Sleep tight
© Senator Film

Sleep Tight

(„Mientras duermes“ directed by Jaume Balagueró, 2010)

Sleep tightWer César (Luis Tosar) tagsüber an seinem Arbeitsplatz begegnet, kann nur Positives über ihn berichten: Der Rezeptionist und Hausmeister ist freundlich, hilfsbereit, immer am Wohlergehen der Bewohner des Apartmentkomplexes interessiert. Doch die lächelnde Fassade trügt, dahinter verbirgt sich ein Mann, der noch nie in seinem Leben glücklich war, nur schwer morgens einen Grund findet, aus dem Bett zu steigen. Eine Sache gibt es jedoch, die ihm Freude bereitet: Anderen Menschen das Leben zur Hölle zu machen. Da er zu jedem Apartment einen Zweitschlüssel besitzt, kann er dies auch tun, ohne dass seine Opfer etwas davon ahnen. Vor allem auf die junge Clara (Marta Etura) hat es Cesar abgesehen, die mit ihrer nicht enden wollenden guten Laune das genaue Gegenteil von ihm ist. Und so schleicht er sich jeden Abend in ihre Wohnung, um dort auf die eine oder andere Weise Spuren zu hinterlassen.

Ein Mann, der allen vorspielt, glücklich zu sein, während er in Wahrheit immer einen Schritt davon entfernt ist, sich vom Dach zu werfen – normalerweise ist das Material für ein Drama. Doch auch wenn Sleep Tight traurige Elemente enthält, Regisseur Jaume Balagueró und Drehbuchautor Alberto Marini hatten ganz andere Pläne, was man aus diesem Stoff machen kann. Was genau, das lassen sie zunächst jedoch offen, erst nach und nach enthüllen sie, was César da eigentlich so treibt, während die Mieter außer Haus sind oder schlafen – und das Ergebnis ist mindestens verstörend, wenn nicht gar schockierend.

Damit hat Balagueró natürlich zuvor schon reichlich Erfahrung gesammelt, bildete er doch zusammen mit Paco Plaza das Kreativduo hinter [REC] und wurde so zu einem der vielversprechendsten Vertreter des neuen spanischen Horrorkinos. Im Vergleich zur erfolgreichen Found-Footage-Reihe zeigt er sich hier jedoch zahmer: An Stelle von Jump Scares tritt subtiles Unwohlsein, insgesamt setzt man bei Sleep Tight mehr auf eine melancholisch-düstere Atmosphäre als auf wirkliche Spannung. Erst zum Schluss hin werden die Daumenschrauben etwas angedreht, nach einem etwas schwächeren und dezent langatmigen Mittelteil darf hier dann sogar mitgefiebert werden.

Doch mit wem eigentlich? Das ist hier gar nicht so einfach zu beantworten. Ein strahlender Held ist César natürlich nicht, aber eben auch kein schreckliches Monster. Wenn er mit einer bemerkenswerten Kreativität immer neue Methoden ersinnt, um die schöne und schön verlogene Fassade im Leben seines Umfelds niederzureißen, schwanken die eigenen Gefühle zwischen Entsetzen, Verständnis, Mitleid und Faszination. Dafür lassen einen die anderen Figuren eher kalt: Weder Clara, noch ihr Freund Marcos (Alberto San Juan) dürfen irgendwann in die Tiefe gehen, gleiches gilt für die vielen Bewohner des Hauses. Zudem hätte man gern etwas mehr über die Mutter erfahren, die sprachlos im Krankenhaus liegt und lediglich als Projektionsfläche von César dienen darf.

Aber selbst wenn Sleep Tight inhaltlich noch etwas mehr hätte ausgebaut werden dürfen, so ist der spanische Psycho-Thriller und Beitrag zu den Fantasy Filmfest Nights 2012 ein empfehlenswerter Genrevertreter, der sich durch seine ungewöhnliche Geschichte, diverse perfide Einfälle und die intensive Darstellung von Hauptdarsteller Jaume Balagueró von seinen zahlreichen Kollegen abhebt und nachhaltig in Erinnerung bleibt.



(Anzeige)

Sleep Tight
fazit
Zwischendurch gibt es ein paar Hänger, an mancher Stelle hätte man auch ein bisschen tiefer gehen dürfen. Dennoch ist der melancholisch-verstörende Psychothriller dank seiner ungewöhnlichen Geschichte und der düsteren Atmosphäre nicht nur für Genrefans empfehlenswert.
7
von 10