Candelaria
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Candelaria – Ein kubanischer Sommer

„Candelaria“, Argentinien/Deutschland/Kolumbien/Kuba/Norwegen, 2017
Regie: Jhonny Hendrix Hinestroza; Drehbuch: Jhonny Hendrix Hinestroza, Maria Camila Arias; Musik: Alvaro Morales
Darsteller: Veronica Lynn, Alden Knight, Philipp Hochmair

Candelaria
„Candelaria – Ein kubanischer Sommer“ läuft ab 5. Juli 2018 im Kino

Jeden Abend sitzen sie bei Kerzenschein zusammen, Candelaria (Veronica Lynn) und Victor Hugo (Alden Knight), um gemeinsam zu essen. Nicht aus Gründen der Romantik, dafür sind die beiden Mittsiebziger schon viel zu lange miteinander verheiratet. Nein, es ist das Wirtschaftsembargo durch die USA, das die Kubaner zwingt, täglich ohne Strom auskommen zu müssen. Das Geld ist knapp, Candelaria arbeitet noch im hohen Alter in der Wäscherei eines Hotels, singt in einer Bar. Er wiederum verkauft gestohlene Zigarren. Als Candelaria eines Tages zufällig eine Kamera in die Hände fällt, bedeutet das für sie nicht nur die Gelegenheit, sich wieder näherzukommen. Es ergeben sich auch in anderer Hinsicht ganz neue Möglichkeiten.

Filme aus Kuba schaffen es ja leider nur relativ selten hierher. Umso schöner, dass einige Monate nach Letzte Tage in Havanna mit Candelaria – Ein kubanischer Sommer bereits das zweite Werk auf deutschen Leinwänden zu sehen sein wird. War es beim ersten Titel noch ein schwules Langzeitpaar, das dem Sonnenuntergang seines Lebens entgegenblickt, steht hier nun ein Hetero-Pendant im Mittelpunkt. Auch Candelaria und Victor Hugo sind nicht mehr ganz frisch, der frühe Arztbesuch verrät schon, dass es hier wohl ebenfalls nur noch eine Frage der Zeit ist, bis das Kapitel sein Ende findet.

Ein komisch rührendes Paar
Von Schwermut ist dennoch weit und breit nichts zu spüren, weder die körperlichen Gebrechen noch das Leben in Armut sorgen hier für schlechte Laune. Im Gegenteil, über weitere Strecken ist Candelaria einer Komödie näher als einem Drama. Hauptgrund dafür sind die beiden älteren Protagonisten. Die sind nicht nur für sich einzeln genommen unterhaltsam, auch wegen diverser Spleens – Candelaria zieht etwa verbotenerweise kleine Küken groß, die für sie zu einer Art Kinderersatz wird. Es ist vor allem die Kombination der beiden, die kontinuierlich ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Manchmal auch etwas mehr.

Candelaria, das bei den Filmfestspielen in Venedig 2017 ausgezeichnet wurde, ist damit zwei Geschichten in einem. Zum einen porträtiert der kolumbianische Regisseur und Co-Autor Jhonny Hendrix Hinestroza Kuba während der 1990er, als das Land zwischen Auf- und Zusammenbruch schwankte. Er tut dies jedoch eher beiläufig. Mal hören wir Radiodurchsagen, dann ist die Rede von Protestaktionen auf der Straße. Die beiden Protagonisten beteiligen sich nicht daran, sind zu alt dafür, zu sehr damit beschäftigt, irgendwie über die Runde zu kommen.

Der späte Weg der Liebe
Vor allem aber ist der Film das Porträt eines Paares, das auf engstem Raum zusammenlebt, sich dabei jedoch aus den Augen verloren hat. Wie sie doch wieder zusammenfinden, kleine Momente des Glücks und der Intimität finden, das ist mal witzig, dann wieder rührend. Candelaria, das ist die Einzelgeschichte zweier Liebenden und doch auch selbst universelle Liebeserklärung. Man ist nie zu alt, nicht für sich, noch für andere. Nicht für Zärtlichkeit. Sex im Alter, das ist in Filmen kein besonders oft behandeltes Thema. Und auch wenn die internationale Coproduktion recht züchtig dabei vorgeht, es bei ein wenig nackter Haut belässt, ein derart offener und selbstbewusster Umgang hat dennoch Seltenheitswert.

Einiger schöner Bilder zum Trotz, der Beitrag vom Filmfest München 2018 richtet sich ohnehin weniger an die Augen als vielmehr an die Herzen des Publikums. Und man muss schon sehr zynisch veranlagt sein, um diesen Lockrufen auf Dauer widerstehen zu können. Veronica Lynn und Alden Knight zusammen zu sehen, wie sie miteinander scherzen, sich aufziehen oder sich auch liebkosen, das ist mit so viel Charme und Liebenswürdigkeit verbunden. Mit so viel Leben auch. Von einer doch recht kuriosen Wendung einmal abgesehen verzaubert Candelaria dabei besonders durch seine Natürlichkeit. Mögen die Liebeskomödien, die wir sonst so im Kino sehen, jünger sein, stürmischer, prominenter besetzt oder auch schicker, dieses Beispiel einer Romanze erinnert daran, was es heißt da draußen in der Realität jemanden zu lieben und mit ihm das Leben zu teilen. An sonnigen Tagen wie auch an solchen, an denen uns nur noch Kerzen geblieben sind.



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In „Candelaria – Ein kubanischer Sommer“ lernen wir ein altes kubanisches Paar kennen, das durch den Zufallsfund einer Kamera Lebensfreude und einander wiederfindet. Das ist oft witzig, zwischendrin kurios. Vor allem aber ist der Film eine ungemein charmante Liebeserklärung an die Liebe, gerade auch an eine solche im hohen Alter.
7
von 10