The Last Movie
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The Last Movie

The Last Movie
„The Last Movie“ // Deutschland-Start: 27. Dezember 2018 (Kino) // 10. Mai 2019 (DVD)

So beeindruckend es angefangen hatte, so schnell war es auch schon wieder vorbei: Als bei einem Filmdreh in einem Indio-Dorf in Peru einer der Darsteller ums Leben kommt, wird das Projekt sofort abgebrochen. Stunt-Koordinator Kansas (Dennis Hopper) hat jedoch keine Lust, schon wieder in die Heimat zurückzukehren. Stattdessen bleibt er noch eine Weile, verliebt sich auch in eine Frau vor Ort. Die lokale Bevölkerung ist ohnehin nicht bereit dazu, zum alten Alltag überzugehen. Stattdessen setzen sie die Dreharbeiten auf ihre Weise fort, imitieren die Tätigkeiten der Crew, ohne genau zu wissen, was sie da eigentlich tun.

Auch wenn der Titel auf einen Abgesang schließen lässt, eigentlich hätte The Last Movie das Regiedebüt von Dennis Hopper sein sollen. Doch es wollte sich einfach niemand finden, der das von ihm und Drehbuchautor Stewart Stern (…denn sie wissen nicht, was sie tun) erdachte Projekt finanzieren würde. Erst als Hoppers vorgezogenes Easy Rider zu einem Phänomen wurde, konnten sich die beiden ihrem gemeinsamen Traum widmen. Ein Traum, der zum Albtraum für das Filmstudio wurde, das im Vorfeld nicht geahnt hatte, worauf es sich hier einließ.

Ein Bild mit komischen Seiten
Wobei The Last Movie auf den ersten Blick natürlich schon einiges her macht. Die abgeschiedene Landschaft von Peru lädt dazu, Ewigkeiten auf die Leinwand zu schauen. Es gibt viel Detailarbeit zu begutachten, dazu geht es auch zu Beginn hoch her. Schließlich wird ja ein Western gedreht. Nur dass dieser Dreh nicht ganz das Ergebnis mit sich bringt, das man als Zuschauer erwartet. Und das gilt auch für den Rest des Films, von dem man nie so genau sagen kann, ob er überhaupt ein Film sein soll oder eine Metareflexion über das Filmemachen.

Das erinnert an Orson Welles’ kürzlich fertiggestelltes The Other Side of the Wind, ein weiteres Langzeitprojekt, dessen Ambitionen an der wirtschaftlichen Realität scheiterten. In beiden Fällen schauen wir Filmemachern über die Schulter, beobachten sie abseits des eigentlichen Drehs. Wo das eine anfängt und das andere aufhört, ist dabei jedoch im Einzelfall schwer zu sagen. Wenn beispielsweise die Indios beginnen, auf ihre Weise die fremde Welt des Filmens zu wiederholen, dann führt das die Absurdität dieses Geschäfts vor Augen. Aber auch ohne sie gibt es gerne mal eine Diskrepanz zwischen dem, was vorgeführt wird, und dem, was dahinter steckt. Siehe auch Kansas selbst, dessen Cowboyerscheinung nicht unbedingt im Einklang mit seinem Privatverhalten ist.

Reißt die Traumfabrik nieder!
The Last Movie ist dann auch oft eine Abrechnung mit der Traumfabrik, mal bitter und desillusioniert, dann wieder bissig und lichterloh brennend. Der Film kann aber auch einfach albern sein, ohne erkennbare Ziele und Absichten. Das macht einen Teil des Charms dieses in Vergessenheit geratenen Werks aus. Es macht den Film aber auch so schwer fassbar. Eine durchgängige Geschichte gibt es eigentlich nicht, keinen roten Faden. Stattdessen Szenen, die mal komisch, mal böse sind, zwischendrin auch einfach nur seltsam bis surreal. Das Gefühl von Freiheit, welches Easy Rider noch zu einem Ereignis für alle Daheimgebliebenen machte, die von der Welt da draußen träumten, sie wurde durch eine andere Freiheit ersetzt. Eine Freiheit, in der nichts mehr einen Halt gibt, Bilder zerstört werden, eine Welt in sich zusammenbricht. Eine Welt, von der nicht einmal klar ist, ob sie eine Welt ist, je eine war.

Ob man sich darin zurechtfindet, sich überhaupt zurechtfinden will, das ist fraglich. The Last Movie wurde nicht ganz grundlos zu einem Flop, der nach der Premiere auf den Filmfestspielen von Venedig 1971, schnell in Vergessenheit geraten ist. Für ein Experimenten aufgeschlossenes Publikum ist die Wiederentdeckung und restaurierte Neuaufführung in den deutschen Kinos aber durchaus ein verspätetes Weihnachtsgeschenk – und das nicht nur wegen eines kuriosen Kultfaktors. Die Geschichte eines Stuntmans ist gleichzeitig zeitlos und ein Zeitdokument, das auf eine verspielt-experimentelle Weise die Mechanismen des Films in Frage stellt. Und am Ende auch sich selbst.



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Mit „The Last Movie“ erfüllte sich Dennis Hopper einen Traum und bescherte dem produzierenden Filmstudio dafür einen Albtraum: Die Geschichte eines geplatzten Filmdrehs und eines verträumten Stuntmans ist eine mal bittere, mal surreale, dann auch wieder sehr alberne Abrechnung mit der Traumfabrik und ihrer Mechanismen. Das ist aus einer Reihe von Gründen sehenswert, selbst wenn das hier nur bedingt als wirklicher Film durchgeht.
7
von 10