Typisch Emil
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Typisch Emil
„Typisch Emil“ // Deutschland-Start: 19. Juni 2025 (Kino)

Inhalt/Kritik

Wie lässt man am besten eine Dokumentation über einen Komiker beginnen? Richtig, mit dem (vorläufigen) Ende. Das haben wir ja schon beispielsweise in Mein Name ist Otto gesehen. Typisch Emil steigt dementsprechend standesgemäß ein, zeigt wie der Schweizer einen Lifetime Award erhält. Dann springen wir ein bisschen hin und her in der Zeit. Ausschnitte aus späteren Vorführungen, Ausschnitte aus früheren Sketchen. Ein paar kurze Interviews mit talking heads. Ein roter Faden lässt sich nicht ausmachen. So etwas kann schnell schiefgehen und ist meist auch als negative Kritik zu verstehen. Wer aber mit Emil Steinberger vertraut ist, der wird sich hieran nicht im Geringsten stören.

Augenzwinkernde Annäherung an den Kabarettisten

Emil Steinberger ist der bekannteste und wohl auch beste Kabarettist der Schweiz. Auch in Deutschland hat er viele Menschen zum Lachen gebracht, dank der hiesigen Fernsehübertragungen seiner Programme. Eine Dokumentation über ihn darf es sich erlauben, konventionelle Erzählstrukturen über Bord zu werfen. Denn Emil war nie konventionell. Seine Figuren – vom Nachtdienst-schiebenden Polizeibeamten bis zum redseligen Zugreisenden – lebten von kleinen Alltagsbeobachtungen, von absurden Details und einem exzellenten Gespür für Rhythmus und Timing. Typisch Emil versucht erst gar nicht, diese Karriere chronologisch oder analytisch aufzudröseln. Stattdessen entsteht ein Porträt, das sich wie ein Mosaik zusammensetzt. Liebevoll, fragmentarisch, mit einem leichten Augenzwinkern. Es ist auch nicht so, dass hier alles wahllos durcheinander gewürfelt wäre, höchstens auf den ersten Blick. Die Doku folgt schon einem übergeordneten Narrativ, das allerdings dezent im Hintergrund bleibt.

Wer Emil nur aus seinen Programmen kennt, kann hier das ein oder andere über ihn erfahren, das ihm zuvor völlig unbekannt war. So ist oder war Steinberger Besitzer eines Kinos – Typisch Emil erwähnt das nur en passant, bevor es schon weiter zu einem anderen Thema geht. Der Privatmensch Steinberger bleibt nach Sichtung der Doku weiterhin weitgehend ein Fremder, was ihm nur ganz recht sein dürfte. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass Steinberger selbst Teil des Autorenteams ist, was vielleicht von Anfang an prominenter hätte offengelegt werden sollen statt diese Information im Abspann zu verstecken. Immerhin wird zu Beginn klargestellt, dass Steinberger auch zu den Produzenten gehört.

Mehr Wiedersehen als Biografie

Deutlich mehr Zeit widmet Typisch Emil jedenfalls dem Aufenthalt des Kabarettisten in New York, wohin er sich im Alter von 60 Jahren zurückgezogen hatte, um dem Trubel in der Heimat zu entgehen. Diesem Abschnitt folgt eine Art Kollage von verschiedenen mit Musik untermalten Videos aus dem Privatarchiv und generell versteht es diese Dokumentation, den Zuschauer bei Laune beziehungsweise am Bildschirm zu halten.

Inwieweit das Publikum bereits mit Emil vertraut sein muss, um Typisch Emil wertschätzen zu können, lässt sich aufgrund des curse of knowledge hier nicht feststellen. Wer noch nie von ihm gehört hat und keinen einzigen seiner Sketche kennt, mag sich hier vielleicht zuweilen etwas verloren fühlen. Für alle anderen Vorwissen wird zwar nicht zwingend vorausgesetzt, aber auf jeden Fall belohnt. Typisch Emil ist keine klassische Biografie, sondern eher ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten. Gegen Ende der Dokumentation zeigt eine gelungene Montage eine Sache auf, die Emil Steinberger Otto Waalkes voraus hat: Seine vor Jahrzehnten geschriebenen und uraufgeführten Sketche funktionieren auch dann noch, wenn sie heute von einem alten Mann auf der Bühne performt werden.



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Typisch Emil
Fazit
"Typisch Emil" ist keine klassische Künstlerbiografie, sondern ein warmherziges Portrait, das sich mehr für den Bühnenmenschen als für den Privatmenschen interessiert. Wer mit den Programmen des Schweizer Kabarettisten aufgewachsen ist oder zumindest ein paar Sketche kennt, wird hier mit nostalgischem Schmunzeln belohnt. Eine konkretere Einordnung hätte dennoch nicht geschadet, um auch Zuschauer ohne Vorwissen abzuholen.
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