Der Tod ist ein Arschloch
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Der Tod ist ein Arschloch

Der Tod ist ein Arschloch
„Der Tod ist ein Arschloch“ // Deutschland-Start: 27. November 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

In den westlichen Gesellschaften wird der Tod gern aus dem Alltag verdrängt – als ob er sich durch konsequentes Ignorieren aufhalten ließe. Dabei ist seine Gewissheit unbestreitbar. Der Tod ist ein Arschloch, nach zahlreichen Kurzfilmen und Die Kandidaten (2019) der zweite lange Dokumentarfilm von Michael Schwarz, unternimmt den Versuch, diese Verdrängung aufzubrechen. Statt pathetischer Bilder oder moralischer Appelle setzt Schwarz in seinem Film, der auf dem Filmfestival Max Ophüls seine Premiere feierte und nun im Programm der Dokumentale in Berlin zu sehen ist, auf Nähe: Er begleitet die Mitarbeitenden des Berliner Bestattungsunternehmens Lebensnah – allen voran dessen Gründer Eric Wrede – bei ihrer täglichen Arbeit, bei Gesprächen mit Hinterbliebenen, in Vorbereitung auf Beerdigungen, aber auch im Privaten. So entsteht das Porträt eines Berufs, der an der Grenze zwischen Leben und Tod operiert – aber vor allem auch ein Film über das Leben selbst.

Der letzte Weg als Gemeinschaftsprojekt

Der rote Faden des Films ist die Geschichte der unheilbar krebskranken Gabi Kohn, die zusammen mit ihrem guten Freund und Trauerredner Marco Ammer sowie Wrede ihre eigene Beerdigung plant. Der Film kehrt immer wieder zu ihr zurück – vom ersten Gespräch über die Organisation bis hin zur Durchführung der Trauerfeier. Diese dramaturgische Klammer gibt dem Film nicht nur Struktur, sondern ist auch sein emotionaler Mittelpunkt. Denn anders als in vielen Fernsehdokumentationen, in denen Bestattungsinstitute oft als Dienstleister oder Kuriositätenschauplatz erscheinen, gelingt es Schwarz hier, die Menschen hinter der Arbeit sichtbar zu machen. Der Umgang mit dem Tod wird so nicht nur gezeigt, sondern fühlbar gemacht – mit all seiner Traurigkeit, Unsicherheit, aber auch mit Empathie und gelegentlicher Leichtigkeit.

Zurückhaltung als Stilmittel

Auffällig ist, wie sehr der Film auf Zurückhaltung setzt – filmisch wie inhaltlich. Es gibt keine Musikuntermalung, es sei denn, sie ist Teil einer Beerdigungsszene. Die Kamera beobachtet, sie drängt sich zu keinem Zeitpunkt auf. Besonders in den Gesprächen mit Kundinnen und Kunden wird deutlich, wie sehr Regisseur Schwarz darauf bedacht war, nicht zu inszenieren. Die Nähe, die entsteht, wirkt deshalb nie voyeuristisch, sondern wie ein respektvolles Dabeisein. Diese Haltung erkennt man sichtlich auch bei den porträtierten Bestatterinnen und Bestattern: Ob Maria Schuster, die während der Versorgung Verstorbener mit ihnen spricht, oder Eric Wrede, der sich selbst als „Erklärbär“ bezeichnet – allen ist anzumerken, dass sie den Umgang mit dem Tod nicht nur als Beruf begreifen, sondern auch eine persönliche Verantwortung und Passion darin sehen, Menschen in dieser schwierigen Situation zu begleiten.

Dass gerade Eric Wrede in der Öffentlichkeit präsent ist – als erfolgreicher Buchautor, Podcaster („The End“) und regelmäßiger Talkshowgast – merkt man auch dem Film an. Wrede ist ein Kommunikationstalent, aber nie aufdringlich; seine Offenheit über den eigenen Umgang mit dem Tod wirkt ehrlich, nicht einstudiert. Dass er, obwohl täglich mit dem Thema konfrontiert, „tierische Angst“ vor dem eigenen Tod hat, sagt mehr über den Grundton des Films als viele andere im Film geäußerte Sätze: Der Tod ist ein Arschloch will nichts beschönigen, aber auch keine Angst machen. Er will den Tod sichtbar machen – und ihn dadurch vielleicht ein wenig entmystifizieren.



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Der Tod ist ein Arschloch
fazit
Ein stiller, eindringlicher Dokumentarfilm, der den Tod nicht erklärt, sondern erfahrbar macht – mit Respekt, Empathie und kluger Zurückhaltung. „Der Tod ist ein Arschloch“ enttabuisiert ohne Effekthascherei und zeigt, wie menschlich und tröstlich der Umgang mit dem Sterben sein kann.
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