
80 Jahre ist Marie (Hélène Vincent) inzwischen. Doch nun will sie nicht mehr. Ihre Krankheit schreitet kontinuierlich fort. Nicht mehr lang und sie wird nicht mehr in der Lage sein, noch irgendetwas selbst zu tun. Bevor es so weit ist, will sie ihr Leben daher lieber beenden. Einen Termin in der Schweiz hat sie bereits, wo sie die Dienste der Sterbehilfe in Anspruch nehmen will. Ihre eigene Familie weiß aber noch nichts davon. Zwar wollte sie ihrem Sohn Bruno (David Ayala) die Wahrheit sagen, zumal er auch die Papiere unterschreiben muss. Doch es kommt anders. Stattdessen muss ihr Pfleger Rudy (Pierre Lottin) einspringen. Er ist es auch, der dazu auserkoren wird, sie in die Schweiz zu fahren. Ehe es sich Marie versieht, unternimmt sie mit ihm, Bruno und Enkelin Anna (Juliette Gasquet) eine letzte Reise und wartet auf einen guten Moment, der so vielleicht nie kommen wird …
Darf ich sterben?
Die Diskussionen um Sterbehilfe kommen in Deutschland, aber auch anderen Ländern immer wieder auf. Während ein Selbstmord an und für sich nicht strafbar ist, wird es schwierig, sobald man von anderen dabei Unterstützung braucht. Das Thema ist heikel und mit diversen moralischen sowie juristischen Fragen verbunden. Es hat aber auch eine sehr menschliche Komponente, weshalb regelmäßig Filme dazu gedreht werden. Oft handeln diese davon, wie die Hauptfigur ins Ausland fährt, um dort Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Ob Und morgen Mittag bin ich tot (2013), Hin und weg (2014), Toni und Helene (2024) oder They Will Be Dust (2024), immer wieder werden Filme mit einem solchen Szenario rund um eine selbstbestimmte letzte Reise gedreht. Mit Bon Voyage – Bis hierher und noch weiter steht nun der nächste Titel an, dieses Mal in einer französischen Variante.
Das Prinzip ist dabei ähnlich. Erneut will die Hauptfigur ihr Lebensende selbst bestimmen, solange es die Krankheit noch zulässt. Erneut geht es in die Schweiz, das El Dorado der Sterbehilfe. Allerdings nimmt das Langfilm-Debüt von Regisseurin und Co-Autorin Enya Baroux einen etwas anderen Weg auf dem Ziel dorthin. Ein wichtiger Unterschied: Die Protagonistin verheimlich ihre Pläne. Das hat zwangsläufig zur Folge, dass es keine wirkliche Auseinandersetzung zu dem Thema gibt. Wo bei anderen Filmen ausgiebig darüber diskutiert wird, ob diese Entscheidung denn auch die richtige ist, fällt das hier vergleichsweise kurz aus. Bei Bon Voyage – Bis hierher und noch weiter wird verheimlicht. Es kommt auch zu Missverständnissen, was bei solchen Geheimnistuereien nicht ausbleibt.
Überraschend komisch
Eng damit verbunden ist eine andere Tonalität. Üblicherweise sind diese Filme sehr ernst gehalten. Logisch: Wenn ein Leben so wenig lebenswert ist, dass man es vorzeitig beenden will, ist das tragisch. Sich von geliebten Menschen verabschieden zu müssen, ist zudem richtig hart – egal, ob man selbst stirbt oder es eine andere Person ist. Bon Voyage – Bis hierher und noch weiter verdrängt diesen Aspekt jedoch und mag es lieber humorvoll. Immer wieder gerät das Quartett in komische Situationen. Mal sind es äußere Umstände, wenn etwa mal wieder etwas schiefgeht. Oft sind es aber auch die Macken der Figuren und die komplizierten Verhältnisse, die Anlass zur Erheiterung sind. Irgendwas ist da immer.
Ob das jetzt ein angemessener Zugang zu dem Thema ist, darüber lässt sich streiten. Statt eines harten Dramas erwartet einen hier vielmehr ein Wohlfühlfilm, der eine betont versöhnliche Note anschlägt. Aber das Ergebnis funktioniert. Die Mischung aus typischen Roadmovie-Elementen, figurenbezogener Komödie und dem einen oder anderen nachdenklichen Moment ist insgesamt sehenswert geworden. Bon Voyage – Bis hierher und noch weiter überzeugt dabei auch durch die Besetzung. Diese darf primär das komödiantische Talent einsetzen, macht aber auch in den gefühlvolleren Szenen gut mit. Dass dieser Mix aus Rückblick und Aufbruch bei uns zu Neujahr in die Kinos kommt, passt dabei durchaus. Das sympathische Debüt sollte aber aufgrund der universellen Thematik zu jeder Zeit seinen Platz finden.
OT: „On ira“
Land: Frankreich
Jahr: 2025
Regie: Enya Baroux
Drehbuch: Enya Baroux, Martin Darondeau, Philippe Barrière
Musik: Dom La Nena
Kamera: Hugo Paturel
Besetzung: Hélène Vincent, Pierre Lottin, David Ayala, Juliette Gasquet
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