Susi und Strolch 2019 Lady and the Tramp
© Disney+

Susi und Strolch (2019)

Kritik

Susi und Strolch 2019 Lady and the Tramp
„Susi und Strolch“ // Deutschland-Start: 24. März 2020 (Disney+)

Das Leben ist richtig schön! Zumindest aus Sicht der Cocker-Spaniel-Hündin Susi, die es mit ihrer wohlhabenden und fürsorglichen Menschenfamilie (Thomas Mann, Kiersey Clemons) richtig gut getroffen hat. Doch irgendwas ist zuletzt anders, irgendwie hat niemand mehr so wirklich Zeit für sie. Tatsächlich stehen große Veränderungen an, das erste Baby ist unterwegs. Als Susi eines Tages vorübergehend Tante Sarah (Yvette Nicole Brown) anvertraut wird, kommt es zu einem unschönen Zwischenfall, am Ende irrt das Haushündchen allein durch die Stadt. Dabei trifft sie auf Strolch, einen überzeugten Streuner, der ihr hilft, wieder nach Hause zu kommen und die Welt aus einer ganz anderen Perspektive zeigt …

Auch wenn viele die Nase rümpfen mögen, für Disney sind die zahlreichen Live-Action-Remakes ihrer geliebten Zeichentrickklassiker überaus ertragreich. Der König der Löwen avancierte letztes Jahr zum erfolgreichsten Animationsfilm aller Zeit, auch wenn er aus marketingtechnischen Gründen nicht so genannt werden darf. Aladdin spielte weltweit trotz der vorangegangenen Skepsis mehr als eine Milliarde Dollar ein. Die Schöne und das Biest wurde ohnehin zum Kassenschlager schlechthin und soll in Zukunft eine eigene Prequel-Serie bekommen, damit noch ein bisschen mehr Geld aus der Vorlage gequetscht werden kann. Wenn Disney fleißig weitere Remakes ankündigt, dann hält sich der Überraschungsfaktor daher in Grenzen, man rechnet schon mit nichts anderem mehr.

Ein Verlust fürs Kino?
Zumindest Susi und Strolch sorgte dann aber schon für eine kleine Überraschung. Das betrifft jedoch weniger den Film an sich als vielmehr den Rahmen: Anstatt die Neuauflage des Zeichentricklieblings aus dem Jahr 1955 in die Kinos zu bringen, so wie die ganzen anderen in-mouse-Kollegen zuvor, ist sie ausschließlich auf dem neuen Streamingdienst Disney+ zu sehen. Dort soll sie als eines der Zugpferde möglichst viele Menschen dazu bringen, ein Abonnement abzuschließen. Ob der Plan aufgeht, das wird sich zeigen. Angesichts mehrerer Hundert Filme und Serien, die gleichzeitig zum Start online gehen, besteht die Gefahr, dass die Geschichte um zwei sich verliebende Hunde im Angebot schlicht untergeht. Hinzu kommt: Das Original findet sich parallel ebenfalls im Sortiment.

Das provoziert natürlich Vergleiche, stärker noch als bei den anderen Remakes. Und wie praktisch immer fallen die Vergleiche nicht besonders schmeichelhaft für die Neufassung aus. Dabei hat man hier sogar ein paar Sachen geändert, keine Selbstverständlichkeit in der Reihe. Positiv fällt auf, dass Disney wie schon in anderen Werken verstärkt auf Diversität achtet. So wird Susis Frauchen nun von der dunkelhäutigen Kiersey Clemons verkörpert, auch bei den anderen Menschen zeigen sich die unterschiedlichsten Hautfarben. Zudem wurde das kontroverse Lied der beiden Siamkatzen, das 1955 noch auf chinesische Stereotype zurückgriff, durch etwas Unverfänglicheres ersetzt. Auch beim Titelpaar hat sich ein bisschen was getan, wenn Susi weniger passiv, Strolch weniger forsch ist – das Geschlechterbild hat sich nun einmal gewandelt.

Vermenschlichung mit enttäuschendem Ergebnis
Eine weitere Veränderung: Waren die Menschen im Original zumindest am Anfang kaum zu sehen, stehen sie nun deutlich mehr im Vordergrund. Das ist zwar nur eine Nebensächlichkeit, zeigt aber ein grundsätzliches Problem von Susi und Strolch auf. Der Zeichentrickfilm war stärker darum bemüht, die Welt aus der Sicht eines Tieres zu zeigen. Das war vor allem am Anfang sehr charmant, wenn die ahnungslose Susi so gar nicht versteht, was da mit ihrem schwangeren Frauchen vor sich geht. Im Remake geht dieser Aspekt verloren, so wie sich allgemein der Charme und der Zauber der per Hand gefertigten Figuren nicht übertragen ließ. Die am Computer erstellten Hunde sehen zwar prinzipiell gut aus. Doch wann immer sie sich unterhalten, reißt einen das aus der Illusion – Realismus und anthropomorphe Tiere, das geht nur selten gut. Die fantastischen, bis heute beeindruckenden Hintergründe der animierten Fassung wichen ohnehin einer ganz normalen Stadt.

So bleibt am Ende die Frage, warum man sich das Remake anschauen sollte, wenn es das Original noch gibt. Umso mehr, da der eine große Schwachpunkt der Vorlage – die völlig banale Geschichte – unangetastet blieb. Kinder werden sich sicherlich an den süßen Vierbeinern erfreuen, wenn sie durch den Garten tollen, durch Hinterhöfe schleichen oder sich in der Rekreation der ikonischen Szene einen Teller Spaghetti teilen. Und auch in die Umgebung wurde einiges investiert, wenn wir mehr als 100 Jahre in die Vergangenheit reisen. Das alleine reicht als Argument aber nicht unbedingt aus. Für sich genommen ist Susi und Strolch auch in dieser Fassung ein netter romantischer Kinderfilm mit. Aber er ist eben nur zweite Wahl.

Credits

OT: „Lady and the Tramp“
Land: USA
Jahr: 2019
Regie: Charlie Bean
Drehbuch: Andrew Bujalski, Kari Granlund
Musik: Joseph Trapanese
Kamera: Enrique Chediak
Besetzung: Thomas Mann, Kiersey Clemons, Yvette Nicole Brown, Adrian Martinez

Bilder

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Ein weiteres Remake eines Disney-Zeichentrickklassikers, ein weiteres Beispiel dafür, dass die Reihe eigentlich überflüssig ist. Während ein paar inhaltliche Änderungen sinnvoll sind, wurde die grundsätzliche nicht besonders interessante Geschichte beibehalten, die Zeichentrickoptik nur durch CGI und Realaufnahmen ersetzt. Das ist zu wenig, zumal „Susi und Strolch“ bei dieser Umwandlung viel von dem Charme des Originals verliert.
5
von 10