
Die Familie Buddenbrooks ist in der Stadt Lübeck und weit darüber hinaus wegen ihres Getreidegroßhandels sowie ihrer exzellenten Beziehungen bekannt. In dem großzügigen Anwesen der Familie, an deren Spitze Konsul Jean Buddenbrook (Armin Mueller-Stahl) und seine Frau Bethsy (Iris Berben) stehen, gehen Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur ein und aus. Für die Nachfolge ist auch schon gesorgt, denn Jeans und Bethsys Söhne Thomas (Mark Waschke) und Christian (August Diehl) haben in Amsterdam und London das Handwerk gelernt, um den Betrieb einmal übernehmen zu können. Jedoch liegt Unglück über der Familie, denn die Heirat ihrer Schwester Tony (Jessica Schwarz) mit dem Geschäftsmann Grünlich (Justus von Dohnányi) steht unter keinem guten Stern. Das Ereignis zwingt die Söhne, viel früher als ihnen lieb ist, die Führung in der Firma und in der Familie zu übernehmen. Doch die Rückschläge für die Familie hören damit noch längst nicht auf, sodass nicht nur das wirtschaftliche Überleben der Buddenbrooks, sondern ihr Zusammenhalt überhaupt bald auf dem Spiel steht.
Eine Familien- und Jahrhundertchronik
Buddenbrooks: Verfall einer Familie von 1901 von Thomas Mann ist nicht nur ein Ereignis innerhalb der deutschen Literatur, sondern gehört in den Kanon der Weltliteratur. Mann zeigt, wie später auch Der Zauberberg, das Ende einer Ära und den Übergang in eine Zeit der Unsicherheit und Konflikte, widergespiegelt in der Geschichte der berühmten Familie Buddenbrook. Für Regisseur Heinrich Breloer gehört die Beschäftigung mit der Familie Mann und ihre Bedeutung für die deutsche Kultur mit zu seinen Lebensaufgaben. Das erfolgreiche Doku-Drama Die Manns – Ein Jahrhundertroman erzählt anhand nachgestellter Szenen sowie Interviews und Archivmaterial die Geschichte der Familie. Da sich durchaus gewisse Parallelen zwischen der Familie Mann und der fiktiven Familie Buddenbrook aufzeigen lassen, war wohl eine Adaption eines der Hauptwerke Thomas Manns der logische nächste Schritt. In Sachen Detailtreue ist dies Breloers Verfilmung durchaus gelungen, aber zum Kern des Romans dringt er leider nicht vor, weder in der Kinofassung noch in der dreistündigen TV-Fassung.
Denkt man an Buddenbrooks, denkt man nicht zuletzt an die ausschweifende Beschreibung des Äußeren. Mann hält in hypotaktischen Satzstrukturen fest, wie beispielsweise ein Essen im Hause Buddenbrook abläuft, welche Gerichte es gibt und wie diese zubereitet sind oder wie der reiche Tisch dekoriert ist. Natürlich kann eine Adaption, auch nicht Breloers, so sehr ins Detail gehen, aber seine Adaption kommt dieser Schilderung schon sehr nahe. Der Zuschauer merkt recht schnell, dass es sich bei den Figuren auch so verhält, bei ihrer Garderobe, ihrer feinen Ausdrucksweise oder ihrer Sprache generell. Breloer erweckt die Vision Thomas Manns zum Leben und man kommt als Zuschauer nicht umhin, diese sehr unterschiedlichen Feinheiten der Inszenierung zu bewundern. Wir sehen nicht nur den Reichtum der Familie, denn auch die Kultiviertheit und die biedermeierliche Harmonie stehen stellvertretend für eine prächtige, ertragreiche Zeit. In Manns Roman liest man jedoch zwischen den Zeilen, dass dies nur eine Fassade ist und der Kern schon lange marode geworden ist, bei Breloer kommt dies lediglich durch die Schauspieler zum Tragen.
Schöne Fassade, maroder Kern
Heinrich Breloers Verfilmung von Buddenbrooks erleidet dasselbe Schicksal wie die meisten Adaptionen von Weltliteratur. Dabei geht es weniger um die Binsenweisheit, dass das Buch ja immer besser sei als die Verfilmung (was sowieso nicht immer stimmt). Breloer bildet ab, denkt aber nicht immer weiter, er schafft viele Details und Feinheiten, doch leider wenig überzeugende oder gar im Gedächtnis bleibende Bilder. Über das großartige Ensemble erhält man als Zuschauer noch den besten Eindruck von der innerlichen Zerrissenheit der Figuren, wobei Jessica Schwarz als Tony Buddenbrook und August Diehl als Christian Buddenbrook besondere Erwähnung verdienen. In ihren Szenen, beispielsweise den Dialogen zwischen Tony und ihren Ehemännern, merkt man, um was es in Buddenbrooks im Kern geht. Die junge Generation will die Nachfolge übernehmen, wird aber aufgrund der Erwartungshaltung an sie und die sanfte Tyrannei des Patriarchen der Familie erstickt. Breloers Film bleibt leider auf der Ebene der Familie, doch den Verweis auf die Zeitgeschichte, den Mann intendierte, bemerkt man leider viel zu selten.
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