Third Act
© Tadashi Nakamura

Third Act

Third Act
„Third Act“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Tadashi Nakamura hat mit seinem Dokumentarfilm Third Act ein zutiefst persönliches Porträt seines Vaters, des renommierten Filmemachers, Fotografen und Medienaktivisten Robert A. Nakamura, gedreht. Nach seiner Weltpremiere beim Sundance Film Festival 2025 feiert er nun im Wettbewerb der zweiten Dokumentale seine Deutschlandpremiere. Der Regisseur macht von Anfang an deutlich, dass dieser Film mehr ist als ein biografisches Projekt – er ist zugleich ein familiärer Liebesbrief, ein Archiv persönlicher Erinnerungen und der Versuch, filmisch ein Leben festzuhalten, das nicht nur für ihn als Sohn, sondern auch für das asiatisch-amerikanische Filmschaffen von zentraler Bedeutung ist. Schon vor dem Vorspann hören wir Tad als Kind, der seinen Vater interviewt: eine zärtliche Tonspur, überlagert von alten Familienfotos. Diese Szenen setzen den Ton: Third Act ist ein Film über Nähe – manchmal vielleicht zu viel davon.

Godfather of Asian American Media

Im Zentrum steht Robert A. Nakamura, geboren 1936 in Venice, Kalifornien, Sohn japanischer Einwanderer (Issei) und über Jahrzehnte hinweg als „Godfather of Asian American Media“ bezeichnet. In Third Act werden Ausschnitte aus seinem Werk eingeblendet, u.a. aus Manzanar (1971) – dem ersten Dokumentarfilm über die Internierung japanischstämmiger Amerikaner nach Pearl Harbor, den Nakamura aus einer sehr persönlichen Perspektive heraus realisierte. Von diesem Film aus schlägt Tadeshi Nakamura in seinem Werk den Bogen zur Kindheit seines Vaters – wie der junge Bob als Kind aus seinem Alltag gerissen und in das Internierungslager Manzanar gebracht wurde. Diese Erfahrung wird in Third Act nicht nur historisch, sondern vor allem emotional nacherzählt – als Wunde und Ursprung zugleich. Tad stellt eine direkte Linie her: Die Reise seines Vaters zurück nach Manzanar, um dort 1969 die erste Gedenkfahrt („Manzanar Pilgrimage“) fotografisch zu dokumentieren, markiert einen Wendepunkt – politisch wie biografisch. Denn von diesem Zeitpunkt wird Robert Nakamura aktivistisch tätig.

Einer der interessanten Ansätze von Third Act ist, dass Tadashi Nakamura die Struktur eines Dreiakters – wie der Titel nahelegt – nutzt, um das Leben seines Vaters zu ordnen. Im Gespräch mit seinem eigenen kleinen Sohn Prince deutet sich die Erzählarchitektur an: Der erste Akt ist Kindheit und Internierung, der zweite Akt die künstlerische und aktivistische Laufbahn, der dritte Akt schließlich Krankheit, Alter und familiäre Weitergabe. Diese dramaturgische Selbstreflexion funktioniert gut – gerade weil der Film nicht vorgibt, ein objektives Biopic zu sein. Dennoch bleibt man als Zuschauer:in mitunter mit dem Gefühl zurück, dass der zweite Akt – also Nakamuras filmisches Wirken, sein Einfluss auf Institutionen wie Visual Communications (VC) oder das Center for EthnoCommunications an der UCLA – zu wenig Raum bekommt. Zwar wird sein akademisches und dokumentarisches Schaffen gestreift, seine Bedeutung für eine ganze Generation asiatisch-amerikanischer Medienmacher:innen aber eher behauptet als erschlossen.

Ein (zu) intimes Portrait

Stärker ist der Film in den Passagen, die die Vater-Sohn-Dynamik ausleuchten. Bob Nakamura, der spät Vater wurde (erst mit 45), erscheint als zugleich bewunderter wie ungreifbarer Elternteil. Tads eigene Kindheit – sein Versuch, ein „All-American Boy“ zu sein – wird ebenso thematisiert wie seine spätere Rolle als Assistent und Partner seines Vaters bei filmischen Projekten. Dabei gelingt dem Film eine stille Umkehrung: Aus dem Versuch, einen Film für seinen Vater zu machen, wird eine Reise zu sich selbst. Diese Wandlung spiegelt sich auch in der spürbaren Melancholie der Bilder des dritten Akts des Films wider – wenn Bob, gezeichnet von Parkinson, auf Neujahrsfeiern überfordert wirkt oder seine Depression thematisiert wird. Besonders eindringlich ist dabei der Moment, in dem Bob eingesteht, sich früher einen Vater ohne Akzent und japanisches Gesicht gewünscht zu haben – eine Reflexion über Assimilationsdruck, Selbsthass und kulturelle Entfremdung, die den emotionalen Kern des Films bildet.

Doch so berührend viele dieser Szenen sind, so deutlich wird auch, dass Third Act in seiner emotionalen Dichte mitunter die analytische Distanz verliert. Tadashi Nakamura weiß, wie wichtig Robert A. Nakamura war und immer noch ist – er zeigt es aber zu selten jenseits familiärer Referenz. Interviews mit Weggefährten, tiefere Einblicke in zentrale Filme wie Hito Hata: Raise the Banner oder Toyo Miyatake: Infinite Shades of Gray bleiben weitgehend aus. Auch die institutionelle Pionierarbeit, mit der Nakamura das Fundament für asiatisch-amerikanische Medienkultur legte, wird zwar erwähnt, aber nicht wirklich kontextualisiert. Was bleibt, ist ein intimes Porträt mit vielen berührenden Momenten – ein Film, der nicht nur um das Vermächtnis eines Vaters kreist, sondern eher um das Ringen eines Sohnes mit der eigenen Identität und filmischen Sprache.



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Third Act
fazit
„Third Act“ ist ein persönlich gefärbtes Porträt, das weniger das Lebenswerk Robert A. Nakamuras analysiert als die emotionale Annäherung eines Sohnes an seinen Vater – und an die eigene Identität. Die filmische Nähe berührt zwar, tut dies aber auf Kosten kontextueller Tiefe.
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