismus und die Muslimfeindlichkeit im Land dürften einen gehörigen Teil zur radikalen Entscheidung der beiden 15-jährigen Mädchen beigetragen haben, sich ohne Sprachkenntnisse in der Türkei nach Syrien durchzuschlagen
Brides sieht teurer und hochwertiger aus, als man es bei einem Indie-Film mit geringem Budget vermutet. Der Film wurde in mehreren Ländern gedreht und vermittelt hervorragend das Gefühl, auf der Reise zu sein. Bisweilen vergisst man dabei deren Ziel, ebenso wie die beiden Mädchen, zwischen denen es Momente der Leichtigkeit und des Unsinns gibt. Doch je näher sie ihrem Ziel kommen, umso mehr müssen sie sich die Frage stellen, ob sie es mit dem Ziel und Zweck ihrer Reise wirklich ernst meinen.
OT: „Brides“
Land: UK
Jahr: 2025
Regie: Nadia Fall
Drehbuch: Suhayla El-Bushra
Musik: Alex Baranowski
Kamera: Clarissa Cappellani
Besetzung: Ebada Hassan, Safiyya Ingar, Yusra Warsama, Cemre Ebuzziya, Aziz Çapkurt
Sundance Film Festival 2025
Filmfest München 2025
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