
Echo Valley erzählt die Geschichte von Kate (Julianne Moore), die mehrere Krisen durchmacht, und ihrer drogenabhängigen Tochter Claire (Sydney Sweeney). Als diese mit dem Drogendealer Jackie (Domhnall Gleeson) Ärger bekommt, tut Kate alles dafür, um ihre Tochter zu schützen und beginnt dabei, selbst Grenzen zu überschreiten. Anlässlich des Starts am 13. Juni 2025 auf Apple TV+ haben wir uns mit Regisseur Michael Pearce und Gleeson über die Arbeit an dem Thriller unterhalten.
Was hat euch beide daran gereizt, diesen Film zu drehen? Was ging in euch vor, als ihr das Drehbuch gelesen habt?
Michael Pearce: Es ist selten, dass du ein Drehbuch bekommst, das so voll von großartigen Figuren ist, von erwachsenen Themen, aber auch Wendungen, die du nicht vorhersiehst. Ich habe es sehr schnell in einem Rutsch gelesen. Ich mochte auch den Rhythmus davon, dass es als langsamer Thriller beginnt, bevor die Geschichte immer weiter eskaliert und ständig etwas Neues geschieht. Ich war zwischendurch immer wieder überrascht und wusste nicht, wie der Autor das auflösen würde. Das Drehbuch arbeitet dabei mit der Präzision einer Schweizer Uhr, was ich sehr bewunderte.
Domhnall Gleeson: Mir ging es ganz ähnlich. Ich fand das Drehbuch fantastisch und habe anschließend viel mit Michael darüber gesprochen. Die Mutter-Tochter-Beziehung ist unglaublich und wunderschön, die Geschichte hat richtig viel Herz – zusätzlich zu den ganzen Wendungen.
Michael, was wolltest du mit dieser Beziehung ausdrücken? Was war dir wichtig?
Michael Pearce: Wir haben zwei Frauen, die jeweils auf ihre Weise kaputt sind und die sich gegenseitig sehr weh tun. Am Anfang hast du noch diese Fassade, dass alles irgendwie gut ist. Da ist etwas Süßes und Zärtliches in dieser Beziehung, bevor du die Risse siehst und feststellst, wie dysfunktional und toxisch ihr Verhältnis ist. Ich habe viel mit Julianne und Sydney darüber gesprochen, sowohl einzeln wie auch zusammen. Wie tun sie sich weh? Wie schützen sie einander? Diese Beziehung konnte sich immer von einem Moment zum nächsten ändern.
Der Film spielt mit der Unterscheidung zwischen gut und böse, wenn Kate anfängt, für ihre Tochter Claire Grenzen zu überschreiten. Wie schwierig ist es, mit einer solchen Ambivalenz zu arbeiten?
Michael Pearce: Das ist tatsächlich der Teil, der mich am meisten interessiert. Ich suche immer nach solchen Ambivalenzen im Drehbuch. Je stärker die Figuren in ein ethisches Dilemma geraten, umso aufregender wird es auch für den Cast. Der Film wird dann zu einer undurchsichtigen Spielwiese, auf der du dich austoben kannst. Ich versuche dann auch, das alles möglichst offen zu halten und dem Publikum keine Antworten vorzugeben. Wir wollen den Zuschauern und Zuschauerinnen den Raum geben, um in dieser Welt verlorenzugehen. Das sind die Filme, die mich selbst am meisten interessieren.
Wir lernen Jackie als einen Drogendealer kennen. Später beginnt er zusätzlich, Kate zu erpressen. Wieso tut er das?
Domhnall Gleeson: Jackie ist sehr gut darin, in anderen Schwächen zu erkennen. Er ist durch das Leben gekommen, indem er die Verwundbaren ausnutzt. Als er Kate kennenlernt, spürt er sofort, dass sie alles für ihre Tochter tun würde, und er sieht darin eine Gelegenheit. Natürlich ist es abscheulich, was er da tut. Er ist niemand, dem du begegnen möchtest. Aber er hat recht mit seinem Urteil.
Es ist nicht das erste Mal, dass du einen Antagonisten spielst. Jackie ist aber ein besonders finsteres Beispiel. Ist es für dich wichtig, dass du dich mit dieser Finsternis in deiner Figur identifizieren kannst?
Domhnall Gleeson: Ich denke, dass es zur Aufgabe eines Schauspielers dazugehört zu verstehen, warum eine Figur ist, wie sie ist, auch wenn sie das selbst nicht versteht. Die Figur muss mehr sein als einfach nur ein schlechter Mensch. Mehr als nur das leere Böse. Jackie hat einen Weg für sich gefunden, wie er in dieser Welt überleben kann, in der er feststeckt. Er hat seine eigenen Hoffnungen und Träume, sein eigenes Verlangen, aus allem herauszukommen und woanders noch einmal neu anzufangen. Wahrscheinlich wäre ein solcher Neuanfang schwierig, er würde kaum einmal zu einem guten Menschen werden. Er ist ein Bully der besonders extremen Art. Und Bullys sind oft Menschen, die selbst Opfer von Bullys waren und nun den Spieß umdrehen, um anderen das anzutun, was sie selbst erlebt haben. Das ist der Schlüssel zu der Figur. Wenn du dann am Set bist, musst du dich einfach gehen lassen und die Macht genießen, die Jackie über andere hat, weil er sie selbst genießen. Deswegen war es eine tolle Erfahrung für mich, ihn zu spielen, selbst wenn er eine solch finstere Figur ist.
Wirst du also auch weiterhin solche Figuren spielen?
Domhnall Gleeson: Wenn sie gut geschrieben sind, sicher. Wobei es mir schon wichtig ist, immer wieder etwas Neues zu versuchen. Wenn ich immer nur den Bösen spielen würde, wäre das ebenso langweilig wie, wenn ich nur noch romantische Komödien drehen würde. Es braucht da schon eine gute Mischung, damit das auch für mich spannend bleibt. So interessant es für mich war, Jackie zu spielen, hätte ich keine Lust, immer wieder nur Variationen davon zu machen.
Vielen Dank für das Interview!
(Anzeige)