
Das Kammerorchester in Reykjavik hat auch schon mal bessere Tage gesehen. Tatsächlich müsste schon ein Wunder geschehen, um dieses vor der Schließung zu retten, da das Publikum ausbleibt und die weitere Finanzierung unsicher ist. Und eben ein solches Wunder scheint zum Greifen nahe, als der international bekannte Cellist Klemens (Hilmir Snær Guðnason) ankündigt, wieder in seine alte Heimat zurückkehren zu wollen. Die Geigerin und Orchesterleiterin Sigríður (Helga Bragan Jónsdóttir) fackelt dann auch nicht lange und nimmt Kontakt zu dem Starmusiker auf. Zu ihrer Freude sagt er zu, sich der Gruppe anzuschließen, selbst wenn das bedeutet, dafür den bisherigen Cellisten aus dem Orchester zu werfen. Dabei ahnt sie jedoch nicht, dass Klemens ein selbstverliebter Despot ist, der gnadenlos jede Frau anbaggert, die ihm über den Weg läuft …
Hässlicher Humor aus Island
Bei Filmen aus Island dürften den meisten zunächst düstere Werke einfallen. Kürzlich war da beispielsweise das poetisch-schmerzhafte Drama Wenn das Licht zerbricht über eine Clique, die einen plötzlichen Todesfall verkraften muss. Hinzu kommen Genrebeiträge wie der Mysterythriller Cold – Tod im Eis, bei dem es unter anderem um zwei rätselhafte Todesfälle in einer Jugendstrafanstalt geht. Mit Der letzte Takt kommt nun bei uns ein Film in die Kinos, der beweist, dass man auch in dem fernen Inselstaat etwas von Humor versteht. Das bedeutet aber nicht, dass es bei der isländischen Komödie nicht auch zusätzlich einige ernste Themen gibt, über die man vielleicht nicht unbedingt lachen mag.
Eines davon ist #MeToo. So stellt sich bald heraus, dass der Hoffnungsschimmer nicht einmal versucht, seine eigenen Abgründe zu verdecken. Ohne jegliche Scham wirft er sich an alle Frauen im Ensemble heran, bestehende Partnerschaften sind ihm egal. Auch sonst hat der Musiker außerhalb seines Talents wenig Positives vorzuweisen, was man aber stillschweigend in Kauf nimmt. Schließlich geht es um das hehre Ziel, das Orchester zu retten. Da wird dann auch schon mal ein langjähriges Mitglied vor die Tür gesetzt, der Zweck heiligt die Mittel. Der letzte Takt hat dabei schon auch satirische Tendenzen und stellt die Frage, wie weit man für eine gute Sache gehen würde, bevor sie richtig hässlich wird. Allerdings wird diese Diskussion nicht sonderlich weit verfolgt.
Überraschende Wendung
Stattdessen wird es im weiteren Verlauf überraschend makaber, wenn sich die Geschichte in eine unerwartete Richtung weiterentwickelt. Das kann schon auch Spaß machen, zumindest wenn man selbst einen solchen dunkler gefärbten Humor mag. Feinsinn sollte man von Der letzte Takt hingegen nicht erwarten. Regisseur und Drehbuchautor Sigurjón Kjartansson, der zuvor unter anderem die Mysterydrama-Serie Katla entwickelt hat, mag es lieber etwas gröber und derber. Die Art und Weise, wie das Problem um den übergriffigen Cellisten „gelöst“ wird, ist nicht unbedingt die ganz hohe Kunst der Komödie. So wie auch der Rest des Films eher anspruchslos ist, zudem nicht die Schärfe hat, die man bei dem Werk vielleicht hätte erwarten dürfen.
Das heißt aber nicht, dass der Film keinen Spaß macht. So hat sich Kjartansson trotz offensichtlicher Vorbilder schon etwas einfallen lassen, wenn er die besagte Wendung nimmt und genüsslich die Geschichte eskalieren lässt. Und es hat auch etwas von einem Crowdpleaser, wenn das selbstverliebte Ekel das bekommt, was es „verdient“. Insofern kann man, eine Vorliebe für diese Art Humor vorausgesetzt, hier schon einmal reinschauen. Das spielfreudige Ensemble trägt dazu bei, dass man schon auf seine Kosten kommt, sofern man eben nicht zu viel von Der letzte Takt erwartet. Das ist hier eine amüsante, leicht abgründige Komödie, mit der man sich die Zeit vertreiben kann, die aber weniger Eindruck hinterlässt als so manch anderer Film aus Island.
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