Prelude
Ein Leben für die Musik: In "Prélude" spielt Louis Hofmann den ambitionierten Nachwuchspianisten David, der auf einer renommierten Musikschule aufgenommen wurde (© X-Verleih).

Louis Hofmann [Interview]

Spätestens seit der auch international gefeierten Netflix-Serie Dark gilt Louis Hofmann als einer der gefragtesten deutschen Nachwuchsschauspieler. Dabei hat er auch eine Vorliebe für kleine Stoffe, wie sein neuer Film Prélude (Kinostart: 29. August 2019) beweist. Darin spielt er einen ambitionierten Pianistin, der davon träumt, auf den großen Bühnen dieser Welt aufzutreten, und an dem damit verbundenen Druck nach und nach zerbricht. Wir haben Louis während der Weltpremiere auf dem Filmfest München 2019 zum Interview getroffen und ihn zu seinem Film, aber auch seinem eigenen Verhältnis zu seinem künstlerischen Beruf befragt.

In Prélude spielst du einen angehenden Klavierspieler namens David, der in einem Musikkonservatorium anfängt und von Anfang an sehr unter Druck steht. Was hat dich an dem Stoff gereizt?
2015 wurde ich zum Casting für Prélude eingeladen. Ich glaube, ich habe damals nur die ganz kleine Inhaltsangabe gelesen. Ich war aber sofort überzeugt davon und wusste: Ich muss das unbedingt spielen. Ich weiß gar nicht, ob ich da schon Whiplash gesehen hatte. Ich bin auch sehr viel mit Musik in der Kindheit aufgewachsen und habe eine Affinität dazu. Und wahrscheinlich auch eine Faszination für Traurigkeit. Ich dachte damals: Wenn das Drehbuch das hält, was die kleine Inhaltsangabe da kann, muss ich da unbedingt dabei sein. Dann hatte ich das erste Casting mit der Regisseurin Sabrina Sarabi und wir sind einfach sehr gut miteinander klargekommen und ich habe gemerkt, dass sie eine ganz feine Arbeit an den Tag legt.

Und wann habt ihr letztendlich gedreht?
Vor zwei Jahren. Es war schwierig, das nötige Geld zusammenzubekommen. Es ist ja auch nur ein ganz kleiner Film. Ich bin aber heilfroh, dass wir ihn gemacht haben, obwohl wir nicht viel Geld hatten. Es war auch toll, weil wir eine so intime Atmosphäre am Set hatten. Am ersten Drehtag waren wir vielleicht 15 Mann am Set. Das war erst einmal ein wenig irritierend, weil ich gerade von Dark kam, wo wir so 100-150 Leute hatten. Das war ein eigener kleiner Mikrokosmos und ich habe das voll genossen, mit so einem kleinen Team zu arbeiten.

Ist das etwas, das du generell vorziehst, so kleinere Sachen?
Nee. Ich ziehe einfach gute Stoffe vor.

Was macht denn einen guten Stoff aus?
Das ist die große Frage. Da gibt es nur die Standardantworten: gut gezeichnete Charaktere, eine schöne Rollenentwicklung, eine spannende, nicht erzählte Geschichte. David ist mir dann doch relativ nahe. Er hat dieses Sensible. Er hat diesen enormen Ehrgeiz, den ich in mir trage. Wenn er etwas macht, schmeißt er sich komplett in das alles rein. Das ist auch mein Ansatz für meine Arbeit. Deswegen habe ich den sofort verstanden.

Du hast erwähnt, dass Musik bei dir schon immer eine größere Rolle gespielt hat. Hast du denn auch selbst Musik gemacht?
Ich hab ein Jahr Geige gespielt, weil mein Bruder Geige gespielt hat. Das habe ich dann sehr schnell an den Nagel gehängt. Dann hab ich mit acht oder neun angefangen, Schlagzeug zu spielen. Das habe ich dann acht Jahre gemacht.

Und machst du das immer noch?
Ich hab damit aufgehört, als ich von Köln nach Berlin gezogen bin. Ich hatte da kein Schlagzeug mehr und generell nicht die Infrastruktur, Proberäume usw. Erst dieses Jahr hab ich wieder damit angefangen. Ich merke, wie geil das ist und wie sehr mir das gefehlt hat. Wie ich auch beim Klavierspiel total aufgegangen bin. Ich konnte davor so Akkorde legen, mit drei Fingern begleiten. Aber klassische Stücke waren mir ziemlich fremd. Da habe ich mich dann irgendwie reingehängt mit einem Lehrer zusammen, ohne Noten lesen zu können. Das haben wir über Videos gemacht. Es hat mir glaube ich ein bisschen geholfen, dass ich Schlagzeug spielen kann. Aber ein neues Instrument zu erlernen und plötzlich zu verstehen, wie das funktioniert und sich mit der Tastatur auskennen und so einen Flow im Spiel finden, das hat mir einfach voll viel gegeben. Darüber hinaus war es einfach eine extrem gute Rollenvorbereitung. Es hat mich der Figur nahegebracht, was ich so gar nicht erhofft oder erwartet hatte.

Wie lange hast du denn trainiert?
Als ich die Rollenzusage bekommen habe, haben wir zwei Jahre immer wieder so Workshops gemacht. Trainiert haben wir letztendlich drei Monate, fünf Tage die Woche zwei Stunden Unterricht. Dann noch mal so zwei bis vier Stunden am Tag spielen.

Prelude
Drei Monate trainierte Louis Hofmann für seine Rolle als Klavierspieler in „Prélude“, ohne dabei Noten lesen zu können.

Eine Menge.
Stimmt. Aber es ist toll. Die erste Zeit ist so schwierig. Die ersten zwei Wochen waren so holprig und du bist wirklich nur am Tonsuchen, deine Finger verstehen das alles noch nicht. Man fühlt sich wie ein Klavierlegastheniker, so dilettantisch einfach. Und plötzlich nach zwei, drei Wochen fangen deine Finger an mitzumachen. Du gehst mit dem Instrument und es ist einfach geil.

Machst du es immer noch?
Leider nicht. Nee, weil ich keine Noten lesen kann und gemerkt habe, dass mir schnell langweilig wurde, weil ich immer nur die gleichen Stücke spiele. Wir haben ein Klavier in der WG und ich spiele auch manchmal. Aber bei weitem nicht so viel wie in der Zeit.

Was hörst du selbst für Musik?
Hauptsächlich höre ich eigentlich so Indierock, Indiepop, Alternative. Manchmal auch Soul Classics, Chansons oder Jazz Hip-hop.

Zwei, drei Namen, die du nennen kannst?
Zwei, drei Namen, die ich nennen kann … Das ist irgendwie immer ziemlich schwierig. Gerade freue ich mich extrem auf das neue Dope Lemon Album, was demnächst rauskommt. Was Indiepop angeht Bon Iver. Das ist einer meiner Heroes. Parcels finde ich super. Da könnte ich jetzt noch ewig weitermachen, Musik ist ein ganz wichtiger Bestandteil meines Lebens. Da fuchse ich mich einfach gerne rein und entdecke neue Künstler. Das macht mir echt Spaß.

Es gibt diese eine gemeine Frage, die ich im Zusammenhang mit einem Bewerbungsgespräch aufgeschnappt habe: Wenn du ein Lied wärst, was wärst du? Also ein Lied, das dich selbst sehr gut beschreibt.
Das wüsste ich nicht. Ich finde, dass Lieder, die man hört, immer nur einen bestimmten Teil in einem ansprechen. Das erste Lied, das mit eingefallen ist, ist „8 (Circle)“ von Bon Iver. Aber das ist eher der melancholische Teil von mir. Der würde mich nicht ganz beschrieben, weil ich auch einen nicht-melancholischen Teil habe, einen sehr freudigen Teil, dem ich nicht gerecht würde.

Jetzt, da du einen kleinen Einblick in das Leben eines Musikers bekommen hast, wenn auch nur aus zweiter Hand, was sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit dem Leben eines Schauspielers?
Der Druck ist eine Gemeinsamkeit. Die Erwartungen, die man an sich selbst stellt. Der Wettkampf. Obwohl ich dazu sagen muss, dass wir glaube ich eine Generation sind, wo man weniger gegeneinander kämpft als vielmehr miteinander. Beim Pianist ist es noch mehr Einzelkampf als beim Schauspieler, weil du als Schauspieler normalerweise nicht alleine auftrittst.

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Keine Zeit für ein Privatleben: David muss in „Prélude“ alles der Musik unterordnen, um sein begehrtes Stipendium zu bekommen.

David muss in dem Film sein Privatleben sehr zurückstecken, um als Musiker etwas zu erreichen. Da du von dir selbst meinst, dass du dich gerne in etwas reinfuchst: Wie sehr trifft das dich zu, dass du dein Privatleben in die zweite Reihe stellen musst?
Dadurch, dass man immer nur phasenweise diese Arbeit hat, muss man auch nur phasenweise sein Privatleben zurückstellen. Und das mache ich dann auch. Ich habe in den letzten Jahren aber auch gelernt, dass man das nicht ganz voneinander lösen sollte. Dass die Phasen der Projekte mehr mit den Phasen der Freizeit zusammenlaufen sollten. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich während der Arbeit mein Privatleben immer komplett aufgegeben habe, bis zum Ende des Drehs. Das fand ich dann aber irgendwann nicht mehr gut. Du musst in diesem Beruf ein bisschen auf dich achten, sonst siehst du das Jahr nur noch in Blöcken. Da habe ich mir vorgenommen, das wieder mehr als ein ganzes Jahr wahrzunehmen. Theaterschauspieler können das wahrscheinlich weitaus besser, weil sie regelmäßige Arbeit haben. Die schaffen das dann eher, das Privatleben und die Arbeit miteinander zu vereinen. Das ist so eine kleine Hürde, die man irgendwann als Filmschauspieler schaffen muss.

Nehmen wir an, du hast mal Freizeit: Wie erholst du dich von deiner Arbeit?
Das fiel mir auch schwer in Berlin. Ich habe dieses Jahr aber wieder einige Hobbys ausgegraben, wie eben Schlagzeug. Aber auch Skaten, Klettern, Bouldern und so, um einen Ausgleich zu finden. Es geht einfach darum, etwas zu machen, das niemand bewertet und bei dem es keinen Output gibt. Wo man nicht dazu gezwungen ist, einen Output zu liefern. Weil alles, was man beim Spielen macht, ist geben, geben, geben. Man lernt natürlich auch was und es gibt einem auch was. Aber es ist sehr entspannend, einmal etwas zu tun, das von niemandem bewertet wird.

Und bei dem du auch nicht beobachtet wirst.
Auch das, ja.

Wie oft kommt es inzwischen vor, dass du auf der Straße erkannt wirst?
Manchmal. Gelegentlich. Es gibt Tage, da passiert gar nichts. Und an anderen Tagen passiert es mehrfach. Es kommt auch darauf an, ob ich in eine Bar gehe oder einen anderen Ort, wo sich viele Leute aufhalten.

Stell dir vor, du müsstest aus irgendeinem Grund etwas anderes machen, als zu schauspielern.
Was ich dann machen würde?

Genau.
Hmm, das ist schwierig.

Wolltest du denn schon immer Schauspieler werden oder gab es Alternativen?
Fußballer natürlich. Ich wollte auf jeden Fall Fußballer werden. Als ich mein Abi gemacht habe, hat mich auch Psychologie sehr interessiert. Und Kunst. Aber ich glaube nicht, dass ich wirklich Kunst oder Psychologie studieren würde, auch wenn ich das vor zwei, drei Jahren noch gesagt habe. Mir macht es auch sehr Spaß, hinter der Kamera zu arbeiten, und habe bei Kurzfilmen Set-Aufnahmeleitung gemacht. Was mir extrem Spaß gemacht hat, am Set zu organisieren, weil ich auch die Erfahrung habe, wie diese Abläufe gehen. Ich würde wahrscheinlich doch irgendwie in der Filmwelt bleiben und dann vielleicht versuchen, Stoffe zu entwickeln oder helfen, sie zu realisieren.

Regie und Drehbuch könntest du dir also auch vorstellen?
Drehbuch glaube ich nicht. Ich glaube, ich könnte an mehr oder weniger fertigen Geschichten oder Gerüsten arbeiten und sie optimieren. Ich könnte nicht selber eine Geschichte schreiben. Da habe ich auch echt sehr großen Respekt vor.

Was steht sonst noch als nächstes bei dir an?
Wir haben am Montag angefangen, die dritte Staffel von Dark zu drehen. Und das mache ich jetzt erst mal. Das wird wohl wieder so sechs Monate dauern. Danach ist dann aber auch Schluss. Die Serie war von Anfang an als Trilogie konzipiert. Deswegen wird die Geschichte mit der dritten Staffel abgeschlossen werden.

Das war es von meiner Seite aus. Hast du noch etwas Tolles zu deinem Film zu sagen, zum Abschluss?
Ich halte Sabrina für ein großes Talent und bin sehr stolz auf diesen Film und hoffe, dass er gesehen wird.

© FILMFEST MÜNCHEN 2019 / Ronny Heine
Zur Person
Louis Hofmann wurde am 3. Juni 1997 in Bensberg geboren. Erste Erfahrung vor der Kamera sammelte er in diversen Serien und Fernsehfilmen. Sein erster Kinofilm war 2011 die freie Roman-Adaption Tom Sawyer und ein Jahr drauf deren Fortsetzung Die Abenteuer des Huck Finn. Hauptrollen übernahm er anschließend in Freistatt, das beim Max Ophüls Preis 2015 ausgezeichnet wurde, der Jugendbuch-Verfilmung Die Mitte der Welt (2016) und dem Drama Prélude, in dem er einen ambitionierten Nachwuchsmusiker spielt. Einem internationalen Publikum ist er zudem durch die Mystery-Serie Dark auf Netflix bekannt.



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