Polite Society
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Polite Society

„Polite Society“ // Deutschland-Start: 24. August 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Die britisch-pakistanische Teenagerin Ria Khan (Priya Kansara) hat einen großen Traum: Sie will einmal als Stuntfrau arbeiten! Unentwegt trainiert sie dafür, übt sich in der Kampfkunst und nimmt mit ihrer älteren Schwester Lena (Ritu Arya) Videos auf. Auch sonst ist das Verhältnis der beiden sehr eng, die nicht nur Schwestern, sondern auch beste Freundinnen sind. Deshalb ist die Enttäuschung bei Ria groß, als Lena ihr Kunststudium schmeißt und wieder bei ihren Eltern Fatima (Shobu Kapoor) und Rafe (Jeff Mirza) einzieht. Denn die hielten ohnehin nie viel von den Plänen ihrer Töchter. Aber es wird noch schlimmer, als Lena auch noch Salim (Akshay Khanna) heiraten soll, den Sohn von Raheela (Nimra Bucha), die sich als Führungsfigur unter den pakistanischen Auswanderinnen etabliert hat. Eine arrangierte Ehe? Das ist mit Ria nicht zu machen. Und so setzt sie alles daran, die beiden wieder auseinanderzubringen …

Generationenkonflikt zwischen zwei Welten

Zuletzt hat es eine ganze Reihe von Filmen gegeben, die sich auf die eine oder andere Weise mit dem Leben eingewanderter Familien beschäftigen. Bemerkenswert ist dabei dieses Jahr besonders ein Trio, in denen Töchter in der zweiten Generation irgendwo zwischen der Heimat der Eltern und ihrer eigenen steht. Da ist der Animationsfilm Elemental, bei dem Pixar das Thema Immigration und Generationenkonflikt mit dem Konzept der lebendig gewordenen Elemente Feuer und Wasser kreuzte. The Persian Version nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit, wenn sich eine junge US-Amerikanerin mit der Geschichte ihrer iranischen Mutter beschäftigt. Und auch Polite Society greift dieses Thema auf. Hier ist es eben eine pakistanische Familie in England, bei der es zwischen den Generationen ordentlich kracht, da sie völlig unterschiedliche Erwartungen haben.

Wie die beiden obigen Titel ist das als Komödie umgesetzt. Auch wenn sich das Thema grundsätzlich auch für ein Drama angeboten hätte – das mit einem Oscar ausgezeichnete Minari – Wo wir Wurzeln schlagen ist ein sehr schönes Beispiel für eine Selbstsuche in der fremden Heimat –, werden diese Überlegungen und Konflikte mit viel Humor verarbeitet. Regisseurin und Drehbuchautorin Nida Manzoor, die selbst einer muslimischen pakistanischen Familie entstammt, die nach England ausgewandert ist, setzt dabei auf verschiedene Arten von Witzen. Ein bisschen Culture Clash ist natürlich dabei, wenn das Konzept einer arrangierten Ehe und die Träume einer Stuntfrau-Laufbahn aufeinandertreffen. Vor allem beim Genre gibt es einen wilden Mix. Da wird Coming of Age mit Martial Arts vermischt, zwischendurch kommt eine Heist-Movie-Sequenz. Und auch Anleihen an Bollywood sind zu finden.

Absurde Eskalation

Und als wäre das nicht schon verrückt genug, hat Manzoor, die nach mehreren Kurzfilmen und Fernseharbeiten hiermit ihr Langfilmdebüt gibt, noch einige richtig absurde Einfälle eingebaut. Während es im Mittelteil so aussieht, als ginge es allein um Ria und das Verfolgen ihrer Träume, nimmt der Film eine Wendung, die sich gleichzeitig aus dem Vorangegangenen ergibt und doch so bescheuert ist, dass wohl niemand im Publikum sie wird kommen sehen. Langweilig wird einem in Polite Society dadurch nicht. Die Entwicklung bei der Hauptfigur hält sich dabei jedoch ziemlich in Grenzen. Die einzige nennenswerte Veränderung im Vergleich zum Anfang ist, dass Ria bei ihren Kampfkunst-Ambitionen vorankommt.

Zusammengehalten wird der gut gelaunte und mitunter knallbunte Irrsinn durch die menschliche Komponente. Vor allem das Verhältnis zwischen den beiden Schwestern bildet das Herz des Films. Überhaupt sind es hier überwiegend die weiblichen Figuren, welche die Geschichte vorantreiben. Da sind die Mütter, die Schwestern, hinzu kommen Rias Freundinnen Clara (Seraphina Beh) und Alba (Ella Bruccoleri), die bei den Plänen mitmischen dürfen. Auch die anfängliche Antagonistin Kovacs (Shona Babayemi) und Rias Vorbild Eunice Huthart, eine tatsächliche Stuntfrau, sorgen dafür, dass es an Frauen-Power nicht eben mangelt. Der einzige wichtige Mann der Geschichte, der attraktive Gutmensch-Arzt Salim, stellt sich als Muttersöhnchen heraus. Das ist dann alles etwas dick aufgetragen. Doch die Komödie, die auf dem Sundance Film Festival 2023 Premiere feierte, macht Spaß und bringt gleich mehrfach Schwung in die Immigrationsthematik – und sei es durch einen herzhaften Tritt.

Credits

OT: „Polite Society“
Land: UK
Jahr: 2023
Regie: Nida Manzoor
Drehbuch: Nida Manzoor
Musik: Tom Howe, Shez Manzoor
Kamera: Ashley Connor
Besetzung: Priya Kansara, Ritu Arya, Nimra Bucha, Akshay Khanna, Seraphina Beh, Ella Bruccoleri, Shobu Kapoor, Jeff Mirza

Bilder

Trailer

Filmfeste

Sundance Film Festival 2023

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Polite Society
fazit
„Polite Society“ ist eine weitere Komödie um die zweite Generation einer Einwandererfamilie. Aber eine, die es in sich hat: Da wird wie wild Coming of Age und Martial Arts zu einem absurden Finale aufgestachelt, dazu gibt es etwas Heist Movie, Bollywood und natürlich ganz viel Familie. Auch wenn sich die Hauptfigur nicht so wirklich weiterentwickelt, macht der feministische Trip Spaß.
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