
Der 13-jährige Ben (Everett Blunck) verbringt die Sommerferien in einem Trainingscamp für Wasserball. Bei seiner Ankunft stellt er fest, dass einige der anderen Jungs bereits in der ersten Hälfte der Ferien teilgenommen haben und dadurch bereits eine unausgesprochene Hierarchie herrscht. Besonders der jüngere, aber selbstbewusste Jake (Kayo Martin) hat den Rest der Gruppe fest im Griff, ganz zum Leidwesen Elis (Kenny Rasmussen). Dieser hat sich zu Beginn der Sommerferien einen Ausschlag zugezogen, weshalb ihn die anderen Jungs unter dem Vorwand, er habe Lepra oder die Pest, ächten. Der neu dazugestoßene Ben versucht, sich zwischen Empathie und Gruppendynamik zurechtzufinden, ohne dabei selbst ein Außenseiter zu werden.
Jugendliche Grausamkeiten
Charlie Pollinger debütiert mit The Plague, einem psychologischen Thriller aus der Sicht eines 13-jährigen Jungen. Stehts lebensnah, inszeniert er anhand einer Gruppe pubertierender Jugendlicher Erfahrungen und Gefühle, an die sich so gut wie jeder Zuschauer in der eigenen Kindheit zurückerinnern wird: soziale Hierarchien, der unbedingte Wunsch nach Akzeptanz und Zugehörigkeit, notfalls entgegen der eigenen Empathie und zu Lasten der eigenen moralischen Grundvorstellung. The Plague verarbeitet bekannte Motive des Themas Mobbing wie Mitläufertum, Selbstschutz und Ignoranz. Gleichzeitig zeigt der Film einen schleichenden Verlust der eigenen Identität – den fast zwanghaften Drang, sich anzupassen, um konstruierten Vorstellungen eines Normals zu entsprechen, das Einzelne definieren und anderen sogar unbemerkt indoktrinieren. Ein Prozess, der in den seltensten Fällen das Resultat bewusste Manipulation ist, sondern vielmehr dem Weg des geringsten Widerstands folgt, aus Mitläufertum hinter einer imaginären, zufälligen Hierarchie heraus.
The Plague erweckt nie den Eindruck, dass der jüngere Jake berechnend oder inhärent bösartig wäre. Seine Autorität über die Gruppe ergibt sich vielmehr daraus, dass er durch einen Zufall länger im Sommercamp war als die meisten anderen und durch seine natürliche Extrovertiertheit. Auf der anderen Seite ist Elis Hautausschlag ebenfalls das Produkt reinen Zufalls. The Plague zeigt, wie soziale Rollen und Dynamiken, die aus bloßen Zufällen entstehen, unbewusst das Handeln formen – mit Folgen, die weit über das Camp hinausreichen könnten. Der Film überlässt diese Erkenntnis jedoch vollständig seinem Publikum.
Talent auf beiden Seiten der Kamera
Kayo Martin brilliert in der Rolle des charismatischen, extrovertierten Rädelsführers Jake durch eine exzellente schauspielerische Leistung. Auch die Darstellungen von Everett Blunck als Ben und Kenny Rasmussen als Eli überzeugen auf ganzer Linie und bleiben nachhaltig in Erinnerung. Komplettiert wird das Ensemble durch Joel Edgerton als Coach und eine ganze Reihe talentierter junger Schauspieler.
Stilistisch definiert sich The Plague als vergleichsweise leichter psychologischer Thriller, der weniger über herkömmliche Spannung als über soziale Konflikte funktioniert. Zusätzlich greift der Film vereinzelt auf Body-Horror-Elemente zurück, ohne jemals wirklich dem im Trailer angedeuteten Horror zu verfallen. Diese spezielle Atmosphäre wird unterstützt durch einen ausgesuchten, jugendlich-modernen Soundtrack. Komplettiert durch exzellenten Ton und Kameraarbeit, die besonders bei den Unterwasserszenen beeindruckt, ist The Plague auch abseits des fesselnden Themas eine audiovisuelle Bereicherung.
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