In Guinea-Bissau soll der portugiesische Umweltingenieur Sergio (Sérgio Coragem) bei einem Straßenbauprojekt helfen. Von seinem Gutachten über die Umweltverträglichkeit des Bauvorhabens hängt sehr viel ab, denn nicht nur der Ruf der NGO, die ihn beauftragt hat, steht auf dem Spiel, sondern auch der Lebensraum vieler Menschen, die der Straße eventuell weichen müssen. Sein Vorgänger hat, wahrscheinlich wegen der hohen Erwartungen an ihn, den Job an den Nagel gehängt, weshalb nun alles von Sergio abhängt. Schon bei der ersten Besichtigung des Gebietes, auf dem die Straße entstehen soll, merkt Sergio, dass noch weit mehr auf dem Spiel steht. Während er versucht, so gut es geht seinen Job zu machen, lernt er Diara (Cleo Diára) und ihren Freund Guilherme (Jonathan Guilherme) kennen. Beide versuchen ihrerseits, in Bissau zu überleben, doch während Diara innerhalb der verschiedenen sozialen Zirkel der Stadt verkehrt, sucht der gebürtige Brasilianer Guilherme in erster Linie eine Identität, die ihm seine eigentliche Heimat nicht geben konnte. Durch die Bekanntschaft zu den beiden wird Sergio klar, dass er bei seiner Arbeit nur verlieren kann, egal, ob die Straße nun gebaut wird oder nicht.
Post-koloniale, kapitalistische Landschaft
Mit seinem neuen Film I Only Rest in the Storm verbindet Regisseur Pedro Pinho (A Fábrica de Nada) ein ambitioniertes Vorhaben. Wie er in seinem Statement zum Film beschreibt, will er die „post-koloniale, kapitalistische Landschaft“ abbilden und seinem Zuschauer einen Eindruck der verschiedenen Perspektiven auf dieses komplexe Problem ermöglichen. Das erklärt auch die Laufzeit von I Only Rest in the Storm, der bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes zu sehen ist, denn mit über drei Stunden lässt sich Pinho sehr viel Zeit für die Themen der Geschichte sowie die Figuren. Die Idee hinter I Only Rest in the Storm ist bemerkenswert und erinnert an die Arbeiten von Regisseuren wie Claire Denis, doch leider verzettelt sich Pinho an der ein oder anderen Stelle.
Die ersten Minuten von I Only Rest in the Storm sind vielleicht die interessantesten des ganzen Filmes. Pinhos verlässt sich in der Sequenz, die das Eintreffen Sergios in Guinea-Bissau zeigt, vor allem auf seine Bilder, die Wüste und den Wind. Sergios Mietwagen, ein Mercedes, gibt mitten in der Wüste seinen Geist auf und nach vermutlich Stunden des Wartens kommt endlich ein LKW, der ihn zur nächsten Werkstatt bringt. Der Mechaniker ist jedoch nicht da, sodass Sergio auf ihn warten muss. Die Sequenz endet mit dem Protagonisten, der in die Wüste hinausgeht, in die Hitze und den Wind.
Es sind in erster Linie solche Bilder, die bei I Only Rest in the Storm im Kopf des Publikums verweilen und einen Eindruck vermitteln, in welche Sackgasse sich die Hauptfigur mit der Übernahme seines neuen Jobs hineinmanövriert hat. Trotz der diversen Bemühungen, Brücken zu bauen, metaphorisch wie auch in Bezug auf das Bauprojekt, bleibt eine merkliche Distanz, die nicht überwunden werden kann. Die Grenzen sind fühlbar in I Only Rest in the Storm, sie bestehen zwischen den Kulturen und den Klassen, zwischen den Einheimischen und den Menschen, die von außen kommen, den NGOs oder den Geschäftsleuten. Pinho verweist auf die Hintergründe des Gutmenschentums, auf das Profitdenken und die politischen Mechanismen, die wie die Wüste anmuten, in der unser Held scheinbar verschwindet.
Verloren in der Welt
Neben der politisch-sozialen Ebene gibt es in I Only Rest in the Storm noch die persönliche. Die bereits beschriebene Anfangsszene kann hier ebenfalls als Vorausdeutung angesehen werden, dass die vermeintlich sichere Identität aufgehoben wird. Sérgio Coragem, Cleo Diára und Jonathan Guilherme spielen Figuren, deren Identität nicht mehr sicher scheint, was zu unterschiedlichen Konflikten führt. Während Diara scheinbar einen Weg gefunden hat, wie sie mit diesem Umstand umgehen kann und zwischen den unterschiedlichen Schichten der Gesellschaft Bissaus verkehrt, wirkt Guilherme vergleichsweise verloren. Sergios Prinzipien und Vorstellungen wirken nach der Begegnung mit der Wirklichkeit des Landes, in dem er nun für einige Zeit arbeiten wird, naiv und unvollständig. Nie gehört er dazu und immer sticht er heraus, wobei die Konsequenzen variieren. Über allem steht jedoch noch eine andere Ebene, die das Kapitals, die alles steuert und regiert und der letztlich egal ist, was der Ausgang des Konflikts bedeutet. Die Wüste wird einen letztlich aufnehmen und man wird in ihr verschwinden, wie schon viele vorher.
(Anzeige)