Die stille Revolution
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Die stille Revolution

„Die stille Revolution“, Deutschland, 2017
Regie: Kristian Gründling

Die stille Revolution
„Die stille Revolution“ läuft ab 22. März 2018 im Kino

Es ist der Vergleich, der wohl am besten zusammenfasst, welchen Stellenwert Angestellte in der heutigen Unternehmenskultur haben: Möbelstücke wie Bürostühle gelten als Aktiva, als Vermögenswert. Das Personal jedoch ist nur ein Kostenfaktor. Etwas, das schlecht für die Bilanzen und die Wirtschaftlichkeit ist. An einer anderen Stelle in Die stille Revolution heißt es, die meisten Menschen würden ihren Job als milde Krankheit ansehen. Etwas, das man schon aushalten kann wie eine Erkältung. Aber nichts, das man wirklich haben mag, tun mag.

Auf der einen Seite Unternehmen, die ihre Angestellten nur als notwendiges Übel ansehen. Auf der anderen Angestellte, die ihren Arbeitgeber nur als notwendiges Übel ansehen. Dass diese Form der Zweckgemeinschaft nicht unbedingt dazu geeignet ist, Glück und Erfüllung zu finden, das liegt auf der Hand. Oder sollte zumindest auf der Hand liegen. Für Bodo Janssen, Chef der familieneigenen Hotelkette Upstalsboom, war es dennoch ziemlich schockierend, als in einer Mitarbeiterbefragung herauskam, dass seine Angestellten ihn hassen. Für den Unternehmer war dies der Anlass, alles noch einmal zu überdenken. Er ging ins Kloster, ging in sich, überlegte, was er anders machen konnte.

Eine Doku als Werbeplattform
Die stille Revolution heißt sein 2016 veröffentlichtes Buch. Die stille Revolution heißt auch der Film. Da darf es dann auch nicht wundern, wie sehr Janssen hier im Vordergrund steht. Regisseur Kristian Gründling lässt zwar auch eine Menge anderer Personen zu Wort kommen, darunter Angestellte von Upstalsboom, Pater Anselm Grün, mit dem Janssen ein Buch veröffentlicht hat, und dm-Chef Götz Werner, der immer mit dabei ist, wenn es um die Wertschätzung des einfachen Angestellten geht. Das kann aber kaum darüber hinwegtäuschen, dass der Film weniger Doku als vielmehr Imagefilm ist. Eine weitere Auftrittsplattform, hier eben in den Kinosälen Deutschlands.

Das ist mindestens fragwürdig, wenn nicht gar irritierend. Widerspricht dem, was wir eigentlich von einem Dokumentarfilm erwarten – die kritische und neutrale Auseinandersetzung mit einem Thema. Denn die fehlt hier. Es gibt keine Alternativen zu Upstalsboom. Keine Darstellung von Langzeitfolgen. Einzelne Zahlen hören sich natürlich beeindruckend machen, lassen die neue Unternehmenskultur ganz einfach erscheinen. Spannend wäre es aber gewesen, sich auch damit zu befassen, wie ein solches nicht auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtetes Unternehmen denn innerhalb der Wirtschaft besteht, wenn die anfängliche Begeisterung nachgelassen hat. Kann ein Unternehmen, das nach eigenen Regeln spielt, mithalten und dauerhaft bestehen? Oder stellt sich das als Utopie heraus?

Wertvoller Denkanstoß
So weit in die Zukunft wollen Gründling und seine Gesprächspartner dann aber doch nicht blicken. Ihnen geht es erst einmal darum, die Revolution zu starten. Es wenigstens versucht zu haben, die oft als alternativlos betrachtete Unternehmenskultur zu ändern. Und das alleine ist schon sympathisch, lässt uns unser Leben hinterfragen, unsere Erwartungen und Hoffnungen. Und wenn wir den Auszubildenden von Upstalsboom zusehen, wie sie gemeinsam den Kilimandscharo besteigen – auf Firmenkosten, zur Teambildung und Selbstsuche –, dann ist die Versuchung doch groß, einmal anzuhalten, innezuhalten. Raus aus dem Hamsterrad und schauen: Was gibt es da draußen eigentlich? Was kann ich dieser Welt geben? Was kann sie mir geben? Und das ist als Grundgedanke ja nie verkehrt.



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Arbeit als notwendiges Übel, Mitarbeiter als notwendiges Übel – der Film „Die stille Revolution“ hinterfragt die gängige Unternehmenskultur und zeigt anhand des Beispiels Upstalsboom, dass auch andere Wege möglich sind. Ob die wirklich nachhaltig sind, das wird hier offengelassen, das Ergebnis ist mehr Imagefilm als neutrale Dokumentation. Aber sie regt doch zumindest zum Nachdenken an, was Arbeiten im 21. Jahrhundert bedeutet bzw. bedeuten kann.