Verschwoerung
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Verschwörung

Verschwoerung
„Verschwörung“ // Deutschland-Start: 22. Kino 2018 (Kino)

Richtig glücklich ist Lisbeth Salander (Claire Foy) ja nicht darüber, dass sie durch eine Reportage so viel Aufmerksamkeit erhielt. Schließlich zieht sie es vor, in den Schatten zu arbeiten und von dort aus ihrer Tätigkeit als Hackerin nachzugehen, auf ihre Weise für Gerechtigkeit zu sorgen. Das will sie auch, als sie von Ex-NSA-Mitarbeiter Frans Balder (Stephen Merchant) kontaktiert wird. Der hatte einst ein System entwickelt, mit dem sich Nuklearraketen kontrollieren lassen. Das ist praktisch, jedoch auch sehr gefährlich, zumindest in den falschen Händen. Dann lieber gleich zerstören. Das wiederum wollen andere nicht zulassen, tun alles dafür, um den Tüftler und sein Werk in die Hände zu bekommen. Und so bleibt Lisbeth nichts anderes übrig, als ihrerseits Unterstützung zu suchen: bei NSA-Sicherheitschef Edwin Needham (Lakeith Stanfield) und bei Mikael Blomkvist (Sverrir Gudnason), der sie durch besagte Reportage berühmt gemacht hat.

Dass sich Werke eines Künstlers nach dessen Tod besser verkaufen, ist ein immer wieder zu beobachtendes Phänomen. Dass jemand nach seinem Tod aber erst berühmt wird, das ist schon deutlich seltener. Stieg Larsson ist so ein Fall: Als der schwedische Autor 2004 im Alter von gerade mal 50 Jahren an einem Herzanfall starb, waren seine drei Bände der Millennium-Reihe nicht einmal veröffentlicht. Einige Jahre später wurde dies nachgeholt und der Schriftsteller posthum zu einem Phänomen, die drei Bände verkauften sich bis 2015 über 80 Millionen Mal. Das war erfreulich für seinen Verlag, gleichzeitig aber auch ärgerlich. Wie soll eine Cash Cow am Leben erhalten werden, wenn deren Schöpfer keinen Nachschub mehr produzieren kann?

Neustart unter falschem Namen
Also durfte jemand anderes ran, genauer Larssons Landmann David Lagercrantz, der bislang die Bände vier und fünf schrieb. Dies geschah zwar mit dem sicher auch finanziell motivierten Segen der Familie, beim Rest waren die Gefühle jedoch sehr gemischt. Gleiches dürfte auch für Verschwörung gelten, welches auf dem besagten vierten Band basiert. Ganz unabhängig von der moralischen Komponente – fällt das unter literarische Leichenfledderei? –, ist der Film auch inhaltlich eine teils sehr schwer zu schluckende Pille. Denn das, was hier abgeliefert wurde, hat nur noch wenig mit dem zu tun, wofür die Trilogie bekannt war.

Schon der Vorspann zeigt, dass man sich hier weniger an den typisch skandinavischen Thrillern orientierte. Vielmehr standen offenkundig westliche Geheimagenten Pate, allen voran James Bond. Und auch später fällt Salander weniger durch ihre enormen Hackerkenntnisse auf. Die sind nur Teil eines Gesamtpakets, welches sie zu einer abgebrühten Kampfmaschine macht und mit allerlei Fähigkeiten ausstattet. Man wartet nur geradezu darauf, dass sie sich irgendwann in die Lüfte erhebt oder einen Röntgenblick entwickelt. Bis dahin tut es auch ein wenig Adrenalin. Zwar wurde versucht, durch eine tragische Vorgeschichte ein paar Kanten einzubauen, sie nicht ganz so unmenschlich perfekt zu machen. Aber das Ergebnis ist eher unfreiwillig komisch.

Aus Liebe zum Blödsinn
Wie viel Spaß man an Verschwörung hat, das hängt maßgeblich von der etwaigen Vorliebe für völlig ironiefrei gemeinten Blödsinn ab. Denn der wird hier immer wieder geboten, gerade in den Actionszenen. Ob bizarre Sniperszenen, eine großartig übertriebene Undercoveraktion am Flughafen oder medikamentöse Wunderwerke, das ist schon schick gemachter Trash, den uns Regisseur Fede Álvarez (Evil Dead, Don’t Breathe) da beschert hat. Und auch der Auftritt von Sylvia Hoeks als Gegenspielerin macht Laune, sofern man keinerlei Ansprüche an Plausibilität hegt. Als eigentlicher Thriller ist der Film jedoch weniger zu gebrauchen, wartet zwar mit schönen Bildern und einer guten Besetzung auf, nicht aber mit Spannung oder einer interessanten Geschichte. Schade ist zudem, wie sehr Blomkvist in der Geschichte verschenkt wurde, er nicht mehr als ein Statist ist, der zu Wiedererkennungszwecken eingebaut wurde.



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„Verschwörung“ setzt die berühmte „Millennium“-Trilogie fort, die vor zehn Jahren als Buch und Film für Furore sorgte. Das wird dieser Fortsetzung eher nicht vergönnt sein, die aus der beliebten Hackerin eine übermenschliche Geheimagentin macht und auch sonst völlig überzogen ist – und das auch noch ernst meint. Als schick bebildeter Trash macht das Spaß, spannend ist der Thriller jedoch kaum.
5
von 10